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Wien | Vienna

Hilfe für Freelancer: Teleworking-Standorte in Wien

Als Hilfe für Freelancer, Selbständige, EPU und Start-ups ohne fixes Büro habe ich bei Format.at ein kleines Datenjournalismus-Projekt gemacht: Eine Karte, die in Wien die besten Orte zum Freelancen zeigt, inklusive WLANs von Freewave und der Stadt Wien, An- und Abreisemöglichkeiten per Taxi oder Citybike und Auswahl lässiger Locations – bestehend aus Parks, Bädern, Badeplätzen und Restaurants, die von uns redaktionell getestet wurden.

Anschauen kann man sich das Ergebnis auf Format.at (wo es auch eine ausführliche Anleitung gibt) oder gleich hier auf stefanmey.com.

Disco Brunch: Da steppt der Bär.

Disco Brunch: Eine Mischung, die nicht funktioniert

Disco Brunch: Da steppt der Bär.
Disco Brunch: Da steppt der Bär.

Innovationen entstehen oft dadurch, dass Dinge miteinander kombiniert werden, die sich in freier Wildbahn niemals begegnet wären; auf diese Weise wurde die Welt etwa durch Wasabi-Käse, Pizza mit Apfelspalten und den Liger – eine Kreuzung zwischen Löwe und Tiger – bereichert. Der neuste Coup dieser Art macht nun in Wien die Runde und heißt „Disco Brunch“: Wie der Name vermuten lässt, treffen sich die Gäste hier am Sonntag Vormittag zum Brunch – angereichert durch Musik, die theoretisch tanzbar wäre. Geht diese Rechnung auf? Bei einem Disco Brunch im Rochus habe ich mir davon mal ein Bild gemacht.

Recht happig erscheint gleich beim Betreten des Lokals der Eintrittspreis von 20 Euro – um diesen Schock zu übertünchen, bekommt der Gast gleich ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Anschließend geht es zum Tisch, an dem Platz genommen wird – der Alkohol mag zwar Disco-Stil sein, der feste Sitzplatz ist es weniger. Um 11 Uhr herrscht auch noch gähnende Leere im Lokal – vergleichbar wohl mit einem Besuch im U4 um 8 Uhr abends, denke ich mir tröstend, doch die Situation bessert sich nicht merklich: Irgendwann fängt tatsächlich ein DJ an, Musik aufzulegen, doch zum Tanzen wird kaum jemand animiert. Viel mehr hat der laute Techno den Effekt, dass gemütlich Sonntagsgespräche – die Kernfunktion eines klassischen Brunchs – an ihre akustischen Grenzen stoßen.

Kein Tanzen also, dafür Lärmbelästigung. Der Disco-Effekt ist also gescheitert.

Dies würde man noch verzeihen können, wenn es um die genannten 20 Euro wenigstens ein ausgiebiges Brunch gegeben hätte – selbiges war aber an Phatasielosigkeit nicht zu übertreffen: Ein paar Semmeln, Käse, Wurst, Ham&Eggs und ein paar Würstl. Und ein bisschen Lachs, der aber nur spärlich vorhanden war und vom Personal nur zögerlich nachgefüllt wurde. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass die Mitarbeiter angespannt waren – für meine mehrmalige Bitte nach einem simplen Glas Leitungswasser erntete ich genervte Blicke. Dies ist zwar kein Fehler des Disco Brunch-Konzepts, trug aber allgemein zur nicht gerade positiven Stimmung bei.

In Summe stellt sich somit die Frage, was mit dem neuen Trend namens Disco Brunch passieren soll. Ist er schon zum Scheitern verurteilt, noch bevor er richtig abheben konnte? Oder muss man lediglich an ein paar Schrauben drehen, damit das Rezept funktioniert? Hätten wir, die Gäste, mehr proaktiv werden und das Tanzbein schwingen sollen? Ach was, eigentlich ist’s wuscht: Wir können dieses Phänomen auch einfach getrost ignorieren und uns auf die nächste Innovation freuen. Essbare Fernbedienungen fände ich zum Beispiel super – dann müsste ich nicht mehr vom Sofa aufstehen, wenn mich beim fernsehen der Heißhunger packt.

Impressionen aus der Wiener U-Bahn

ubahnMorgens in der U-Bahn-Station Neubaugasse: Vor einem H&M-Plakat, das ein sexy Model im Bikini zeigt, steht eine Schülerin mit Kopftuch. Eine rote Schaumstoff-Kugel hat sie auf der Nase, eine Blechdose in der Hand: Offensichtlich sammelt die gerade Geld für eine bekannte NGO.

Ihre Mitschülerinnen machen mit dem Smartphone ein Foto vom muslimischen Mädchen vor dem aufreizenden Plakat. „Wartet, wartet“, sagt diese plötzlich – sie beschleicht das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt: „Sehe ich auf dem Foto fett aus?“ Dann posiert sie lächelnd vor dem Plakat.

Eine katholische Nonne betritt das Geschehen. Sie geht auf das Mädchen mit Kopftuch zu und steckt ihr ein paar Münzen in die Blechbüchse.

Die U-Bahn fährt ein. Im Waggon küssen sich zwei homosexuelle Frauen. Daneben flucht ein Pensionist sein Smartphone an, weil er es nicht schafft, mit seinem neuen iPhone eine SMS zu verschicken. Ein Kleinkind im Kinderwagen und ein Dackel führen eine Konversation über Tier- und Baby-Laute.

Ich schaue mich um: Der Rest des Waggons spielt mit seinen Smartphones oder Tablet-PCs – ich selbst beschließe, mein eigenes Handy ausgeschaltet zu lassen und einfach mal mein Umfeld zu genießen.

Als ich aussteige, stelle ich fest, dass gleich hinter mir einer meiner besten Freunde gesessen ist. Er hat die ganze Fahrt über auf sein iPhone gestarrt und somit – im Gegensatz zu mir – die Reality-Show einer Wiener U-Bahn-Fahrt nicht genießen können.

Fazit: Manchmal zahlt es sich aus, einfach mal digital abzuschalten und die physische Realität zu beobachten. Denn selbige kann teils mehr Inspiration und Horizont-Erweiterung liefern als sämtliche Mails von Kollegen und Kunden zusammen.

Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Beitrag auch auf der Website meines aktuellen Arbeitgebers, dem WirtschaftsBlatt. Weitere „Momente“ finden sich in meinem Buch „Indien 2.0 – Twittern im Tuk-Tuk“, das auf Amazon und im Buchhandel (ISBN: 3844267999) erhältlich ist.

Aus „IndiaCamp“ wird „ViennaHaat“

Die vergangenen zwei Jahre organisierte ich mit Wolfgang Bergthaler – mein Freund, mein ehemaliger Geschäftspartner und Protagonist in meinem Buch – das „IndiaCamp“: Konzipiert nach dem System eines Barcamps gab es hier einen freien Wissensaustausch rund um das Thema „Indien“;  Jeder konnte seine Ideen teilen und Projekte den anderen Gästen vorstellen. Beide Mal war das Event ein großer Erfolg – Projekte also, auf die ich mit Stolz zurück blicke.

Und nun gibt es ein Nachfolge-Format.

Mit „Vienna Haat“ organisiert der Wolf am 23. November im Rochuspark (Wien) das nächste große Indien-Event.  „Haat“ ist Hindi und bedeutet soviel wie Markt; dementsprechend öffnet der Coworking-Space für einen Nachmittag seine Tore und bietet indischen beziehungsweise Indien-affinen Künstlern und Kreativen aus Österreich eine Plattform, um ihre Produkte auszustellen und zu verkaufen. Alle Produkte sind handgemacht, nachhaltig, persönlich und mit viel Liebe gemacht. Beim Vienna Haat gibt es keine Händler, sondern nur Künstler mit Leidenschaft für ihre Arbeit.

Für das leibliche Wohl sorgt wieder das Pop-Up-Café „Club Chai“ und bietet süße Happen, hochwertige Tees und natürlich Masala Chai. Neben dem allgemeinen Marktgeschehen gibt es genug Raum für persönliche Gespräche und informelles Vernetzen von „Inderessierten“. Das interdisziplinäre Publikum ermöglicht spannende Begegnungen.

Und, auch nicht zu vernachlässigen: Mein eigenes Buch wird ebenfalls dort erhältlich sein – auf Wunsch signiere ich es auch oder male Euch einen Shiva-Lingam auf die erste Seite. Hö hö hö.

Sebastian Buchner ist auch wieder dabei - ich freue mich schon auf seine Fotos.
Sebastian Buchner ist auch wieder dabei – ich freue mich schon auf seine Fotos.

Geht öfter in Cafés!

Das Traditionscafé Wunderer an der Ubahn-Station Hietzing sperrt zu, es weicht einer weiteren Mc Donald’s-Filiale; statt Melange wird dort nun Cola getrunken, statt Kipferl werden Burger serviert. Für den Konzern ist die Entscheidung perfekt; denn durch den neuen Standort kann er zwei Zielgruppen bestens bedienen: Erstens Schönbrunn-Touristen, die auch im Urlaub auf die vertraute, global gleichgeschaltene Esskultur zurück greifen wollen; zweitens Jugendliche, die sich vor dem Koma-Saufen im Tanzcafé Reigen noch einen fettigen Burger, salzige Pommes und ein zuckersüßes Cola genehmigen. Der ehemalige Betreiber des Reigen sprach sich in Medien explizit gegen Rettungsaktionen diverser Möchtegern-Aktionisten aus – anscheinend reicht es ihm auch, Gäste dürfte es zuletzt nicht mehr viele gegeben haben. Und auch ich darf mich eigentlich nicht beschweren, war ich doch seit Jahren nicht mehr dort.

Denn die Welt hat sich verändert, und ich ebenfalls. Der schlecht gelaunte Kellner ist nicht mehr en vogue, und ein kostenloses WLAN ist für moderne Medienkonsumenten wichtiger als kostenlose Print-Zeitungen. Außerdem bin ich ins Stadtzentrum gezogen – und dort frequentiere ich eher die gut besuchten Lokale des Museumsquartiers oder der Neubaugasse. Letztens war ich sogar in einem Starbucks – das verlässliche WLAN des Caféhaus-Konzerns bot eine gute Basis für das Editieren meines Buchs.

Trotzdem stimmt mich das Wunderer-Ende traurig. Weil es für mich nicht bloß ein Café ist, sondern Teil der Wiener Kultur und meines eigenen Werdegangs.

Denn mit Anfang 20, als ich zeitweise keine fixe Bleibe in Wien hatte, war das Wunderer mein Wohnzimmer. Schon beim Betreten es Lokals blickte mich stets ein Bildnis des grimmigen Beethoven an, dem ich immer mit einem Lächeln und dem Gedankengang, dass es ja uns Beide von Bonn nach Wien verschlagen habe, beantwortete. Dann nahm ich Platz, bestellte mir einen Darjeeling-Tee, an dem ich stundenlang nuckelte, schrieb Tagebuch, lernte für eine Prüfung oder las in einem dieser kleinen, gelben Reklam-Heftchen, die ich immer mit mir herum trug – das mag extrem nach Klischee klingen, aber es war tatsächlich so. Der anfangs klassisch grantelnde Ober bemerkte nach einiger Zeit, dass ich ein Stammgast war und sprach mich auf mein Kroatisch-Vokabelheft an: Er selbst sei aus Split und habe ein Haus dort, und wenn ich schon seine Sprache lerne, dann könne ich auch dort übernachten, wenn ich wolle. Angenommen habe ich dieses Angebot nie, in Erinnerung bleiben wird es mir aber ein Leben lang.

Es ist unwahrscheinlich, dass die unterbezahlten Gastarbeiterinnen, die bei McDonald’s mit stoischem Gesichtsausdruck Bestellungen in einen Computer tippen mir ein ähnliches Angebot machen werden. Auch wird es in den Hallen bald nicht mehr nach Tabak, Kaffee und Tradition riechen, sondern nach Fett und totem Tier. Systemgastronomie mag vielleicht effizient sein – den Charme eines klassischen Wiener Kaffeehauses hat es nicht. Oder?

Das Wunderer haben wir unwiederbringlich verloren. Aber wie sieht es mit den restlichen Wiener Cafés aus? Um mal wieder einen Reality-Check zu machen, habe ich kurz bei den Frühstückerinnen recherchiert und mich dann für das „Schopenhauer“ im 18. Bezirk entschieden. Dort fand ich heute nicht nur ein reich gefülltes Sonntagsbrunch-Buffet, sondern außerdem eine charmante Atmosphäre, ebenso charmante Kellnerinnen, Zeitungen, WLAN und saubere Klos. Was wünscht man sich mehr? Eigentlich nichts.

Entsprechend habe ich beschlossen, nun mindestens einmal im Monat einem echten Wiener Café einen Besuch abzustatten. Nicht nur, weil ich mir dann selbst den Magen vollschlagen und neue Inspiration tanken kann – sondern weil wirtschaftliches Handeln auch gesellschaftliches Handeln ist und wir mit jedem Euro, den wir ausgeben, eine Stimme dafür abgeben, in was für einer Welt wir eigentlich leben wollen.

Das Schopenhauer: Wiener Charme und lecker Buffet
Das Schopenhauer: Wiener Charme und lecker Buffet
Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB

Offener Brief: ÖBB-Kunden als Verbrecher?

Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB
Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bevor ich in medias res gehe, möchte ich Sie gerne darauf hinweisen, dass ich bereits seit etlichen Jahren vielreisender Kunde der ÖBB bin. Ich schätze besonders die Umweltfreundlichkeit der Verkehrsmittel und die Höflichkeit des Personals. Schade, dass es auch schwarze Schafe gibt.

Als ich am 12.4. um 7:15 mit der S7 zum Zweck einer Rom-Reise von Wien Landstraße mit meiner Freundin zum Flughafen Wien fuhr, wollte ich mir ein Ticket am Automaten kaufen. Das Prozedere ist altbekannt: Ab Stadtgrenze anwählen, Reiseziel angeben, bezahlen.

Leider akzeptierte der Automat unseren Geldschein nicht, und das Prozedere musste wiederholt werden – was nicht weiter schlimm ist. Leider übersahen wir in der Eile jedoch, das Feld „sofort entwerten“ beim zweiten Durchlauf anzuwählen. Denn der Automat geht vorerst davon aus, dass der Fahrschein später entwertet wird. Warum nehmen die ÖBB an, dass Käufer eines Fahrscheins diesen nicht sofort verwenden wollen? Ich weiß es nicht. Wissen ausländische Touristen, was sie tun müssen? Vermutlich nicht.

Nachdem wir uns noch Reiseproviant besorgt hatten, begaben wir uns zum Gleis. Dort hielt ich flüchtig Ausschau nach einem Automaten zum Entwerten, fand aber keinen. Na gut, dachte ich mir: Das gewohnt freundliche Personal der ÖBB wird mich wohl verstehen.

Dem war nicht so.

Als ich den zuständigen Kontrolleur freundlich um die Entwertung des Fahrscheins bat, entgegnete dieser lautstark und mit sichtlich gesteigertem Blutdruck, dass dies nicht möglich sei. Weiters bezeichnete er mich und meine Lebensgefährtin als „Verbrecher“ und warf uns die „Erschleichung einer Dienstleistung“ vor. Auf eine Bemerkung meinerseits zu seiner unvorsichtigen Wortwahl drohte er mit der Einschaltung der Polizei. Die Versuche anderer, sichtlich schockierter Fahrgäste zur Beruhigung des cholerischen Kollegen waren diesem egal und verliefen daher fruchtlos.

Auf dem Weg zum Bankomaten zwecks Begleichung der Strafe von insgesamt 130 Euro versuchte ich erneut, die Wogen zu glätten und schilderte den Vorgang des Ticket-Kaufs. Ihr Kollege behielt seinen lauten Tonfall bei, warf uns ein weiteres Mal ein „Verbrechen“ vor und fragte mich barsch, ob ich der deutschen Sprache mächtig sei. „Ich bin Journalist, ich arbeite täglich mit Sprache“, antwortete ich – und dachte mir: Doch was machen ausländische Touristen? Werden Sie ob dieser österreichischen Gastfreundschaft das Land ein weiteres Mal beehren? Wohl eher nicht.

Da der Kollege sich partout weigerte, seinen Namen preis zu geben, sehe ich keinen Grund, diesen Sachverhalt nicht auch auf meinen Blog und auf diversen Social Media-Kanälen zu publizieren. Weitere sei angemerkt, dass der Kollege bei jeder noch so kleinen Erwiderung mit dem Einschalten der Polizei zu drohen – in dem Wissen, dass wir einen Flug zu erwischen haben.

Mir persönlich ging dies nicht allzu nahe, als Journalist ist man Beleidigungen und Drohungen aus dem Alltag gewohnt; doch meine Freundin, ein sehr friedliebender Mensch, war zutiefst betroffen durch das barsche Verhalten und die Beschimpfungen. Unser Reise-Erlebnis wurde durch diese Erfahrung extrem getrübt.

Vermutlich waren wir im Unrecht, wir hätten auch unter Zeitdruck in den frühen Morgenstunden die Fehler des Ticket-Automaten ausbügeln müssen. Dennoch möchte ich sie darauf hinweisen, dass ich als vielreisender Kunde eine Entscheidung treffen kann: Sofern ich von Ihnen keinen Nachweis für die Optimierung des Systems inklusive Schulung der sozialen Kompetenz Ihrer sichtlich frustrierten Mitarbeiter erhalte, werde ich vorerst auf andere Verkehrsmittel umsteigen.

Denn der Kunde ist in Österreich nicht König – sondern wird entweder in die Kaste der Kriminellen degradieret, oder fühlt sich wo anders als Kaiser.