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Das Netz | the net

Internet-Armageddon!

Ring-Ring!

Freundlicher Herr: „Hallo, Support-Service hier.“

Gestresster Stefan: „Hallo, hier spricht Stefan Mey. Mein WordPress ist kaputt. Alles. Mein Blog lässt sich nicht mehr aufrufen – direkt nicht, und über Verlinkungen auch nicht. Nicht mal der Admin-Bereich funktioniert. Oh Gott, oh Gott… Was soll ich bloß tun?“

Man beachte: Es ist Freitag abend. Das bedeutet: Diverse Groupies und Stefan-Fanboys werden derzeit wohl verzweifelt vor ihren PCs oder Smartphones sitzen, weil sie doch eigentlich das Wochenende mit ihrem Lieblingsblog einläuten wollten. Das Timing kann nicht schlechter sein, die Katastrophe ist perfekt. Zum Glück bewahrt mein Gesprächspartner die Ruhe…

Freundlicher Herr: „Warten Sie, ich seh mir das mal an…. (Pause) … Hm, ihre Datenbank ist tatsächlich etwas … hm… seltsam… also: Da fehlen ein paar Zeilen… Und hier ist eine komplett falsche Angabe… haben Sie etwas am Quellcode geändert?“

Ich: „Äh… nein.“

Er: „Sicher nicht? Also, das sieht wirklich wüst aus….“

Ich: Nein, ganz bestimmt nicht.“

Seltsam. Zum Glück hatte mein Anbieter in der Nacht zuvor eine Sicherungskopie gemacht, die er gleich anwandte. Ich bin inzwischen mal außer Haus gegangen und hab mich mit FunkyMike vom Debattierclub auf einen Orangensaft getroffen. Noch am selben Abend konnte ich stefanmey.com wieder auf dem iPhone abrufen – die Leserinnen und Leser können also beruhigt sein. Allerdings machten wir in diesem Kontext eine weitere gruselige Entdeckung.

Nämlich, dass ein von FunkyMike betriebenes Online-Forum für intellektuellen Austausch über die Reconquista sich ebenfalls ohne sein Zutun verändert hatte – von einem Tag auf den anderen waren diverse Buttons für den Webmaster verschwunden. Und auch die Website eines im Debattierclub aktiven Politikers ist derzeit offline – alles Zufall? Oder doch ein Komplott gegen uns? Böse Zungen mögen vielleicht behaupten, dass wir nach einer Nacht voller angeheizter Diskussionen im intellektuellen Höhenrausch den Quellcode selbst editiert haben, ohne uns daran erinnern zu können – doch diese Kritiker können wir getrost als Lügner entlarven.

Sind vielleicht gar Teile des Internet kaputt? Das wäre seltsam. Und traurig. Uns beängstigend sowieso. Denn sollten sich diese eigenständigen Quellcode-Mutationen ausbreiten, stehen wir vielleicht bald ohne Facebook, Google und Foursquare da. Dann wären wir auf Medien angewiesen, um Nachrichten zu erfahren. Oder müssten Menschen auf offener Straße nach dem Weg fragen… wollen wir das? Nein, bei Gott nicht. Also: Bitte die Augen offen halten – denn seltsame Dinge passieren derzeit…

Der Ort macht die Nachricht – und er verbreitet sie auch

Nicht, dass wir schon mal persönlich in dem neben unserer Redaktion gelegenen FKK-Saunaclub“ Golden Time“ gewesen wären-aber über die Handy-App“ Foursquare“ kann man ja zumindest mal virtuell bei den Nachbarn vorbeischauen.

Foursquare bietet die Möglichkeit, Orte in der näheren Umgebung zu finden und dort“ einzuchecken“. Den“ Check-In“ sehen diverse Freunde, die das Programm ebenfalls installiert haben-so lässt sich mit wenigen Griffen einem größeren Personenkreis mitteilen, wo man sich gerade befindet. Datenschutz-Fetischisten bezeichnen dies gern als“ Stasi auf freiwilliger Basis“, was den Erfolg aber nicht bremst: 2010 wuchs Foursquare um 3400 Prozent. Starke Märkte sind neben den USA und Europa auch Südostasien und Japan.

Technisch steht das System und funktioniert einwandfrei. Jetzt ist bloß die Fantasie der Geschäftsleute gefragt, aus den Möglichkeiten entsprechende Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Rede ist etwa von virtuellen Fahrtenbüchern; auch für Marketing-Zwecke lässt sich Foursquare wundervoll verwenden: An den Orten lassen sich nämlich“ Tipps“ hinterlassen. Und das können Empfehlungen für einzelne im Shop erhältliche Produkte ebenso sein wie zum Beispiel der Hinweis auf einen Rabatt, wenn die Kunden im Shop einchecken. Der Vorteil ist ein Multiplikator-Effekt, indem der Shop automatisch den Freunden des Kunden gezeigt wird. Oder man probiert etwas Neues-und das bringt unsere Gedanken wieder zurück zum „Golden Time“.

Denn als wir dort-rein virtuell-vorbeischauen, finden wir einen Tipp, den die Männerzeitschrift“ WIENER“ hinterlassen hat: Mit dem“ Puffvater“ Alexander Gerhardinger habe man ein Interview über dessen Geschäftsmodell geführt-wer den mitgelieferten Link antippt, kommt auf die entsprechende Online-Version des Artikels.

Das ist genial-und falls noch niemand anders ein Wort dafür erfunden hat, melde ich hiermit Anspruch darauf an, als Erfinder des Ausdrucks“ Location Based News“ zu gelten. Der WIENER bindet nämlich nun Artikel an die passenden Orte; wer dort eincheckt, erhält entsprechende Nachrichten. Das ist praktisch für den User, denn es kann davon ausgegangen werden, dass er sich für Nachrichten rund um eine Location interessiert, wenn er sich dort aufhält-es muss ja nicht immer eine FKK-Sauna sein. Dem Medienunternehmen selbst gibt es zwar keinen zusätzlichen Umsatz, aber zumindest Traffic auf die eigene Website.

Das WirtschaftsBlatt hat nun den eigenen Standort entsprechend angepasst: Wer in der Nähe ist und via Foursquare im WirtschaftsBlatt eincheckt, findet einen Link auf unseren Techzone-Blog. Das ist zum Beispiel auch interessant, wenn man wieder mal auf der angrenzenden Südost-Tangente im Stau steht und nichts weitergeht. Apropos: Damit bei uns etwas weitergeht, beende ich nun diesen Text und gehe raus in die Welt-noch ein paar Foursquare-Checkins machen.

(Aus Gründen der Effizienzmaxmierung erschien dieser Beitrag auch in der Print-Version des WirtschaftsBlatt, sowie der WirtschaftsBlatt-Techzone)

Unterwegs – ohne Stress und Selbstfindung

Reisen war früher eine haarsträubende Angelegenheit: Mit Backpack-Rucksäcken sind wir in überfüllten Zügen durch Indien gezogen, ohne zu wissen, wo wir die nächste Nacht schlafen werden. Wir haben mit Taxifahrern gefeilscht; die haben uns zuerst abgezockt und dann zur falschen Herberge geführt. Diese hatte dann auch noch Kakerlaken. Unser Adrenalinspiegel war stets hoch, und nach Wochen des Reisens waren wir froh, in gewohnter Umgebung wieder Bier und Schnitzel zu haben.

Heute ist das zum Glück alles anders. Während meiner letzten Fernreisen bin ich kaum mit dem Zug gefahren; denn Flüge sind billig und lassen sich leicht per Web – etwa checkfelix.com – buchen. Die Unterkunft wird ebenfalls im Vorhinein gebucht oder zumindest reserviert; diverse Websites bieten neben der Buchungsmöglichkeit auch Bewertungen – so lassen sich Kakerlaken gleich im Voraus vermeiden.

Einen schweren Reiseführer muss ich ebenfalls nicht rum schleppen; denn inzwischen gibt es auch im hintersten balinesischen Dorf WLAN, so dass ich dort per Handy auf dem offenen Gratis-Reiseführer wikitravel.org alles nachlesen kann. Apps wie Wikitude oder Layar erklären mir, wo ich den nächsten Bankomaten, McDonalds oder Starbucks finde – bevor ich die verwende, habe ich mich aber ohnehin über Online-Foren ausführlich über mein Reiseziel informiert, um Abzockerei zu verhindern.

Ergebnis dieses Wandels: Reisen ist einfacher, man wird seltener abgezockt – der Adrenalin-Kick und die Schnitzel-Freude bleiben aber aus. Ganz im Gegenteil: Bei so viel Hilfe ist es fast so, als sei man gar nicht weg gewesen.

(Aus Gründen der Effizienzmaximierung erscheint dieser Kommentar übermorgen auch im WirtschaftsBlatt)

Wie man Leben rettet

Als ich am Freitag abend wieder mal mit dem Debattierclub unterwegs war, führte ich vor allem lange Gespräche mit einem angehenden Arzt. Dieser empfahl mir ein Video auf der Website youtube.com, in dem erklärt wird, wie auch Laien Leben retten können. Konkret geht es hier um die Durchführung von CPR – und da Fortbildung eines der Kernziele dieses Blog ist, möchte ich Euch dies freilich nicht vorenthalten:

Zusätzlich stelle ich das folgende Video gerne zur Verfügung – zugegebenermaßen mit einem Gewissen Eigeninteresse; denn sollte ich mich demnächst mal wieder am Kaviar verschlucken, so bin ich für Hilfestellung dankbar.

Somit hoffe ich, an diesem Sonntag meinen Beitrag zur Fortbildung und Horizonterweiterung geliefert zu haben. Ein Schelm, wer mit andere Motive vorwirft.

Gratis arbeiten?

In der Szene der Kreativ-Arbeiter wird derzeit ein Schaubild herum gereicht, mit dessen Hilfe die Entscheidung über anstehende Gratis-Arbeit gefällt werden kann. Da mir das Übel der scheinbar-selbstverständlichen Autoprekarisierung in der Branche nicht unbekannt ist, lade ich das Bild hier gerne hoch und füge nur noch hinzu: Wer Qualität haben will, muss dafür zahlen – es sei denn, man ist meine Mama.

Zum Vergrößern bitte klicken.

Wie sinnlos ist Foursquare?

„Ich bin hier“ – die Smartphone-App „Foursquare“ verlässt langsam das Feld der Early Adopter und versucht, in der Masse anzukommen. Für die Unwissenden, hier der One-Liner dazu: Mit Foursquare ist es möglich, über einen einzigen Tappser auf den Touchscreen allen sozialen Kontaken mit zu teilen, wo man sich gerade befindet. Klingt sinnlos? Ja, absolut – zumindest sagt das der Großteil meines Freundeskreises. Und auch der Business-Nutzen erschließt sich noch nicht wirklich: Virtuelles Fahrtenbuch? Mitarbeiterüberwachung auf freiwilliger Basis? Marketing-Tool?

In einem rein beruflich motivierten Selbstversuch habe ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag die App auf ihren Nutzen in meiner Freizeit geprüft und folgende Anwendungsszenarien entdeckt:

1. Kommunikation (1): Eine gute Freundin würde gerne mit mir ausgehen. „Heute treffe ich mich mit dem Debattier-Club, und in dieser Runde würdest Du dich unwohl fühlen“, muss ich mich leider entschuldigen. Füge aber hinzu: Über Foursquare werde ich immer angeben, wo ich gerade bin – bei Bedarf kann frau sich also später doch noch anschließen.

2. Kommunikation (2): Derzeit eignet sich Foursquare noch wunderbar zum Polarisieren. Beim Betreten des Etablissements unseres Vertrauens zu verkünden, man müsse jetzt einen „Check-In“ machen sorgt für entgeisterte Blicke und Diskussionen, bevor das Gespräch wieder zum ursprünglichen Thema – dem Ablösen der mongolischen Fremdherrschaft in China durch die Ming-Dynastie – zurück kehrt.

3. Orientierung: Zu späterer Stunde wird ein anderes Etablissement aufgesucht. Wo lag das noch gleich? So manche Rückkehr an einen beeindruckenden Ort scheitert am Erinnerungsvermögen – bedingt dadurch, zum Zeitpunkt des Eintreffens gedanklich noch bei den Werken Yves Kleins zu sein. Mit Foursquare weiß man stets, wo man war – wunderbar.

4. Unvergessliche Erinnerungen: Fotos werden an solchen Abenden gerne geschossen – allerdings versauern sie dann auf der eigenen Festplatte. Besser ist, mit Foursquare die Fotos dem jeweiligen Aufenthaltsort zuzuordnen. Wenn ich also demnächst vor den Türen des Globenmuseums stehe, kann ich das Foto unserer enttäuschter Gesichtsausdrücke abrufen, als uns überraschenderweise mitten in der Nacht kein Einlass gewährt wurde.

5. Zeitmanagement: „Und wie lang waren wir eigentlich gestern unterwegs?“ ist die Frage, die stets am Morgen danach gestellt wird. Die Antwort gibt auch hier Foursquare: „Wurde zuletzt um 4:16 Uhr am Würstelstand gesichtet“. Na immerhin: Der hohe Salzgehalt in der Wurst erklärt wenigstens meinen Durst am nächsten Tag.

Fazit: Ich glaube, Foursquare ist tatsächlich ziemlich sinnlos. Aber andererseits habe ich das vor ein paar Jahren – als es sonst noch kaum jemandem in Österreich ein Begriff war – das Gleiche über Facebook gesagt. Meine Skepsis ist also der klare Indikator dafür, dass Foursquare noch voll durchstarten könnte. Warum und wie? Keine Ahnung.