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Die Welt | the world

Ich bin chakalaka-süchtig

Inzwischen dürfte bekannt sein, dass Fußball nicht zu den Top-Ten-Lebensinhalten meines Daseins gehört. Dennoch: Wenn WM oder EM ist, freue ich mich – denn das bedeutet, dass ein interkultureller Austausch stattfindet. Zu EM-Zeiten vor zwei Jahren genoss ich die Gesellschaft der vielen Gäste in dieser wunderschönen Stadt; nun – zwei Jahre später – freue ich mich über die Exotischkeiten, die aus Südafrika in die nördliche Hemisphäre dringen.

Und damit meine ich nicht die Vuvuzela. Von der haben wir wirklich schon genug gehört – und das Getröte der zahlreichen Facebooker, Twitterer und Journalisten (mich eingeschlossen, ich geb’s ja zu) ist teils  lauter als das Instrument selbst. Sondern ich meine: Erstens die Sprache, die für unsere Ohren nur allzu exotisch klingt. Zweitens das Essen.

Kombiniert wird Beides durch das „Chakalaka“-Weckerl, das es derzeit in der Bäckerei-Kette meines Vertrauens gibt. Erstens ist „Chakalaka“ einfach ein cooles Wort – es erinnert an „Bamboocha“ oder ähnlich sinnlose Buzz-Wörter, ist aber ein echtes Wort – und das ist toll. „Chakalaka“ spricht man einfach mit Freude aus.

Zweitens schmeckt „Chakalaka“ (yeah!) einfach super. Zuerst neutral, und dann wird es scharf; die Mischung verschiedener, exotischer Gewürze sorgt für Party im Gaumen – und das schon zum Frühstück! In der Heiligen Schrift Wikipedia bin ich auf ein Bildnis von Chakalaka in seiner Urform gestoßen.

So sieht es aus:

Ich gestehe offen: Nach nur wenigen Einnahmen bin ich süchtig nach Chakalaka. Die vergangenen Tage habe ich Chakalaka in Weckerlform immer gerne bei der Bäckerei-Kette meines Vertrauens gekauft.

Bis heute.

Denn eigentlich war die Situation heute in der früh wirklich nett: Vor mir waren zwei Afrikaner an der Reihe; und das freute mich wirklich. „Echt super, und schon gleich halte ich mein Chakalaka in Händen“, war mein Gedanke, „das ist ja fast so wie Urlaub in Südafrika, aber ohne die Reise-Unannehmlichkeiten.“ Kultureller Austausch: Yeah.

Das sah die Verkäuferin leider nicht so. „Der Geruch dieser Menschen ist so anders; ich kann das nicht ausstehen“, sagte sie.

Uff. Ein weiteres Kommentar dazu erspare ich mir. Außer vielleicht, dass eine Bäckerei-Kette, die schon aus exotischen Gerichten Profit schöpft, vielleicht auch die interkulturelle Kompetenz der eigenen Mitarbeiter schulen sollte. Ich jedenfalls hab nun keine Lust mehr, dort einzukaufen.

Mit Rassisten verkehre ich nicht.

Gibt es Alternativen für Chakalaka-Süchtige? Ja: Selber zubereiten. Ein passendes Rezept habe ich allerdings leider noch nicht gefunden – den geneigten Leserinnen und Lesern dieses Blogs wäre ich für kulinarisches Input dankbar.

Die hässlichsten Tiere der Welt

Bei meinen heutigen Recherchen über Xinhua, eine chinesische Nachrichtenagentur, bin ich auf eine Auflistung der hässlichsten Tiere der Welt gestoßen, die ich Euch freilich nicht vorenthalten möchte – wer mit seinem eigenen Äußeren unzufrieden ist, der findet hier die Bestätigung, dass er oder sie nicht das unattraktivste Wesen auf der Welt ist. Hier geht es zur Website.

Und hier ist noch ein kleiner Vorgeschmack. Bwäh.

Bitola (3): Modeschau mit traurigem Hintergrund

Wer in der Fußgängerzone von Bitola sitzt – mit seinen zahlreichen, gut gefüllten Cafés – der ergattert am besten einen Platz in den vorderen Reihen; denn dort kann er die Modeschau in vollem Ausmaß beobachten. Die jungen Bitolanerinnen flanieren hier die Straße entlang; in kurzen Röcken, dafür mit umso höheren Absätzen, stolzieren sie wie auf einem Laufsteg daher – meist in Gruppen, deren Mitgliederinnen untereinander Schein-Kooperationen schließen; allerdings mit dem eigentlichen Ziel, die Konkurrenz abzuchecken.

Das Jagdwild: Die männlichen Bitolaner. Diese sind das exakte Gegenteil ihrer weiblichen Counterparts – verwaschene Pullis, schlendernder Gang und Vokuhilas sind hier das Programm… VOKUHILAS! Und zwar wirklich viele… Wie kann es sein, dass derart hübsch hergerichtete Damen sich mit Männern einlassen, die ihre Frisur nicht einmal annähernd im Griff haben?

Der Hintergrund ist leider ein trauriger: Die Arbeitslosenquote in Mazedonien schwankt zwischen 30 und 40 Prozent; es kommt nur in seltenen Fällen vor, dass beide Partner in einer Beziehung erwerbstätig sind. Ein Mädchen, das aus nicht-wohlhabenden Verhältnissen kommt, hat somit nur eine Möglichkeit, aus dem Armutskreislauf auszubrechen: Sich schön herrichten, flanieren gehen, und sich einen Mann mit Job sichern. Die Männer wiederum können ihr Äußeres vernachlässigen.

Grund genug für mich, eine Aktion zu starten: Ab sofort können in meinem Spreadshirt-Shop T-Shirts und Girlie-Shirts mit der sarkastischen Aufschrift „Vokuhila – Weil’s eh schon wurscht is'“ gekauft werden. Sarkasmus ist erlaubt, wenn er einem guten Zweck dient: Der Reinerlös (zwei Euro pro Shirt) wird einer im entsprechenden Kulturraum aktiven seriösen NGO (vermutlich Amnesty International, wenn mir nichts besseres einfällt) gespendet. Somit macht mein Spreadshirt-Shop jetzt auch endlich Sinn. Wurde auch Zeit.


T-Shirt


Girlie-Shirt

Bitola (2): Der Bepbep und der Hotap aus Bapha

Kyrillische Schriftzeichen? Ich bin definitiv ein Fan.

Denn fremde Sprachen fand ich ja schon immer faszinierend – Grund genug, in meiner Jugend- und Sturm&Drang-Zeit sinnvolle Sprachen wie Französisch oder Kroatisch ebenso zu erlernen wie eher amüsantes, etwa Esperanto. Meist hatten diese Sprachen ein ähnliches Schriftbild wie das deutsche, von einigen Hakerln und Schnörkseln mal abgesehen.

Aber die Schriftbilder anderer Sprachen haben mich trotzdem faszinierend. Das Arabische etwa, oder Hindi – bei beiden fehlt mir bis heute jeglicher Durchblick. Viel Spaß hatte ich auch immer mit Mandarin: Wenn ein Schriftzeichen „Mensch“, „Haus“ oder „Glück“ bedeutet, weil angeblich das Schriftzeichen dem zum Begriff passenden Objekt ähnlich sieht, führt das auf Studentenpartys zu entsprechend amüsanten Ratespielen.

Die Königin aller Schriftformen ist für mich aber das Kyrillische.

Nämlich deshalb, weil uns West-Europäern das Schriftbild ständig eine Falle stellt. So heißt „C.C.C.P.“ nämlich gar nicht „C.C.C.P.“, sondern „S.S.S.R.“… haben Sie das gewusst? Ha! Das „C“ ist nämlich eigentlich ein „S“, und das „P“ ist ein „R“ – kennt man mal diese beiden Buchstaben, geht das Ratespiel entsprechend freudig weiter; man fühlt sich irgendwie an eine Runde „Glücksrad“ erinnert, indem verschiedene Buchstaben identifiziert werden müssen, um das gesamte Wort zu erraten – nur gibt es halt kein Geld und auch keine Traumreise zu gewinnen. Dafür aber viel Spaß.

Denn eine Gaudi macht sich, wer die Sprache doch nicht übersetzt, sondern einfach in Manier eines primitiven Birkenstock-Touristen abliest. So wird dann das „Restoran“ (südslawisches Wort für „Restaurant“) schnell mal zum „Pectopah“, der „Berber“ (Frisör) zum „Bep-bep“ und der Notar zum Hotap. Die bulgarische Stadt „Varna“ wird zu „Bapha“.

Wortspiele, die unter nerdigen Hobby-Linguisten für allerlei Heiterkeit sorgen. Sollten Sie sich nicht zu dieser Bevölkerungsschickt zählen, bitte ich an dieser Stelle um Entschuldigung. Und danke, dass sie meinen Ausführungen dennoch bis hier gefolgt sind.

Herzliche Grüße, Ihr Bep-Bep aus Bapha.

Bitola (1): Nachbarschaftsstreit

Mal einen Urlaub der anderen Art machen, und in einem Zug mich gleich der Verwandtschaft des besten Mädchens von allen vorstellen – das waren meine Beweggründe, mich vergangenes Wochenende nach Bitola, der zweitgrößten Stadt Mazedoniens, zu begeben. Hurra: Stefan und Maja – unterwegs zu einem brandneuen Abenteuer!

Apropos Brand: Begonnen hat unsere Reise dort, wo es im Sommer oft brennt – nachdem meine Hand während eineinhalb Stunden Flug als lebender Stressball fungiert hatte, landeten wir am Flughafen Thessaloniki, der offiziell „Makedonia Airport“ heißt. Und genau dort begannen die Probleme.

Denn „Makedonien“ bezeichnet neben einem der vier Heimatländer des besten Mädchens von allen auch eine Region in Nord-Griechenland. Und weil die Griechen nicht damit klar kommen, dass es auch ein zweites Mazedonien geben soll, kennen sie das nördliche Nachbarland einfach nicht an.

Das hat entsprechende Auswirkungen auf die nachbarschaftlichen Beziehungen, die alles andere als rosig sind. Unser Fahrer, der uns von Thessaloniki nach Bitola brachte, wurde während seiner Wartezeit am Flughafen gefragt, ob er eine Bombe bei sich trage – wer ein Autokennzeichen eines in Griechenland nicht offiziell existierenden Staates hat, ist ein potenzieller Terrorist.

„Eigentlich geht es um die Immobilien“, sagt unser Fahrer. Denn Griechenland fürchte, dass Mazedonien bei Anerkennung auch Gebietsansprüche im griechischen Mazedonien geltend mache. Dabei ist das ohnehin in der Verfassung geregelt: Auf Druck Griechenlands wurde die mazedonische Verfassung dahingehend geändert, dass keine Gebietsansprüche an die Nachbarn geltend gemacht werden dürfen – so lehrt es zumindest die heilige Schrift Wikipedia.

Bei der Überfahrt an der Grenze eine weitere skurrile Situation: Während unsere EU-Pässe bedingungslos akzeptiert werden, hat unser Fahrer zusätzlich zu seinem Pass einen A4-Zettel, den die griechischen Behörden abstempeln – den Pass akzeptieren sie nämlich ebenso wenig wie das Land selbst.

Muss das sein? Ich meine: Wenn ich jedem anderen Menschen verbieten würde, den Namen „Stefan Mey“ zu verwenden, dann müsste sich die halbe Bundesrepublik Deutschland neu benennen. Und diesen Verwaltungsaufwand will sich wirklich jeder sparen. Oder?

Weitere Berichte zum Mazedonien-Abenteuer folgen morgen. Also: Stay tuned!