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Indien

Wie man ein Journalistenvisum in Indien verlängert

frroWenn Einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Aber vorher muss er vorbereiten; und das bedeutet im Groben: Flug, Unterkunft und Visum besorgen. Gerade Letzteres bereitet manchen urbanen Business-Nomaden Kopfzerbrechen: Was braucht man denn jetzt? Wirklich ehrlich sein und gemäß der Reiseziele beantragen oder doch irgendwie mit einem Touristenvisum durchschummeln? Da ich ein durch und durch ehrlicher Mensch bin, entschied ich mich für Ersteres: Ich beantragte ein Journalistenvisum, das man mir aber nur für Single-Entry, gültig für drei Monate ausstellte. Verlängern könne ich dieses aber in Delhi bei einer speziellen Behörde, teilte mir die indische Botschaft in Wien mit.

Im Vorfeld war dann die Angst geschürt worden: Dass Willkür herrscht, dass in diesem Land ja Jeder korrupt ist, und dass noch niemals ein Journalist eine Verlängerung bekommen habe. Also habe ich mir einen dreifachen Rettungsschirm zugelegt: Zusätzlich zu allen anderen Dokumenten verschiedenster Art besorgte ich mir in Wien noch ein Schreiben meines Chefredakteurs, mit dem er bescheinigte, dass mein Medium die volle Verantwortung für meine Handlung übernimmt und ich in ihrem Auftrag reise; zweitens führte mich mein erster Weg in Delhi in die österreichische Außenhandelsstelle, von der mir ebenfalls ein Schreiben ausgestellt wurde, das um die Verlängerung meines Visums bittet und bescheinigt, dass ich ein guter Kerl bin.

Mit diesen Dokumenten führte mich mein Weg ins MEA (Raum 137, im Shastri Bhawan), wo einem ein weiteres Schreiben ausgestellt wird, mit dem man dann zur Ausländermeldebehörde FRRO geht – klingt bürokratisch, ist aber so. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Dokumenten werden weitere Dokumente gebraucht, darunter eine Bestätigung des aktuellen Vermieters über den Wohnort (auch Hotels können entsprechende Schreiben ausstellen), Kopie von Pass und Visa, Passbilder und eine Meldung im indischen Presseclub – in meinem Fall hat aber auch ein internationaler Presseausweis des Wiener Journalistenclub gereicht.

Die Bearbeitung des Dokuments dauert dann eine gewisse Zeit, in meinem Fall habe ich eine Woche warten müssen. Dafür ist dann mein erhofftes Schreiben bei der Abholung aber auch ganz prominent in einem Kuvert an einer Pinnwand gehangen, und die freundlichen Beamten haben mir gar angeboten, mit ihnen zu Mittag zu essen.

Am nächsten Tag ging es zur Ausländermeldebehörde FRRO. Dort war ich allerdings vollkommen falsch, wie ich feststellen musste. Denn obwohl ein junger Herr frohen Mutes direkt vor dem Amt an ahnungslose Ausländer Formulare verkauft, lassen sich Visa-Verlängerungen seit August 2011 nur noch online erreichen, nämlich unter der Website http://www.immigrationindia.nic.in/ – das entsprechende Formular muss ausgedruckt und bei der Einreichung des Antrags mit gebracht werden. Unklar dabei ist den Beamten teils, wie viele Exemplare des Formulars wirklich gebraucht werden: Nur ein Ausdruck, drei oder gar vier? Die Meinungen der Beamten (die nur wenige Meter von einander entfernt saßen) gingen auseinander. In meinem Fall wurden vier gebraucht, ich hatte aber nur drei Ausdrucke dabei – und musste dann gegen Ende meines Antragstellungsprozesses das Gebäude verlassen, um noch extra eine Kopie zu machen.

Abgesehen von besagten Formularen und dem Schreiben des MEA braucht man auf dem Weg zur FRRO: Wieder die Bestätigung des Vermieters/Hotels, etliche Passbilder, viel Zeit und ein gutes Buch zum Lesen. Denn man wartet – in meinem Fall habe ich einen halben Tag in dem Gebäude der FRRO verbracht. Aber es ist okay, denn man darf sitzen und lernt nette Menschen kennen – vom Hippie über den Journalisten bis zum Top-Manager muss jeder Ausländer zur FRRO, der sein Visum verlängern möchte oder sich registrieren muss, weil er länger als sechs Monate in Indien bleibt.

Der Ablauf sieht dann so aus: Zuerst wartet man außerhalb des Gebäudes, bis man herein gelassen wird. Dann Warten bei der „Reception“. Von dort geht man weiter zum „Document Submission Desk“ und gibt seine Unterlagen ab. Diese werden von zwei Beamten eine Zeit lang geprüft – meistens trinkt mindestens einer von Beiden Tee, während die Ausländer sie wartend anstarren. Wird der eigene Name dann aufgerufen, so ist das wie die Ankunft des Messias – und man darf mit den entsprechenden Dokumenten zu einem weiteren Beamten, der jene Dokumente abtippt, die zuvor digital ausgefüllt und anschließend ausgedruckt worden waren. Die Digitalisierung-Haptisierung-Kette wird fortgesetzt, indem der Beamte anschließend auf einen „Print“-Knopf druckt und der Ausländer zu einem Drucker zu gehen, um seine Meldung und eine Bestätigung der Visum-Verlängerung abzuholen. Im Pass selbst wird ein Stempel hinterlassen, der anschließend durch kraklige Schrift ergänzt wird. Dann geht es schließlich zur Zahlstelle, und abschließend unterschreibt der Abteilungschef noch alles.

Fertig.

Ist das jetzt aufwändig? Stefan-typisch wäre wohl, sich über Bürokratie zu ärgern. Aber ehrlich gesagt: Das will ich an dieser Stelle gar nicht. Denn natürlich muss man verschiedene Stellen durchlaufen. Und natürlich braucht man viele Dokumente. Aber ist das in anderen Ländern anders? Ich denke nicht. Die meisten Menschen, die ich im Lauf des Prozesses kennen gelernt hab, waren extrem höflich. Nur der Typ, der vor dem Ministerium steht und Formulare verkauft, der sollte sich wohl ein anderes Geschäftsfeld suchen – denn irgendwann wird auch der letzte Hippie verstanden haben, dass Indien im Zeitalter des E-Government angekommen ist.

Eine Woche Delhi

Nun bin ich seit gut einer Woche in Delhi, und irgendwie ist es etwas anders als gedacht. Wenn man „Hauptstadt“ hört, dann denkt man ja für gewöhnlich: Das ist die größte, lauteste, dreckigste und stressigste Stadt des Landes. So wie zum Beispiel Wien stressiger ist als Gmunden – sagt mir zumindest der Kollege Bergthaler. Aber Delhi ist dann halt doch irgendwie anders – viel ruhiger nämlich als die anderen Städte wie etwa Mumbai; und irgendwie habe ich entgegen der Statistik den Eindruck, dass die Luft hier besser ist als in Bangalore. Könnte das vielleicht daran liegen, dass alle Autorikschas hier mit Erdgas betrieben werden? Und dass die ausgebaute U-Bahn täglich mehr als zwei Millionen Menschen transportiert? Gut möglich.

Wobei: Die Rede ist in meinem Fall von Süd-Delhi, wo ich in einer schicken Gated Community lebe. Old Delhi, im Norden der Stadt, ist dann wieder so, wie man sich Indien vorstellt: Laut, dreckig, mit viel Gedrängel und so. Dafür gibt es in der Paratha Wali Gali („Paratha-Verkäufer-Straße“) viel Halligalli rund um die besten Paratha des Landes – mit Nüssen, Bananen, Käse und irgendeinem klebrigen Zeug, das ich nicht näher identifizieren konnte… lecker.

Termine? Ja, hatte ich auch. Nett auf ein Bier gehen mit den Jungs von Rebeat, davor noch die Gründer der ersten Gratis-Tageszeitung des Landes interviewen. Und natürlich versuchen, mein Visum zu verlängern – aber das ist eine andere Geschichte. Morgen dann eine Veranstaltung von Amazon, am Freitag ein Treffen mit Nokia – und dazwischen viel Zeitung lesen und mit den Start-Ups plaudern, die so im Moonlighting abhängen – fad ist’s nicht. Und das ist gut so. Bin mal gespannt, was sonst noch so alles kommt.

Die Luxus-WG

Über meine Erfahrungen im Jaaga habe ich ja bereits ausführlich berichtet – nun sind wir weiter gereist an einen anderen Ort, der zwar ebenfalls Co-Working und Co-Living ist, aber doch irgendwie ganz anders: Das Moonlighting in New Delhi, der Hauptstadt dieses so vielfältigen Landes.

Hier wohnt man gemeinsam in Süd-Delhi, einer eher ruhigen Gegend mit einem wundervollen Lebensgefühl, das irgendwo zwischen Reich und Bobo hin- und herpendelt. Der Wolfman und ich, wir bewohnen hier ein Zimmer gemeinsam, mit angeschlossenem Bad und Balkon, von dem wir morgens die Sikhs beobachten können, wie sie von ihrer morgendlichen Zeremonie in den Tag starten. Jeden Tag werden wir mit zeremoniellem Gesang geweckt.

Abgesehen davon hat Moonlighting auch alles, was man sich als reisender Informations-Arbeiter wünscht – WLAN sowieso, und Schreibtische, und Sofas zum Ausspannen. Außerdem eine Waschmaschine und eine Dachterrasse mit traumhafter Aussicht; und freilich das allerwichtigste: Nette Menschen, mit denen man sich austauschen kann. Unsere Mitbewohner sind zwei Dänen, die ein Praktikum beim dänischen Kulturinstitut machen, eine UNO-Praktikantin aus Holland, eine Mitarbeiterin in einer großen Werbeagentur, ein VC und eine nette Inderin, von der ich noch immer nicht genau weiß, was sie eigentlich macht – aber sie passt immer brav auf Gloria, unseren Haus-Hund, auf.

Alles in allem irgendwie ein Zusammenleben wie in einer WG, multikulturell wie mein Erasmus-Semester vor einigen Jahren. Und irgendwie auch luxuriös, weil – hey! – wir haben eine WASCHMASCHINE. Wow.

40 Prozent der iTunes-Downloads sind Indie

Gestern haben wir uns mit den Jungs von Rebeat Digital getroffen, die gerade versuchen, in Indien mit ihrem österreichischen Produkt Fuß zu fassen. Zur Erklärung, was Rebeat überhaupt ist: Es handelt sich dabei um eine Software, mit der Independent-Musiker ebenso wie große Labels ihre Musik in über 300 Download-Portalen einfach hochladen können – dadurch wird ihnen die lästige Arbeit des Vertriebs abgenommen, und sie können sich wieder voll auf’s Musizieren konzentrieren. Aufmerksam geworden bin ich auf das Produkt schon vor ein paar Jahren; und ich finde es wahnsinnig cool. Die Einblicke aber, die mir die Jungs gestern abend gegeben haben, zeigten mir das wahre Ausmaß der Revolution, die sich zur Zeit am Musikmarkt abspielt.

Ganze 40 Prozent der aktuell in iTunes herunter geladenen Musik sei derzeit Independent, sagten sie mir. Wow. Natürlich muss man relativieren: Einen großen Anteil davon macht derzeit die Künstlerin Adele aus, die sich an die Spitze der Charts gearbeitet hat – aber selbst sonst bleiben noch schätzungsweise 25 Prozent Downloads, die von Independent-Musikern statt von großen Labels kommen. Das Schema ist dabei ein klassischer Long-Tail: Eine kleine Elite an Künstlern ist extrem populär und verdient etliche Millionen; wird aber gefolgt von einem langen Rattenschwanz an kleineren Künstlern, die in ihren Nischen Geld verdienen und ein nettes Nebeneinkommen verdienen. Grafisch dargestellt sieht das so aus:

Ein kleines Nebeneinkommen also, ja? Ich fragte die Beiden, ob sie das Einkommen ihrer Kunden messen, und mit welchen Beträgen denn so zu rechnen sei. „Einige verdienen fünfstellige Beträge – pro Monat“, antwortete Robert Klembas. Besonders spektakulär ist dabei der Fall eines ehemaligen Tischlers: Er hat sich auf die exotische Musikrichtung des „Dubstep“ spezialisiert und seine Alben jeweils nach der Musikrichtung benannt: „Dubstep 1“, „Dubstep 2“ und so weiter. Entsprechend findet der kleine Fankreis dieser Musik seine Alben, lädt sie runter, bezahlt dafür – und der Tischler hat inzwischen seinen Daytime-Job gekündigt, weil Musik zu machen einfach mehr Geld bringt.

Okay, einen Haken gibt es: Die Software kostet in der Anschaffung 100 Euro; pro Song fällt noch eine Speichergebühr von einem Euro an, und der Barcode für ein Album kostet fünf Euro – aber die Hemmschwelle ist laut Robert Klembas nötig, um eine gewisse Seriosität der Künstler zu garantieren – wer es halbwegs Ernst meint, dem sind die 100 Euro auch nicht zu teuer, aber es hält Idioten fern. Derzeit zahlen Indie-Künstler und große Labels noch gleich viel für das Angebot – bald soll aber eine Premium-Version der Software folgen, die mehr kostet und Funktionen enthält, die große Labels brauchen, Indie-Künstler aber nicht. Das macht Sinn.

In meinem Hirn jedenfalls hat sich der Gedanke geformt: Warum eigentlich nicht? Ich hab auch schon für meine Audiokarte mehr als 100 Euro gezahlt, um halbwegs passables Lo-Fi zu produzieren – da machen 100 weitere Mäuse für den Vertrieb irgendwie Sinn. Und vielleicht finde ich ja tatsächlich Käufer für den schlechtesten Techno-Song aller Zeiten – Verrückte gibt es ja bekanntlich überall, erst Recht im Web.

Ich bin ein Weichei geworden

Ja, wirklich.Ich habe immer gedacht, im Ausland zu leben und zu arbeiten härtet einen Menschen ab. Aber tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Schuld ist Ayurveda.

Denn seit zwei Wochen bin ich nun in Behandlung im Ayush Ayurveda Zentrum in Indira Nagar, Bangalore. Ursprünglich bin ich dort hin gekommen wegen Rückenschmerzen, doch die dort ansässige Ärztin fragte mich erst mal nach meiner Verdauung – hinter ihrem Namen steht die Abkürzung B.A.M.S.; und das bedeutet, dass sie sich zusätzlich zu ihrem normalen Studium auch mit Ayurveda-Medizin beschäftigt hat. Eines der grundsätzlichen Prinzipien dieser jahrtausendealten Heilmethode ist die ganzheitliche Betrachtung des Leidens.

Als sie erfährt, dass ich manchmal Magenweh habe (was in Indien nicht gerade selten vorkommt), verschreibt sie mir eine recht brutale Diät: Kein scharfes Essen, kein fettiges Essen, kein Fleisch, keine Zigaretten und auch kein Alkohol. „Kein Alkohol?“, frage ich verzweifelt: „Sie müssen wissen, ich komme aus Deutschland – ohne Bier ist mein Volk nicht lebensfähig.“ Sie lächelt milde, und schlägt einen Kompromiss vor: „Na gut, ein kleines Glas ab und zu ist okay. Wenn Sie es mit Wasser mischen.“ Wie bitte? Bier panschen? Dann lieber vollkommen drauf verzichten.

Mit den anderen Dingen tu ich mich mehr oder weniger schwer: Auf Zigaretten zu verzichten ist freilich kein Problem; aber das Essen ist schon ein ärgerer Drahtseilakt: In Indien weder Fettiges noch Scharfes zu mir nehmen? Uff. Ich ernähre mich folglich von Idli, Idli Vada und Rava Idli – jeden Tag, drei Mal, in unterschiedlichen Kombinationen. Einmal war ich in einem Heim von Don Bosco zu Besuch, und es gab Nudeln – eine willkommene Abwechslung.

Leichter hingegen tu ich mich mit dem Fleisch-Verzicht: Einmal war ich mit einem indischen Freund in einem tibetischen Restaurant; und im Laden gegenüber wurden Hühner gehalten. Diese verreckten, aufeinander liegend, in viel zu kleinen Käfigen am Straßenrand – geschlachtet werden sie dann wohl im Hinterhof. Der Anblick war so abstoßend, dass ich mich entschloss, zumindest für die Dauer meiner Indien-Reise weitestgehend auf Fleisch zu verzichten.

Mittlerweile ist mein Magenweh weg, Ayurveda sei dank. Ab und zu trinke ich also ein Bier oder ein Glas indischen Weins, und auch das eine oder andere scharfe Mahl genehmige ich mir – ansonsten bin ich aber stark verweichlicht: Kein Fett, kein Fleisch und sowieso keine Zigaretten. Außerdem geh ich abends früh schlafen, statt das Nachtleben Bangalores unsicher zu machen (Grund: Es gibt keines, daher bleib ich lieber gleich zuhause), ich bin seit einem Monat auf keinem motorisierten Zweirad mehr durch die Straßen gerast (denn das wäre für europäische Führerschein-Besitzer in indischen Großstädten Selbstmord) und auf dem Metallica-Konzert vergangenen Sonntag stellte ich fest, dass ich Heavy Metall gar nicht mag.

Ich bin also gänzlich ein braves Burli geworden. Ganz ohne Exzesse und so. Und jetzt der gute Teil an der Geschichte: Es geht mir gut damit. Tagsüber bin ich stets fit und aufmerksam, weil ich halt ausgeschlafen bin. Ich habe weniger das Gefühl, Dinge zu verpassen, weil ich ohnehin viel erlebe. Und ich ruhe in mir selbst, weil ich zu den guten gehöre, denn immerhin esse ich keine Tiere mehr. Auf eine skurrile Art stimmt es also sogar, was so viele Leute sagen; dass nämlich Indien einen Menschen verändern kann.

Bis zum Nirwana dürfte es nicht mehr allzu weit sein. Ihr erfahrt davon dann via Twitter.

3G in der Hosentasche

Seit gestern fühle ich mich wieder halbwegs vollkommen. Denn nun habe ich wieder eine Handynummer inklusive 3G-Vertrag, kann also auch während wagemutiger Rikschafahrten durch den Monsun gemütlich im Internet surfen oder Emails schreiben. Der Weg dahin ist steinig.

Während in Österreich Wertkarten-Handys ganz ohne Ausweis erhältlich sind, muss man in Indien schon eine halbe Dokumentenmappe unter dem Arm haben. Allein für den Sprachtarif ging ich mal in einen dieser zahlreichen Cornershops, die Mobilfunk-Angebote vertreiben. Der Verkäufer forderte von mir: Passkopie, Visakopie, Meldezettel oder aktuelle Hotelrechnung, sowie ein Passbild. Letzteres hatte ich nicht, spazierte also gleich in einen anderen Cornershop, in dem ich für rund 50 Rupees (weniger als ein Euro) acht Fotos machen ließ.

Wieder beim Handy-Inder angelangt, legte ich ihm nochmals alle Dokumente inklusive Passfoto vor. Sein Kollege tippselte etwas in sein Nokia-Gerät und verkündete, in einer halben Stunde könne ich telefonieren. Ob ich auch 3G haben könne, frage ich anschließend. Zuerst heißt es, ich müsse 48 Stunden warten, bis ich 3G beantragen könne. Dann wirft er einen Blick auf mein Smartphone – ein HTC Desire – und verkündet selbstbewusst, dieses sei gar nicht 3G-tauglich.

Weil ich es besser weiß, bin ich gestern noch in einen Vodafone-Shop spaziert. Diesmal kein Corner-Shop, sondern ein klimatisierter Point-of-Sale, der mit österreichischen Standards vergleichbar ist. Ich muss eine Nummer ziehen, warten, damit mir schließlich ein freundlicher Mitarbeiter sagt, ich solle eine SMS an eine Telefonnummer schicken und anschließend mein Wertkarten-Guthaben aufladen – dies allerdings bei einem anderen Mitarbeiter, Zahlung und Leistung sind in Indien meist getrennt, um Korruption zu verhindern. Wieder warten, dann in bar bezahlen.

Heute piepste es dann um acht Uhr morgens: SMS, dass mein 3G aktiviert ist. Hurra. Allerdings gibt das Erlebnis zu denken: Nämlich, dass trotz des Verwaltungsaufwands der Mobilfunk derart in Indien boomt. Doch andererseits: Werden Wertkarten eine Zeit lang nicht verwendet, so verfallen sie; und innerhalb der einzelnen Bundesstaaten fallen Roaming-Gebühren an, wenn man in eine andere Region reist – auch wir tragen derzeit etliche SIM-Karten verschiedener nicht-indischer Freunde mit Anmeldung in verschiedenen Bundesstaaten mit uns herum, um diese aktiv zu halten, damit sie nicht deaktiviert werden.

Zu einem gewissen Teil des Booms tragen somit wohl Geschäftsleute bei, die nach und innerhalb Indiens reisen – und sich nicht alle paar Monate erneut in einem Cornershop registrieren wollen. (Stefan Mey)