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Das Netz | the net

Facebook schenkt uns mehr Freizeit

Das weltweit größte Social Network, Facebook, ist derzeit unter Druck: Nachdem man einstige Konkurrenten wie MySpace oder die deutschen VZ-Netzwerke in die Bedeutungslosigkeit verbannt hatte, ist mit Google+ vor ein paar Monaten ein unerwarteter Marktbegleiter auf die Bühne getreten. Und dieses Social Network hat die Power eines börsennotierten Internet-Giganten im Rücken, kann somit etwa auf die Entwickler hinter Googles Handy-Betriebssystem Android zurück greifen und integrierte von Anfang an einen Video-Chat im Browser. Und Google+ bot den Usern von Anfang an das, was man bei Facebook vermisste: Übersichtliche Datenschutz-Einstellungen – hier sieht meine Updates nur, wer sie wirklich sehen soll. Ganz klar: Bei Facebook musste man reagieren.

Also hat man die Möglichkeit geschaffen, eigene Listen aus Freunden zu erstellen, mit denen bestimmte Inhalte geteilt werden – also so wie bei Google+. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bestimmten Personen zu „folgen“ – so wie bei Twitter. Und letzte Nacht lief dann auch noch irgendein Chefdesigner Amok, haute gleich drei neue Funktionen auf einmal, vollkommen ohne Ankündigung in die Startseite: Links ist nun sichtbar, was sich in welcher Freundesliste Neues tut. Rechts befindet sich ein Live-Ticker mit Meldungen, wer wann was von wem gemocht hat. Und mittendrin werde ich zusätzlich mit Nachrichten bombardiert – wobei jene markiert sind, die Facebook als wichtig erachtet.

Meistens liegt Facebook mit der besagten Wichtigkeits-Analyse falsch. Die tickernden Nachrichten rechts enthalten Neuigkeiten, die nur bedingt interessant sind: Warum sollte es mich betreffen, wenn Person A ein Foto einer mir unbekannten Person B mag? Die Freundes-Listen einzurichten wäre eine abendfüllende Tätigkeit; und selbst dann werden Updates im ersten Test noch falsch angezeigt. Und warum zum Geier sollte ich jemandem auf Facebook folgen, wenn es dafür auch Twitter gibt?

Verwirrung. Was mache ich jetzt? Klar könnte ich als Alternative zu Google+ wandern, wo alles noch so schön minimalistisch ist – aber da ist leider sonst kaum wer, weshalb sich hier keine abendfüllende Tätigkeit ergibt. Ein Freund gab daher den klugen Rat: Statt in Social Networks rum zu hängen, lieber was Sinnvolles machen. Zum Beispiel bloggen. Was hiermit auch erledigt wäre. Und am Abend gehe ich dann spazieren, statt vor dem PC rum zu hängen. Frische Luft schnappen, das wäre doch mal was.

Facebook checke ich dann vorerst mal nur noch über das Handy – denn die App des Netzwerks wurde bisher stark vernachlässigt, wodurch das Design – wenn auch ungewollt – angenehm minimalistisch. Hoffen wir nur, dass das auch so bleibt; und dass auf der morgigen Facebook-Entwicklerkonferenz F8 nicht irgendwer auf die Idee kommt, auch diesen schlanken Kommunikationskanal mit überflüssigen Features voll zu stopfen.

Nerd-Musik zum Feierabend

Heute haben Electronic Arts die Trackliste für den Soundtrack des Computerspiels Fifa 12 bekannt gegeben – eine Sammlung von 39 Künstlern aus 15 verschiedenen Ländern, die sich in eine „Hall of Fame“ der Gaming-Musik einreihen: Blur haben hier mit „Song 2“ schon ebenso gerockt wie Air mit „Surfing on a Rocket“ daher gedriftet sind. Ohne Zweifel schafft EA hier jedes Jahr von Neuem das Kunststück, Sport, Gaming und Musik unter einen Hut zu bringen. Jedoch: Echte Nerd-Musik schaut anders aus.

Das zeigt zumindest die Band Umlala mit ihrem Song „My PDF-Files“. In bester Beatie Boys-Manier schreit der Sänger hier die Frage ins Mikrofon, wie man denn ein PDF in ein JPG umwandle – um daraufhin von einem kräftigen Männer-Chor die Antwort zu bekommen, die genervte Kollegin in solchen Situationen stets von sich geben: „I don’t know!“ In späteren Teilen des Songs finden sich noch philosophische Fragen wie: „Welches Format soll ich wählen, um Glückseligkeit zu finden?“

Ergänzt wird der absurde Song durch ein recht aufwändig produziertes Video mit einer Keyboard-spielenden Katze, sowie Anspielungen auf die Filme „Matrix“ und „Tron“. Halt alles, was das Nerd-Herz so begehrt.

In dem Sinne: Viel Spaß beim Anhören – und angenehmen Feierabend.



Wieder in Wien

Ich bin wieder in Wien. Und konnte in den vergangenen Tagen nicht wirklich bloggen, weil so viel passiert ist. Und auch wieder nicht. Also, konkret: Alles ist schön, sauber und in Ordnung. Man muss hier im Gegensatz zu anderen Ländern nicht Angst haben, beim Überqueren der Straße überfahren zu werden. Und in meiner Wohnung leben auch keine komischen Tiere; da sind nur ich, meine Freundin und der ganze Technik-Schnickschnack, mit dem ich mich so beschäftige. Auch sprechen alle Leute so circa meine Sprache (so halbwegs halt); und ich muss nicht ständig aufpassen, in irgendein interkulturelles Fettnäpfchen zu treten. Insofern: Alles easy.

Dann aber auch: Neuer Job in einem neuen Büro. Große Veränderung. In der Hainburger Straße im dritten Bezirk jetzt nämlich statt au dem Geiselberg in Simmering. Also mit schöner Aussicht, und auch mit netten Räumen; alles sehr modern, und vor allem mit viel Blau – irgendwie ein krasser Gegensatz zum Büro in Bangalore, wo zehn Inder so viel Platz einnehmen wie hierzulande zwei Österreicher. Auch arbeite ich jetzt online, also bei wirtschaftsblatt.at statt im Print. Konkret findet man meine Artikel jetzt in der TechZone des WirtschaftsBlatt – was sehr praktisch ist, aus ganz unterschiedlichen Gründen: Erstens sind dem Internet im Gegensatz zum Papier nie Grenzen gesetzt, da gibt es genug Platz für alles und mich; zweitens kann man hier Multimedia-Zeugs wie Slideshows und Videos einbauen, was bei Papier eher unmöglich ist; und drittens kann ich die Schmankerln nun mit meinen Lesern einfacher teilen. Etwa die Reportage über Plattenspieler aus Österreich, die Geschichte über den Laden Rave Up Records oder meine Sammlung der besten Apps zum Schulbeginn.

Digital ist besser. Das wussten auch schon Tocotronic.

Skype ist gelebte Globalisierung

Sag alles ab. Diesen Satz haben die Hamburger Tocotronic, Helden meiner postpubertären Selbstfindungsphase, in einen wütenden Rocksong über Verweigerung jeglicher Leistungsbereitschaft gegossen. Und den Titel des Songs auf ein T-Shirt gedruckt, welches ich als waschechter Fan selbstverständlich besitze. Kleines Teil-Lebensziel meinerseits: Dieses T-Shirt mal irgendwann zu einem Bewerbungsgespräch tragen, und den Job trotzdem kriegen. Mein Traum erfüllte sich vor rund zwei Monaten, als ich mich mit der Inhaberin von yourstory.in zu einem Skype-Bewerbungsgespräch traf. Mein Glück: Sie spricht kein deutsch; und so kommt es, dass ich trotz meines kleinen Schabernacks ab Oktober Chefredakteur eines indischen Online-Mediums bin.

Und ehrlich: Ich finde das super. Nicht nur die Sache mit dem T-Shirt an sich; sondern die Tatsache, dass ich mich mit der gesamten Welt gratis per Video unterhalten kann – und obendrein auch noch einen Einblick in die Lebensweise meiner Gesprächspartner kriege. Am gleichen Tag sprach ich auch mit Wolfgang Bergthaler, und bekam seine WG zu sehen. Und mit Thomas Friemel in Deutschland, dessen zuckersüße kleine Tochter sich ins Bild drängte, um Papa zu sagen, er solle nicht so laut reden, weil sie ja Kika schauen will. Und mit meinen Eltern, die gerade mit 40 Grad im Schatten zu kämpfen haben.

Und heute habe ich mit Tokio gesprochen. Eine alte Schulfreundin wird nämlich voraussichtlich meine Wohnung während meines Indien-Abenteuers hüten. Und weil Japan nicht gleich ums Eck ist, wollte sie nicht persönlich zur Wohnungsbesichtigung vorbei kommen; also haben wir die Rundführung per Skype gemacht. „He, so ein Expedit-Regal hatte ich auch“, sagte sie dabei schon zu Beginn des Gesprächs – das Ikea-Teil sieht man bei mir meist im Hintergrund, wenn ich skype. Anschließend hab ich den Laptop genommen und sie durch die Wohnung geführt. Mit dem Display nach vorne, so dass mein PC quasi ihre Augen und Ohren war. „Dreh dich mal nach links“ und „jetzt ein paar Schritte zurück“ waren dabei typische Anmerkungen. Und als ich mich mal irgendwann vorbeugte, um mich von der richtigen Darstellung des Videos zu überzeugen, plötzlich ein lautes Kichern: „Ich kann Dir in die Nasenlöcher schauen!“

Okay, zugegeben: Manchmal gibt es via Skype doch etwas zu viel Intimität. Aber irgendwie schweißt es die Menschen auch zusammen, wenn eine Frau in Tokio einem Mann in Wien in die Gehirnwindungen blicken kann. Das ist Globalisierung mal anders. Und wunderbar menschlich.

Die Erfahrung zeigt: Die Masse ist nicht immer klasse

„Ich habe eine Schreibblockade. Wer kann mir einen Tipp geben, was ich in meine wöchentliche Wirtschafts-Blatt-Kolumne schreiben soll? “ Mit dieser Frage auf meinem Facebook-Profil habe ich mich auf die Suche nach einem Thema für diese Zeilen begeben. Mit mäßigem Erfolg: Eine Bekannte nutzte die Gelegenheit, mich auf den Text von vergangener Woche anzusprechen; ein Pressesprecher versuchte kühn, seine eigenen Themen zu positionieren. Was ich dort versucht habe, nennt man Crowdsourcing-also die Auslagerung von Unternehmensaufgaben auf die Intelligenz und Arbeitskraft einer Masse an Menschen im Netz. Auf diese Art können in vielen Fällen kreative neue Ideen in das Unternehmen gespült werden; Kosten für zum Beispiel die Weiterentwicklung von Produkten werden gespart. Das funktioniert bei verschiedenen Projekten recht gut: Die freie Enzyklopädie Wikipedia lebt etwa von den ehrenamtlichen Beiträgen von Autoren, der Open-Source-Office-Klon „Open Office“ wird von global verstreuten Freizeitprogrammierern entwickelt und in etlichen Büros – etwa auch im WirtschaftsBlatt – genutzt.

Aber es ist nicht alles eitel Sonnenschein im Land der Offenheit: Beispielsweise müssen verschiedene global verstreute Ideen auf einer sprachlichen, räumlichen und auch interkulturellen Ebene vernetzt werden; Angaben auf der englischsprachigen Wikipedia zufolge kann ein Crowdsourcing-Projekt ein Unternehmen gar teurer kommen als reguläres Outsourcing, zumal die oft vagen Ideen und Vorschläge in eine Richtung moderiert und zu einem sinnigen Schluss geführt werden müssen. Die Absenz von Arbeitsverträgen oder monetären Anreizen macht es auch schwierig, kreative Köpfe lange an sich zu binden; Sicherheit ist ein heikles Thema – und im schlimmsten Fall finden sich gar destruktiv veranlagte Menschen, die ein Projekt absichtlich in die falsche Richtung treiben. Was mich wieder zum Anfang dieses Beitrags führt: Inzwischen hat mich ein Bekannter aufgefordert, „über die Selbstverliebtheit eines IT-Journalisten“ zu schreiben. Mir scheint also, ich muss nun die Diskussion moderieren, bevor sie mir entgleitet – und verabschiede mich von Ihnen somit ins Wochenende.

Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Artikel auch in Stefan Meys Kolumne im WirtschaftsBlatt Investor.