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Tee

Coimbatore: Wo wird Tee verkauft?

Ich bin ja nicht wegen der Sehenswürdigkeiten in Coimbatore; sondern wegen der Menschen. Vor einigen Monaten hatte ich in Bangalore eine recht lustige Runde kennen gelernt: Frau Sonnenschein, ihren Ehemann Mister Mond und ein paar Mädels, die ich auf Grund ihrer karaokeesken Fähigkeiten als die „Sternsingerinnen“ bezeichnen möchte. Im Vollrausch hatten mich die Sternsingerinnen aufgefordert, sie in Coimbatore zu besuchen (es war wirklich viel Alkohol geflossen an diesem Abend); und ich hatte begeistert zu gesagt (denn ich war ja ebenfalls längst im Nirvana).

Und nun sitze ich also bei einer der Sternsingerinnen im Wohnzimmer, bin dort zum Mittagessen eingeladen. Das Essen ist köstlich, die Wohnung ist groß und mit faszinierenden Büchern und teuren Möbeln bestückt.  Sie gehört definitiv zu den besten Wohnungen, die ich in den vergangenen Monaten gesehen habe. Mit ihrem Mann plaudere ich ein wenig über die Arbeit – er ist in den USA angestellt und arbeitet daher unter Zeitverschiebung, kann sich zu Mittag also gerade so auf den Beinen halten.

Ihre reizende Tochter ist im Kindergarten-Alter und stellt mir die Frage aller Fragen: Wo ich her komme. Vor ihr liegt ein Kinder-Weltatlas, mit stereotypischen Comicfiguren zu den einzelnen Ethnien auf den verschiedenen Kontinenten. Sie schaut mich mit großen Augen an.

Normalerweise antworte ich auf diese Frage ganz einfach mit „Germany“, weil ich zwar seit Jahren in Wien lebe, aber einen deutschen Pass besitze – und außerdem in Indien kein Schwein Österreich kennt. Dieses putzige Mädchen erinnert mich mit ihrer Neugierde aber an mich, als ich im gleichen Alter war – und damals musste mir meine Mutter mühsam erklären, dass Indianer nicht in Indien leben, Inder aber schon. Ich sage ihr also, dass ich aus „Austria“ komme, und sie findet freilich sofort „Australia“ – entsprechend muss ich ihr Europa zeigen und eine Stelle auf der Karte, die so klein ist, dass die Autoren des Kinderbuchs sich nicht die Mühe machten, sie zu beschriften. Ignoranten.

Anschließend begibt sich die Mutter ins Bad und lässt mich mit ihrer Tochter alleine. Die Kleine führt mich in ihr mit Spielwaren gefülltes Kinderzimmer und möchte Fußball spielen. „Ich kann aber nicht Fußball spielen“, sage ich: „Ich komme aus Österreich. Österreicher können das nicht.“ Leider versteht das indische Kind nicht den deutsch-österreichischen Regionalhumor, und so kicken wir uns im Wohnzimmer ein paar Mal den Ball zu.

Dann hört sie auf und schaut auf mein T-Shirt: Was das sei? Auf meinem Shirt ist ein Chai-Wallah abgebildet, wie sie durch die Straßen indischer Großstädte gehen und Tee verkaufen.

„Das ist ein Chai-Wallah“, erkläre ich ihr.

„Und was macht der?“

„Der verkauft Chai“

„Und wo?“

„Auf der Straße.“

Das Kind verzieht ungläubig das Gesicht: Tee könne man doch gar nicht auf der Straße kaufen, Tee gebe es nur in einem Restaurant oder einem Kaffeehaus. Meiner Aussage, dass manche Menschen auch auf der Straße Tee trinken, will sie keinen Glauben schenken. Tee auf der Straße trinken? Das geht doch nicht!

Dann widmen wir uns wieder einem Kinderbuch, bei dem wir uns über das alte Ägypten fortbilden. Irgendwann kommt die Mutter aus dem Bad zurück; und ich freue mich auf das gemeinsame Ausgehen mit ihr, Frau Sonnenschein und Mister Moon.

Tee – Mystisch, lecker, kompliziert

Gestern war der „Internationale Tag des Tees“ – eine gute Gelegenheit für mich, endlich meinem Bericht online zu stellen von jenem Tee-Seminar, das ich vergangenen Sonntag besucht habe. Das Ganze fand im Hub Bombay statt – also in genau jenem Co-Working-Space, von dem ich auch regelmäßig meine Artikel in die Welt hinaus schicke.

Hier ein Bild von der netten Seminarleiterin:

Zu Beginn des Seminars habe ich erfahren, dass eigentlich alle Tees von der gleichen Pflanze, Camellia Sinensis, kommen – also, richtige Tees halt, wie etwa der Schwarze Tee, der Grüne Tee und der weit weniger bekannte Weiße Tee. Entscheidend ist zur Unterscheidung der Teesorten eigentlich hauptsächlich, wie lange er oxidiert wurde: Ein Schwarztee ist deshalb so schwarz, weil er zu fast 100 Prozent oxidiert wurde, der Grüne Tee 30 bis 40 Prozent oxidiert und der Weiße Tee überhaupt ganz wenig (ca. 10 Prozent). Außerdem kommt Weißer Tee von den Spitzen der Pflanze, die von Hand geerntet werden – das macht ihn zur teuersten Tee-Sorte.

Weiters ist wichtig für die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Tees, dass sie aus unterschiedlichen Regionen kommen – unterschiedliche Böden, Klima und leicht unterschiedliche Pflanzen tragen dazu bei, dass jeder Tee ein bisschen anders schmeckt: Der in Europa sehr bekannte Darjeeling-Tee hat etwa ein eher leichtes Aroma, man könnte ihn fast als den Weißwein der Tees bezeichnen – entsprechend lässt er sich auch gut konsumieren zu jedem Mahl, zu dem man auch Weißwein trinken würde. Der Rotwein unter den indischen Tees hingegen ist der Assam-Tee: Eher schwerer im Geschmack, wird er oft auch als Grundlage für die Zubereitung anderer, parfümierter Teesorten verwendet. Der billigste – und in Europa wohl am wenigsten bekannte Tee – ist wohl der Nilgiri-Tee, der im Südwesten des Landes auf einer Höe zwischen 800 und 1000 Metern angebaut wird.

Dann gibt es noch die Unterscheidung zwischen „First Flush“, „Second Flush“ und „Third Flush“ – dieser bezeichnet, in welcher Saison der Tee abgebaut wurde.

Klinge ich nun wie ein Snob? Ich bitte um Entschuldigung. Die Wahrheit ist: Ich kann vermutlich gerade mal einen Schwarzen Tee von einem Pfefferminztee unterscheiden – ich bin einfach ein schlechter Schüler. Aber dafür – haha! – habe ich auch gelernt, wie man Teebeutel bastelt – wenn es mit dem Scheiben also irgendwann nichts mehr wird, kann ich auch unter die Teebeutelbauer gehen.