Zum Inhalt springen

Technik | tech

Globalisierung ist nicht überall

Lasst uns über Fernbeziehungen sprechen: Die neue Welt, das Zeitalter der Moderne, ist wundervoll. War es vor wenigen Jahren noch Usus, dass Expats wochenlang kein Wort von ihren Liebsten zuhause hörten, dass man altertümliche Geräte namens „Telefon“ verwendete, um zu hohen Kosten in schlechter Qualität eine Stimme am anderen Ende der Welt zu hören – falls der Besitzer der Stimme zu diesem Zeitpunkt zufällig gerade zuhause war -, so ist heute alles mobiler, verfügbarer und vor allem preiswerter.

Auf meinem Handy habe ich eine mobile Internetverbindung, mit der ich stets Zugriff auf Emails, Facebook und Twitter habe. Per Foursquare und Google Latitude teile ich ausgewählten Menschen mit, in welchem Hotel oder Restaurant ich mich gerade befinde. Und fast täglich habe ich mit meiner Liebsten zuhause ein Skype-Frühstück. Das bedeutet: Einander hören, und sehen, gratis. Sicher ist das nicht so schön wie ein echtes gemeinsames Frühstück – aber es nimmt einiges vom Trennungsschmerz ab.

Skurrilerweise beschweren wir uns sogar manchmal. Etwa, wenn eine vom Smartphone verschickte Email nicht so schnell das andere Ende der Welt erreicht wie ein gesprochenes Wort am Frühstückstisch. Oder wenn eine gratis Videokonferenz zwischen Indien und Wien nicht zustande kommt, weil die Wienerin gerade in der U-Bahn sitzt und die 3G-Verbindung am Smartphone gerade stockt. Aber seien wir uns ehrlich: Das ist Jammern auf hohem Niveau.

Wirklich verrückt ist hingegen, wie weit neue, web-basierte Technologien und herkömmliche Tarifmodelle auseinander klaffen. Beispiel gefällig? Gerne.

Videotelefonie mit dem anderen Ende der Welt: Gratis.

Telefonanruf zum Jahrestag über einen österreichischen Anbieter: Knapp 70 Euro.

Dieser Betrag entspricht dem Äquivalent von rund 50 Mahlzeiten in einem indischen Mittelklasse-Restaurant. Und wenn man mit dem gleichen Anbieter in Indien telefoniert, wird es nicht gerade billiger: Rund zwei Euro kostet das pro Minute – für das Geld kann man zwei Mal zwischen Mumbai und Matheran mit dem Zug hin- und herfahren.

Dieser Blogpost ist keine Aufforderung an die Mobilfunkbetreiber, die Tarife für Auslandsgespräche zu senken. Ich verstehe schon, dass die Umsätze eingebrochen sind, als man uns in Österreich über Dumping-Preise in den vergangenen Jahren zu Vieltelefonierern erzogen hat; und ich verstehe auch, dass teures Roaming innerhalb der EU dank der Konsumentenschützer nun nicht mehr möglich ist – irgendwo muss also der Umsatz her kommen.

Aber ich weise gerne dahin, dass die Adaption an die fortgeschrittene Globalisierung bei unterschiedlichen Technologien in unterschiedlichen Teilen der Welt unterschiedlich stark stattgefunden hat  – und dass der Homo Oekonomikus rational entscheidet, wir also künftig lieber gratis videotelefonieren, statt unser Reisebudget für solche Sinnlosigkeiten zu plündern.

Leapfrogging in echt

Gestern sind wir von Bombay nach Bangalore gereist. Mit dem Zug. Das dauert 24 Stunden – zahlt sich aber aus, weil man erstens einen tollen Blick auf die Landschaft abseits der Metropolen erhaschen kann, und zweitens immer wieder mit interessanten Leuten ins Gespräch kommt, oder diese zumindest beobachten kann.

So kam es, dass irgendwo auf halber Strecke zwei alte Damen und ein alter Herr zustiegen. Die beiden Hausfrauen trugen traditionelle Saris, ebenso wie gewaltigen Nasenschmuck, und schienen aus einer ländlichen Gegend zu kommen. Man beäugte einander vorsichtig, versuchte sich in Gesprächen: Woher wir kommen? Und wohin wir fahren? Dann widmen sich die Seniorinnen wieder ihrem Gespräch – bis irgendwann ein Handy läutete, die Dame es aus ihrer Handtasche fischte und zu telefonieren begann.

Mobilfunk ist überall in diesem Land, selbst bei der ländlichen Bevölkerung. Und auch andere neue Technologien etablieren sich: Als wir an einem Slum in Bombay vorbei spazierten, erblickte ich die Werbung eines indischen Mobilfunk-Anbieters, der den raschen Zugriff auf Facebook pries – darunter: Wellblechhütten, Dreck, Armut. „Kein sauberes Klo haben, aber stattdessen ein Facebook-Konto“, dachte ich mir da kopfschüttelnd.

Zurück zum Zug: Dass wir selbst mit unseren Smartphones spielten, war für die alten Damen normal. Für Verwirrung sorgte aber dieses etwas größere leuchtende Kastl, das ich dabei hatte. „Computer?“, fragt die eine fragend den begleitenden Mann. „Laptop“, sagte er wissend. Und sie wiederholte staunend: „Laptop…“. Handys kennen sie, Laptops nicht. Man hat einfach eine Generation der Bildschirme übersprungen – das ist Leapfrogging, wie es im Buche steht.

Anlässlich solcher Situationen drängt sich die frage auf: Was ist eigentlich aus der „One Laptop per Chield“-Initiative des MIT-Professors Nicholas Negroponte geworden, mit der jedem Kind in Entwicklungsländern ein Laptop zur Verfügung gestellt werden soll? Und die wohl passendste Antwort auf diese Frage lautet: Wurscht.

Denn inzwischen arbeiten Länder wie Indien slebst an der Lösung der Probleme: Handys und Smartphones haben hier selbst den Sprung in die Bevölkerung geschafft, während Computer und Laptops nach wie vor ein unbekanntes Gut bleiben. Und sollte der Anfang Oktober vom indischen Bildungsministerium vorgestellte Billig-Tablet-PC (um rund 60 Dollar statt ursprünglich geplanter 30 Dollar) ebenfalls von den Massen angenommen werden, so werden westliche Besucher wohl auch in Zukunft mit ihren Laptops für ungläubige Blicke sorgen – aber weniger aus Faszination für moderne Technologie, sondern aus Unverständnis für die Verwendung eines derart veralteten Geräts.

3G in der Hosentasche

Seit gestern fühle ich mich wieder halbwegs vollkommen. Denn nun habe ich wieder eine Handynummer inklusive 3G-Vertrag, kann also auch während wagemutiger Rikschafahrten durch den Monsun gemütlich im Internet surfen oder Emails schreiben. Der Weg dahin ist steinig.

Während in Österreich Wertkarten-Handys ganz ohne Ausweis erhältlich sind, muss man in Indien schon eine halbe Dokumentenmappe unter dem Arm haben. Allein für den Sprachtarif ging ich mal in einen dieser zahlreichen Cornershops, die Mobilfunk-Angebote vertreiben. Der Verkäufer forderte von mir: Passkopie, Visakopie, Meldezettel oder aktuelle Hotelrechnung, sowie ein Passbild. Letzteres hatte ich nicht, spazierte also gleich in einen anderen Cornershop, in dem ich für rund 50 Rupees (weniger als ein Euro) acht Fotos machen ließ.

Wieder beim Handy-Inder angelangt, legte ich ihm nochmals alle Dokumente inklusive Passfoto vor. Sein Kollege tippselte etwas in sein Nokia-Gerät und verkündete, in einer halben Stunde könne ich telefonieren. Ob ich auch 3G haben könne, frage ich anschließend. Zuerst heißt es, ich müsse 48 Stunden warten, bis ich 3G beantragen könne. Dann wirft er einen Blick auf mein Smartphone – ein HTC Desire – und verkündet selbstbewusst, dieses sei gar nicht 3G-tauglich.

Weil ich es besser weiß, bin ich gestern noch in einen Vodafone-Shop spaziert. Diesmal kein Corner-Shop, sondern ein klimatisierter Point-of-Sale, der mit österreichischen Standards vergleichbar ist. Ich muss eine Nummer ziehen, warten, damit mir schließlich ein freundlicher Mitarbeiter sagt, ich solle eine SMS an eine Telefonnummer schicken und anschließend mein Wertkarten-Guthaben aufladen – dies allerdings bei einem anderen Mitarbeiter, Zahlung und Leistung sind in Indien meist getrennt, um Korruption zu verhindern. Wieder warten, dann in bar bezahlen.

Heute piepste es dann um acht Uhr morgens: SMS, dass mein 3G aktiviert ist. Hurra. Allerdings gibt das Erlebnis zu denken: Nämlich, dass trotz des Verwaltungsaufwands der Mobilfunk derart in Indien boomt. Doch andererseits: Werden Wertkarten eine Zeit lang nicht verwendet, so verfallen sie; und innerhalb der einzelnen Bundesstaaten fallen Roaming-Gebühren an, wenn man in eine andere Region reist – auch wir tragen derzeit etliche SIM-Karten verschiedener nicht-indischer Freunde mit Anmeldung in verschiedenen Bundesstaaten mit uns herum, um diese aktiv zu halten, damit sie nicht deaktiviert werden.

Zu einem gewissen Teil des Booms tragen somit wohl Geschäftsleute bei, die nach und innerhalb Indiens reisen – und sich nicht alle paar Monate erneut in einem Cornershop registrieren wollen. (Stefan Mey)

Mit Apple gegen Apple ist ein No-Go

Apple hat ein weiteres Spiel aus seinem App Store geschmissen. Das wäre an und für sich nichts Besonderes, wenn es sich dabei nicht um „PhoneStory“ handeln würde – ein Spiel, das sich mit dem Produktions- und Entsorgungsweg eines Smartphones beschäftigt. Vom Coltan-Abbau in Afrika und den Produktionsbedingungen in China über die Schaffung eines Marken-Hypes bis zur Entsorgung des Elektroschrotts wird Aufklärungsarbeit rund um die moralische Bedenklichkeit der i-Produkte betrieben.

Das ist eine noble Aktion; und auch das WirtschaftsBlatt hat schon über Coltan-Abbau und die Zustände bei Foxconn berichtet – ungut ist nur, wenn das Zielobjekt der Kritik zugleich der Kommunikationskanal ist – so hatte Apple keine Probleme, die App aus dem Store zu entfernen. Allerdings, so berichten US-amerikanische Blogs, führt Apple auch Gründe an:

  1. Apps, die Gewalt darstellen, werden zurückgewiesen
  2. Apps mit beleidigendem Inhalt werden zurückgewiesen
  3. Apps, die das Spenden an NGOs ermöglichen, müssen gratis sein
  4. Die Spenden müssen über eine Website in Safari oder per SMS gezahlt werden

Bezüglich der Punkte 3 und 4 weisen die Entwickler von Phone Story darauf hin, dass es nicht möglich ist, innerhalb der App zu spenden – man habe nur auf der eigenen Website versprochen, einen Teil der Erlöse an entsprechende NGOs zu überweisen.

Bezüglich der Punkte 1 und 2 überlege man eine neue Version der App, die weniger Gewalt enthält und sich weniger mit Kinderarbeit auseinander setzt. Kinderarbeit also thematisieren, ohne Kinderarbeit zu thematisieren? Gewalt ohne Gewalt? Das dürfte recht schwer umzusetzen sein.

Aber gut: Wem diese „exzessive Gewalt“ in PhoneStory abgeht, der kann ja dazwischen zu einem der anderen derzeit top-platzierten Spiele im App Store greifen: Etwa das Kriegsspiel „WorldWar“ oder der Ego-Shooter „iSniper 3D“, bei dem in realistischer Grafik die Gegner per Kopfschuss erledigt werden müssen. Daran scheint man sich in Cupertino deutlich weniger zu stören.

Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Beitrag auch in der TechZone des WirtschaftsBlatt, meinem aktuellen beruflichen Zuhause.

Nerd-Musik zum Feierabend

Heute haben Electronic Arts die Trackliste für den Soundtrack des Computerspiels Fifa 12 bekannt gegeben – eine Sammlung von 39 Künstlern aus 15 verschiedenen Ländern, die sich in eine „Hall of Fame“ der Gaming-Musik einreihen: Blur haben hier mit „Song 2“ schon ebenso gerockt wie Air mit „Surfing on a Rocket“ daher gedriftet sind. Ohne Zweifel schafft EA hier jedes Jahr von Neuem das Kunststück, Sport, Gaming und Musik unter einen Hut zu bringen. Jedoch: Echte Nerd-Musik schaut anders aus.

Das zeigt zumindest die Band Umlala mit ihrem Song „My PDF-Files“. In bester Beatie Boys-Manier schreit der Sänger hier die Frage ins Mikrofon, wie man denn ein PDF in ein JPG umwandle – um daraufhin von einem kräftigen Männer-Chor die Antwort zu bekommen, die genervte Kollegin in solchen Situationen stets von sich geben: „I don’t know!“ In späteren Teilen des Songs finden sich noch philosophische Fragen wie: „Welches Format soll ich wählen, um Glückseligkeit zu finden?“

Ergänzt wird der absurde Song durch ein recht aufwändig produziertes Video mit einer Keyboard-spielenden Katze, sowie Anspielungen auf die Filme „Matrix“ und „Tron“. Halt alles, was das Nerd-Herz so begehrt.

In dem Sinne: Viel Spaß beim Anhören – und angenehmen Feierabend.