IT-Sicherheit ist ein Geschäft, das hohe Aufmerksamkeit erfordert.  Täglich werden wir gleich mit mehreren Presseaussendungen diverser  Hersteller von Sichheitssoftware bombardiert, die uns suggerieren, dass  der Teufel an jeder Ecke des Web lauert: In Raubkopien  selbstverständlich, und auch auf den Schmuddel-Seiten; aber auch in  diversen Social Networks wie Facebook, YouTube und Twitter, bis hin zu  eigenen Email-Postfach.
Wir dachten uns: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und hätte  Kolumbus an die Existenz Amerikas geglaubt, wenn er es nicht mit eigenen  Augen gesehen hätte? Eben. Daher starten wir einen Selbsttest: Eine  Woche ohne Virenscanner oder Firewall. Am Ende der Tage soll  festgestellt werden, ob Windows und das Hirn alleine ausreichen, sich zu  schützen.
Die Regeln dazu:
– Gängige Software: Als Betriebssystem dient Windows 7, als  Browser der vorinstallierte Windows Internet Explorer 8.
– Standard-Sicherheitseinstellungen: Die Sicherheitsstufe des  Internet Explorer steht auf Medium-High.
– Surfen nur über WLAN: Als Testgerät dient die VAIO P-Serie  von Sony. Dieses ultrakleine Mini-Netbook hat keinen Ethernet-Anschluss,  es wird also während des gesamten Tests in WLANs gesurft – offene  ebenso wie das eigene. Grund: Erstens dient das WLAN selbst als eine Art  Schutz, zweitens sind Manager mit Notebooks ohnehin meist in WLANs  online.
– Und die wichtigste Regel von allen: Surfen mit Hirn! Während  des gesamten Test-Zeitraums verhalten wir uns, wie sich ein Surfer mit  gesundem Menschenverstand verhält. Also: Keine Raubkopien runter laden,  keine Schmuddel-Seiten besuchen und keine dubiosen Anhänge in Emails  öffnen. Denn wir gehen davon aus, dass Sie – verehrter Leser – ebenfalls  mit entsprechendem Hausverstand surfen.
Sodenn: Möge das Spiel beginnen. Oder, um eine Analogie zur Wiener  Kultur zu bringen: Alles Virus!
Tag 1
Am ersten Tag habe ich gleich mal den Mc Afee Internet Security  inklusive Browser-Schutz und das Norton Online Backup entfernt. Beide  sind in der P-Serie von Vaio vorinstalliert. Anschließend gehe ich auf  dem Badeschiff in Wien ungeschützt online – über das offene WLAN  „Freewave“.
Meine verwendeten Seiten sind ein PHP-Forum, Gmail und das  Webmail-System des WirtschaftsBlatt. Als ich gefragt werde, ob ich das  Passwort speichern möchte, klicke ich auf „Nein“ – mein Hirn wird es ja  wohl alleine schaffen, sich die Passwörter zu merken.
In Gmail erhalte ich als Anhang ein Bild in Form einer PNG-Datei. Der  Absender ist ein Freund, dem ich vertraue; also kann ich die Datei  herunter laden. Beim Öffnen des Bilds startet der „Internet Explorer  Protect Mode“ und fragt mich um Erlaubnis. Genehmigt.
Beim Öffnen meines WordPress-Blogs bin ich weniger vorsichtig: Im  Admin-Bereich schalte ich einen Spam-Kommentar frei, um den Eindruck von  Traffic auf meinem Blog zu suggerieren. Auf den Link, den der Spam-Bot  veröffentlicht, klicke ich aber nicht – denn weder kenne ich den  Absender, noch habe ich Interesse daran, „billig Viagra zu kaufen“.
Und freilich darf auch Google im Website-Mix nicht fehlen: Über die  beliebteste Suchmaschine finde ich in- und ausländische Websites  verschiedener Art, die ich ansurfe – unter anderem lande ich dabei auf  einer ägyptischen Website.
Fazit des ersten Tags
Ich war in einem öffentlichen WLAN, auf ägyptischen Websites und in  einem Social Network. Außerdem habe ich einen Anhang herunter geladen  und Spam frei geschaltet. Trotz Vermeidung offensichtlicher  Virenschleudern ist die Wahrscheinlichkeit also groß, dass ich die  Aufmerksamkeit von Kriminellen auf mich gezogen habe. Wie geht es nun  weiter?
Über Tag 2 meines Selbstversuchs berichte ich morgen auf diesem  Kanal. Und eine Zusammenfassung der Ergebnisse erschent am kommenden  Dienstag in der Print-Ausgabe des WirtschaftsBlatt. Also: Stay tuned.
Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Artikel auch in der TechZone des WirtschaftBlatt.