Im Jahr 2012 habe ich mein Buch „Twittern im Tuk-Tuk“ im Eigenverlag – oder, wie es auf neudeutsch heißt: „Im Selfpublishing“ – veröffentlicht. Zuerst wurde es auf Amazon publizierte, später folgte eine gedruckte Version über den Print-on-Demand-Dienst ePubli. In beiden Formaten dümpelte der Verkauf dahin und wollte nicht wirklich abheben. Nun hatte ich in meinem Sommerurlaub ein wenig Zeit und habe mich daher durch drei Fachbücher zum Thema „Marketing für Indie-Autoren“ gewälzt, anschließend für e-media einen Artikel zum Thema Selfpublishing geschrieben und außerdem auf dem Barcamp Digital eine Session dazu gehalten.
Mein Vortrag am Barcamp Digital. (c) Sophie Li (TW:@soliphie)
Der wichtigste Schritt zu einem erfolgreichen Buch ist freilich die Voraussetzung, überhaupt ein gutes Buch zu schreiben. Doch ich habe auch gemerkt, dass ich mit „Twittern im Tuk-Tuk“ ein paar Marketing-Fehler gemacht habe. Aus meinen Fehlern habe ich gelernt und möchte meine Erfahrungen daher auf diesem Weg gerne teilen.
1. Menschen beurteilen ein Buch nach seinem Cover
Freilich kommt es auch auf die inneren Werte eines Buchs an – aber wenn potenzielle Leser einen Autor nicht kennen, dann werden sie unter anderem auf Grund des Buchcovers entscheiden, ob sie ihm überhaupt eine Chance geben. Im Buch „Write. Publish. Repeat“ empfehlen Sean Platt und Johnny B. Truant daher, die Gestaltung des Covers einem Profi in die Hand zu geben und es nicht selber zu machen. No-Gos sind nach ihrer Ansicht Fotos, die der Autor selbst gemacht hat, mit einem schwarzen Rahmen drum herum und eine phantasielose Schriftart.
Ich habe mich 2012 noch nicht ausgekannt, das Cover selbst gestaltet (in MS Paint) und mit allen Regeln der Kunst gebrochen. So sah es aus:
Als erste Marketing-Maßnahme habe ich also beschlossen, einen professionellen Grafiker zu beauftragen – fündig wurde ich dafür auf der Website fiverr.com, wo Dienstleistungen (fast) aller Art ab einem Preis von fünf Dollar angeboten werden.
Zur Inspiration schaute ich mir die Cover anderer Bücher mit Indien-Fokus an und stellte fest, dass diese ebenso bunt sind wie das Land selbst – mit meinem schwarzen Einband hatte ich also zuvor einen weiten Fauxpas geliefert. Dem Grafiker teilte ich also mit, dass ich ein buntes Cover haben will und dass ich etwas comic-artiges cool fände, zumal es sich um ein humorvolles Buch handelt.
Das Ergebnis ist deutlich freundlicher als meine eigene Kreation und lädt den Leser zum Klicken ein:
2. Der Titel muss ansprechend sein und Sinn machen
Der ursprüngliche Titel meines Buchs lautete „Indien 2.0 – Twittern im Tuk-Tuk. Ein Social Media-Selbstfindungsroman von Stefan Mey“. Das ist nicht bloß viel zu lang, sondern hat den Leser außerdem in die Irre geführt: Der Begriff „Indien 2.0“ war ursprünglich als Wortspiel gedacht, als Anspielung auf das „Web 2.0„. Das hat die Zielgruppe aber nicht verstanden – viele dachten vermutlich, es handle sich um eine Fortsetzung und suchten nach dem Buch „Indien 1.0“, bevor sie sich frustriert einem anderen Autor zuwendeten.
Das neue Buch heißt nun einfach „Twittern im Tuk-Tuk“. In your face.
3. Der Leser bestimmt den Preis
Ich bin ein halbes Jahr durch Indien gefahren, habe dort mit Start-ups gearbeitet, in Auroville meditiert, meinen Bandscheibenvorfall von einer Ayurveda-Ärztin heilen lassen und mehr als ein Mal mein Zimmer mit Fröschen, Wanzen und Kakerlaken geteilt – ich war der vollen Überzeugung, dass meine Erlebnisse ihr Geld wert sind und setzte den Preis für das Buch daher auf 9,99 Euro. Dabei vergaß ich aber: Es kommt nicht darauf an, als wie wertvoll der Schreiber sein Buch subjektiv empfindet, sondern was der Leser dafür bezahlen möchte.
Der entsprechende Aha-Moment kam mir, als ich mir die Preisgestaltung anderer Indien-Bücher auf amazon.de ansah: „Shantaram“ von Gregory David Roberts kostet dort als eBook nur 8,99 Euro. Der Leser wird also abwägen: Neun Euro zahlen für einen 1000 Seiten dicken Bestseller, den alle Kritiker loben – oder zehn Euro für ein 300-Seiten-Buch von einem Typen, den niemand kennt?
Ich habe den Preis nun auf 4,99 Euro gesenkt.
4. Bücher verschenken…
Amazon ermöglicht es in seinem KDP Select Programm, dass Autoren ihr Buch pro Quartal für fünf Tage gratis anbieten. Das klingt vorerst nach einer blöden Idee, macht aber tatsächlich in manchen Fällen Sinn – denn dadurch gewinnt der Autor an Bekanntheit, und das Buch scheint in den „Leser kauft auch“-Anzeigen anderer Bücher auf.
Ich habe „Twittern im Tuk-Tuk“ eine Woche vor dem Barcamp gratis angeboten, und die Downloads haben meine Erwartungen deutlich übertroffen. Zusätzlich positiv überraschend: Nach Ende der Gratis-Aktion kauften die Leser das Buch weiter, so dass ich in den Indien-Charts von Amazon zeitweise auf Platz 4 rangierte – vor dem Reiseführer von Stefan Loose.
Allerdings scheint der Gratis-Trick bloß einmal zu funktionieren, danach haben Amazons Sparefroh-Leser das Buch heruntergeladen und schenken ihm keine Beachtung mehr. Diese Erfahrung musste ich mit meinem anderen Buch, „EMbedded“ machen (mehr dazu unter diesem Link).
5. Community aufbauen
Das Wichtigste (freilich nach der Qualität des Buchs) ist aber laut Platt und Truant, dass der Autor eine Community aufbaut – das beste Tool dafür ist ihrer Meinung nach der Newsletter. Daher beginne ich nun, Adressen für meinen Verteiler zu sammeln, um in regelmäßigen Abständen über neue Postings auf diesem Blog, neue Bücher und allerlei andere Entwicklungen zu informieren.
Einen Hinweis zur Newsletter-Anmeldung finden Leser nun am Ende meiner Bücher, oder sie können sich auf dem Blog anmelden – etwa am Ende dieses Beitrags. Als Dankeschön für die Anmeldung bekommen sie mein Buch „EMbedded“ geschenkt.
Fazit
Offensichtlich habe ich einige Fehler gemacht, aus denen ich jedoch viel gelernt habe. Auch bei kommenden Büchern werde ich wohl auf meinen Fiverr-Grafiker setzen und die Sinnhaftigkeit des Titels hinterfragen, bevor ich das Buch in die Welt hinaus schicke. Mit vielen anderen Dingen – etwa mit den Gratis-Aktion auf Amazon – muss aber definitiv noch experimentiert werden, bevor sich eine erfolgreiche Strategie bemerkbar macht. Der Erfolg hängt hier wohl von der individuellen Ausrichtung des Autors ab.
Der größte Lohn beim Selfpublishing ist für mich aber nach wie vor das durchwegs positive Feedback all meiner Leser. Leben kann ich von den Erträgen der Schriftstellerei noch längst nicht – was kein Problem ist, da ich meinen Daytime-Job liebe. Bücher sind derzeit ein guter Zeitvertreib für das Wochenende und kalte Winterabende, aber dem Journalismus möchte ich auch niemals den Rücken kehren.