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Reise

WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen - aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl

So werden wir in Zukunft reisen

Bag2Go: Auf dem E-Ink-Label wird der Zielort angezeigt
Bag2Go: Auf dem E-Ink-Label wird der Zielort angezeigt

Eigentlich sind Clowns sehr angenehme Zeitgenossen, und ich umgebe mich gerne mit ihnen. Nur, nach meiner Landung am Flughafen Köln-Bonn vor ein paar Wochen befand ich mich in einer ungewöhnlichen Situation; denn mein Koffer war in Wien zurück geblieben – und als ich das verlorene Gepäckstück reklamieren wollte, saß ich karnevalsbedingt einem Menschen gegenüber, der sich als Clown verkleidet hatte. Zwar war es erheiternd, als dieser kichernd und in kölschem Dialekt scherzend meine Daten aufnahm – sonderlich vertrauenserweckend war es aber nicht.

Geht es nach T-Systems, so sollen mit Hilfe des High-Tech-Koffers „Bag2Go“ solche Situationen in Zukunft vermieden werden. Über GPS teilt er seine Position stets den Servern der Deutschen Telekom mit, von denen der Nutzer die exakte Position seines Gepäckstücks abrufen kann; außerdem verfügt er über ein – von E-Readern wie dem Kindle – bekanntes E-Ink-Diplay, auf dem er seine Destination eigenständig anzeigen kann – das vom Bodenpersonal angebrachte Papier-Label wird somit hinfällig. Zudem kann sich der Koffer selber wiegen. Mittelfristig könnte dadurch, so verriet mir ein Mitarbeiter von T-Systems auf der CeBIT, der Koffer per Paketdienst direkt vom eigenen Wohnzimmer in das Hotelzimmer am Urlaubsort geliefert werden – der Reisende selbst müsste das Gepäckstück dann kein einziges Mal heben.

Alles digital

WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen - aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl
WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen – aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl

Durch Bag2Go würde eines der letzten Ärgernisse der analogen Reise-Welt fallen: Das Schleppen eines physischen Guts inklusive Schlange-stehen beim Baggage-Drop-Off. Denn die meisten anderen Bereiche sind inzwischen digitalisiert, und so wurde die Effizienz maximiert: Vor der Reise lassen wir uns über Seiten wie Pixmeaway.com ein Reiseziel vorschlagen, informieren wir uns auf digitalen Reiseführern wie wikitravel.org über die Destination, buchen anschließend den Flug online, suchen uns eine Unterkunft über Airbnb, Wimdu, 9flats, hotelscombined.com oder hoteltonight.com und checken kurz vor dem Flug auch online ein – die Bordkarte haben wir dann freilich am Smartphone. Vor Ort helfen uns Google Maps, Wikitude, sowie die Apps von Tripwolf und Lonely Planet bei der Orientierung. Magazine und Bücher lesen wir längst auf iPad und Kindle statt auf Papier.

Doch es gibt eine Phase der Reise, in der wir offline sind: Der Flug. Und auch das soll sich in Zukunft ändern.

Denn während bereits erste Versuche zu Internet über den Wolken von diversen Airlines durchgeführt werden, präsentierte T-Systems auf der CeBIT diverse konkrete Anwendungsszenarien. So soll es Managern möglich sein, auch während des Flugs Emails zu verschicken, Dinge im Web zu recherchieren, auf Firmen-Server zuzugreifen oder gar Videokonferenzen abzuhalten. Wer es verpasst hat, sich über seine Destination zu informieren oder ein Hotel zu buchen, kann dies online in letzter Minute machen. Und jene, die für die Liebsten zuhause kein Mitbringsel gekauft haben, können dies noch rasch am Heimflug erledigen – bezahlt werden kann per Handy-Geldbörse, abgeholt wird die Ware am Schalter des Zielflughafens. Zugegeben: Das ist nicht sonderlich ehrlich oder romantisch – aber eine brauchbare Lösung in letzter Minute.

Betriebsrat ante portas

Viele dieser Lösungen klingen in der Laborsituation gut und werden vermutlich tatsächlich dem Reisenden einige Unannehmlichkeiten abnehmen – ihre Praxistauglichkeit wird sich aber erst im Kontakt mit echten Menschen weisen. So wird etwa das Bezahlen von Waren mit dem Smartphone bereits seit Jahren propagiert, wirklich durchsetzen will es sich aber – zumindest in Europa – noch nicht. Außerdem wird sich die Frage stellen, wie das WLAN im Flugzeug genutzt wird, und zu welchen Kosten – und sind Videokonferenzen auf solch engem Raum eine gute Idee? Schützer von Betriebsgeheimnissen dürften nun ebenso die Stirn runzeln wie jene, die auf einem Langstreckenflug auch gerne mal ein Nickerchen machen, statt sich die Privatgespräche des Sitznachbarn anhören zu müssen.

Der Bag2Go-Koffer, der bereits zu Weihnachten 2012 erhältlich sein soll, wird sich ebenfalls beim Kunden erst noch durchsetzen müssen; auch müssen passende Geschäftsmodelle entwickelt werden. Und wenn der smarte Koffer wirklich flächendeckend eingesetzt werden sollte, wird es wohl einen Aufschrei bei den Betriebsräten diverser Airlines und Flughäfen geben. Denn dann steht ein Jobabbau beim Bodenpersonal auf dem Programm – während sich wiederum die Koffer-transportierenden Botendienste über neue Aufträge freuen können.

Der Personal-Punkt bringt mich schließlich zu einem abschließenden Statement in Bezug auf die Kölner Koffersituation: Keine Sorge, das Gepäckstück tauchte wenige Stunden später in meinem Hotel auf. Ich hatte mich umsonst gesorgt und aus der Geschichte etwas gelernt: Auch Clowns können kompetent sein. Selbst an Karneval.

Indien vs. Israel: Ein Reise-Vergleich

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Wildlife in Israel: Klein, aber fein (c) Stefan Mey

Vor ein paar Jahren habe ich im Rahmen eines Thailand-Urlaubs das besagte Reiseziel mit Indien verglichen und bin dabei zwar diplomatisch zum Schluss gekommen, dass Indien zwar mehr interkulturelle Grenzgänge bietet, dafür Thailand aber die schöneren Strände hat – die Wahl des Urlaubsziels sei daher Geschmackssache. Mir persönlich gefiel Indien allerdings besser – weshalb ich ja auch ein halbes Jahr dort war und sogar ein Buch über die Zeit dort geschrieben habe.

Über andere Länder habe ich seit meiner Indien-Reise, die vor genau zwei Jahren begann, nicht geblogged, auch wenn auf den Indien-Trip noch so manches Abenteuer folgte. Zum Beispiel bin ich nun bereits das zweite Jahr in Folge nach Israel gereist – und während ich im Vorjahr noch nicht so sehr das Bedürfnis zum Bloggen über meine Erfahrungen verspürte, möchte ich diesmal erläutern, warum es mich nun in ein Land zieht, das viele Menschen leider nur aus den abendlichen Nachrichten kennen. Hier ist er also: Mein Reise-Vergleich zwischen Indien und Israel.

Strände

Viele Menschen fahren auf Urlaub, um am Strand zu liegen – ich selbst zähle mich nicht zu dieser Sorte, habe aber gegen weißen Sand und blaues Meer generell nichts einzuwenden. Indien punktet hier an erster Stelle durch die exotischen Andamanen und das Hippie-Paradies Goa, Stadt-Strände wie jener von Bombay lassen den Reisenden am kulturellen Leben teilhaben, laden auf Grund der Verschmutzung aber wirklich nicht zum Baden ein.

Der Strand vom Tel Aviv wiederum ist ein Stadt-Strand, wie man ihn auch von so mancher europäischen Stadt kennt. Hier kann man ins Wasser hüpfen und den Sonnenuntergang vom Strand aus beobachten, mit modernen Hochhäusern im Rücken. In wenigen Stunden ist man von Tel Aviv aus per Bus am Roten oder Toten Meer – und letztgenanntes ist der USP der Israelis: Während man sonst heutzutage jede Sehenswürdigkeit auch auf Wikipedia und Google Street View bewundern kann, ist das Baden im Salzwasser des Toten Meeres eine einzigartige Erfahrung, die ich wohl niemals vergessen werde.

Geschichte und Religion

Indiens kulturelle Vielfalt kann einen Besucher regelrecht erschlagen – hier wälzen sich Jahrtausende an kultureller Entwicklung aneinander, Besucher können exotische Zeremonien verfolgen und ihren Horizont erweitern, wenn sie die richtige Einstellung dafür mit bringen. Wer etwas über Sikhismus, Buddhismus oder Hinduismus lernen möchte, der ist hier an der richtigen Adresse.

Nach Israel wiederum sollten jene Europäer reisen, die an den Wurzeln ihrer eigenen Religion interessiert sind. So gut wie jeder Ort in diesem kleinen Land hat eine Relevanz für die monotheistischen Religionen, der „Lonely Planet“ für Israel ist gespickt mit Bibel-Verweisen – selbst wenn es bloß um Jaffa, die Altstadt von Tel Aviv, geht. In Jerusalem geht es dann so richtig rund: Hier treffen in der Altstadt Vertreter von drei Weltreligionen zusammen, feiern ihre Feste, begehen ihre Pilgerfahrten, Muezzine und Kirchenglocken wettern um das Gehör der Besucher. Jerusalem ist das Varanasi der Buchreligionen – und nicht minder unterhaltsam.

Wandern und Wildlife

Die größeren Tiere gibt es ohne Zweifel in Indien zu sehen: Wer sich hier im richtigen Bundesland in einen Jeep setzt, der kann mit etwas Glück nicht nur gehörnte Viecher, sondern auch Elefanten und diverse Raubkatzen sehen. Damit bietet Indien weniger als diverse schwarzafrikanische Länder – aber mehr als der Schwarzwald.

Allerdings hat Indien den Nachteil, dass man dort nicht selbst aktiv werden kann – mit Ausnahme von Nischen-Programmen wie dem in meinem Buch beschriebenen Matheran. In Israel wiederum bin ich am Toten Meer bei knapp 40 Grad Celsius eigenständig durch die Wildnis gewandert – und hab dabei sogar ein paar Steinböcke gesehen.

Wer also gerne Tiere per Auto verfolgt, ist in Indien besser dran – wer gerne selbst aktiv ist, sollte auf Israel setzen.

Interkulturelle Flashs

Wie bereits zuvor beschrieben, ist Indien fremd, fern und exotisch – es gehört hier zum Alltag, sich von fremden Kulturen überraschen zu lassen und den Horizont zu erweitern, und der durchschnittliche Mitteleuropäer ist durch seine weiße Haut schnell bekannt wie ein bunter Hund.

In Israel gibt es diese Flashs auch – man muss aber länger danach suchen, meist ergeben sie sich erst in längeren Gesprächen. Auf den ersten Blick hingegen sind die Israelis den Mitteleuropäern extrem ähnlich, dank meines Vollbartes wurde ich gar mehrmals für einen Israeli gehalten – nicht zu vergessen ist immerhin die Tatsache, dass auch dieses Land mit vollem Einsatz am Eurovision Song Contest teilnimmt.

WLAN/WiFi

Manche Leute fahren scheinbar nur auf Urlaub, um endlich ungestört im Internet surfen zu können. Ich selbst ziehe es vor, auf Reisen so viel wie möglich offline zu sein und mich meiner unmittelbaren Umgebung zu widmen – gegen eine rasche Verfügbarkeit von Google Maps und booking.com im Bedarfsfall habe ich aber auch nichts einzuwenden.

In Indien findet sich vor allem in Großstädten WLAN in diversen Hotels und Bars; wer allerdings ständig online sein möchte, der ist wohl besser beraten, sich eine Wertkarte mit 3G-Internet zu holen – sonst könnte die Durststrecke bis zum nächsten Tweet vielleicht doch zu lang sein.

In Israel ist die WLAN-Dichte meiner subjektiven Wahrnehmung zufolge noch besser. Nicht nur, dass hier all meine Unterkünfte mit gratis WLAN ausgestattet waren und ich von vielen Cafes aus Zugriff auf das Web hatte – sogar während der Überlandfahrten in den grünen „Egged“-Bussen (das israelische Gegenstück zu Eurolines) gab es kostenloses WiFi.

Infrastruktur, Sicherheit und Hygiene

A propos Busse: Reisen ist in Israel einfach. Busse fahren zwischen den einzelnen Orten ebenso wie „Sheruts“: Mini-Busse, die als Sammel-Taxis fungieren und in denen man rasch mit Einheimischen ins Gespräch kommt. Da das Land sehr klein ist, kommt man sehr schnell von A nach B – während in Indien das Zugnetz zwar auch gut ausgebaut ist, die Züge aber erstens deutlich dreckiger sind und zweitens auf Grund der Größe des Landes Reisen oft sehr zeitaufwändig sind.

Einen weiteren Punkt gewinnt Israel in punkto Hygiene: Selbst öffentliche Toiletten sind sauber, das Leitungswasser kann man ungefiltert trinken – Punkte, die viele zartbesaitete Urlauber vor Indien zurück schrecken lassen.

In punkto Sicherheit hatte ich das Gefühl, dass der Israel-Reisende weniger Angst vor Taschendieben haben muss und generell weniger gebettelt wird als in Indien. Dafür sollte ein Israel-Reisender stets einen Blick auf das weltpolitische Geschehen haben – aus bekannten Gründen.

Kosten

Flüge nach Mumbai werden ab 650 Euro angeboten (plus Visum und Impfungen), mein Flug nach Tel Aviv hat mich 400 Euro gekostet – der Differenz stehen allerdings deutlich höhere Beträge vor Ort gegenüber. Meine billigste Unterkunft in Israel war ein Jugendherbergszimmer in der Altstadt von Jerusalem um 40 Euro, in Indien wiederum habe ich für manche Unterkünfte – allerdings mit Fröschen und Kakerlaken geteilt – unter 10 Euro gezahlt. Ein Essen in Indien kostet einen Euro, ein Burger mit Bier in Tel Aviv kostet 20 Euro.

Stellt man die Fixkosten (Flug, Visum, Impfungen) den variablen Kosten (Schafen, Essen, Alkohol, Ausflüge) gegenüber, so ergibt sich, dass ein Trip nach Fernost ab einer Reisezeit von circa zwei Wochen billiger kommt als ein gleich langer Ausflug in den Nahen Osten.

Fazit

Eine eierlegende Wollmilchsau gibt es nie – auch nicht in Bezug auf das Reiseziel. Klar ist für mich freilich, dass meine Liebe zu Indien nicht so schnell nachlassen wird – dafür schätze ich zu sehr die Möglichkeit, auch mit einem geringen Reisebudget Erfahrungen zu sammeln, die einfach unvergesslich sind.

Allerdings habe ich in Israel eine gute Alternative gefunden für den Fall, dass ich nur wenige Urlaubstage zur Verfügung habe und dennoch ein famoses Abenteuer erleben möchte. Womit für mich klar ist, dass mich beide Länder sicher früher oder später wieder als Gast begrüßen dürfen – über die entsprechenden Erfahrungen lesen Sie dann auf diesem Kommunikationskanal.

Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB

Offener Brief: ÖBB-Kunden als Verbrecher?

Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB
Zug-Diebe? Verbrecher? (c)ÖBB

Sehr geehrte Damen und Herren,

Bevor ich in medias res gehe, möchte ich Sie gerne darauf hinweisen, dass ich bereits seit etlichen Jahren vielreisender Kunde der ÖBB bin. Ich schätze besonders die Umweltfreundlichkeit der Verkehrsmittel und die Höflichkeit des Personals. Schade, dass es auch schwarze Schafe gibt.

Als ich am 12.4. um 7:15 mit der S7 zum Zweck einer Rom-Reise von Wien Landstraße mit meiner Freundin zum Flughafen Wien fuhr, wollte ich mir ein Ticket am Automaten kaufen. Das Prozedere ist altbekannt: Ab Stadtgrenze anwählen, Reiseziel angeben, bezahlen.

Leider akzeptierte der Automat unseren Geldschein nicht, und das Prozedere musste wiederholt werden – was nicht weiter schlimm ist. Leider übersahen wir in der Eile jedoch, das Feld „sofort entwerten“ beim zweiten Durchlauf anzuwählen. Denn der Automat geht vorerst davon aus, dass der Fahrschein später entwertet wird. Warum nehmen die ÖBB an, dass Käufer eines Fahrscheins diesen nicht sofort verwenden wollen? Ich weiß es nicht. Wissen ausländische Touristen, was sie tun müssen? Vermutlich nicht.

Nachdem wir uns noch Reiseproviant besorgt hatten, begaben wir uns zum Gleis. Dort hielt ich flüchtig Ausschau nach einem Automaten zum Entwerten, fand aber keinen. Na gut, dachte ich mir: Das gewohnt freundliche Personal der ÖBB wird mich wohl verstehen.

Dem war nicht so.

Als ich den zuständigen Kontrolleur freundlich um die Entwertung des Fahrscheins bat, entgegnete dieser lautstark und mit sichtlich gesteigertem Blutdruck, dass dies nicht möglich sei. Weiters bezeichnete er mich und meine Lebensgefährtin als „Verbrecher“ und warf uns die „Erschleichung einer Dienstleistung“ vor. Auf eine Bemerkung meinerseits zu seiner unvorsichtigen Wortwahl drohte er mit der Einschaltung der Polizei. Die Versuche anderer, sichtlich schockierter Fahrgäste zur Beruhigung des cholerischen Kollegen waren diesem egal und verliefen daher fruchtlos.

Auf dem Weg zum Bankomaten zwecks Begleichung der Strafe von insgesamt 130 Euro versuchte ich erneut, die Wogen zu glätten und schilderte den Vorgang des Ticket-Kaufs. Ihr Kollege behielt seinen lauten Tonfall bei, warf uns ein weiteres Mal ein „Verbrechen“ vor und fragte mich barsch, ob ich der deutschen Sprache mächtig sei. „Ich bin Journalist, ich arbeite täglich mit Sprache“, antwortete ich – und dachte mir: Doch was machen ausländische Touristen? Werden Sie ob dieser österreichischen Gastfreundschaft das Land ein weiteres Mal beehren? Wohl eher nicht.

Da der Kollege sich partout weigerte, seinen Namen preis zu geben, sehe ich keinen Grund, diesen Sachverhalt nicht auch auf meinen Blog und auf diversen Social Media-Kanälen zu publizieren. Weitere sei angemerkt, dass der Kollege bei jeder noch so kleinen Erwiderung mit dem Einschalten der Polizei zu drohen – in dem Wissen, dass wir einen Flug zu erwischen haben.

Mir persönlich ging dies nicht allzu nahe, als Journalist ist man Beleidigungen und Drohungen aus dem Alltag gewohnt; doch meine Freundin, ein sehr friedliebender Mensch, war zutiefst betroffen durch das barsche Verhalten und die Beschimpfungen. Unser Reise-Erlebnis wurde durch diese Erfahrung extrem getrübt.

Vermutlich waren wir im Unrecht, wir hätten auch unter Zeitdruck in den frühen Morgenstunden die Fehler des Ticket-Automaten ausbügeln müssen. Dennoch möchte ich sie darauf hinweisen, dass ich als vielreisender Kunde eine Entscheidung treffen kann: Sofern ich von Ihnen keinen Nachweis für die Optimierung des Systems inklusive Schulung der sozialen Kompetenz Ihrer sichtlich frustrierten Mitarbeiter erhalte, werde ich vorerst auf andere Verkehrsmittel umsteigen.

Denn der Kunde ist in Österreich nicht König – sondern wird entweder in die Kaste der Kriminellen degradieret, oder fühlt sich wo anders als Kaiser.

Schutzmaßnahmen gegen Moskitos, Wanzen und Kakerlaken

Meine letzte Nacht in Chennai verbringe ich nochmals in einer Billig-Unterkunft. Das bedeutet: Schutzmaßnahmen ergreifen, gegen allerlei Ungetier. Bedingt durch meine vorherige Erfahrung bin ich nun schlauer; und ich weiß, was ich tun muss:

  1. Gleich nach dem Einchecken schalte ich die Klimaanlage an. Ich stelle sie auf die kälteste Stufe (15 Grad) und lasse sie den ganzen Tag laufen.
  2. Bei meinem abendlichen Eintreffen liegen bereits etliche Moskitos erfroren auf meinem Bett. Aber ich gehe auf Nummer Sicher: Ich spraye das gesamte Zimmer ab, vor allem die Vorhänge – dort verstecken sich gerne die Kakerlaken.
  3. Dann spraye ich Moskito-Schutz auf meinen gesamten Körper.
  4. Ich ziehe eine lange Hose und ein langärmliges Hemd an, sodass keinerlei Untier an meine Gliedmaßen kommt.
  5. Ich krieche in meinen Schlafsack, schließe ihn bis zum Hals und achte darauf, dass meine Arme unmöglich das sicher mit Wanzen verseuchte Bett berühren können.

Und siehe da: Am nächsten Tag wache ich tatsächlich unversehrt auf. Na bitte, geht doch. Bandagiert in meine Alltagskleidung krieche ich aus meinem Schlafsack wie eine untote Mumie aus ihrem Sarkophag. Kurz darauf verlasse ich Chennai glücklich und fahre mit dem Zug Richtung Industriemetropole Coimbatore.

Aufbruch in den Süden

Meine Reise durch Indien währt nicht mehr lang, gerade mal etwas mehr als einen Monat. Die Zeit ist schnell vergangenen Wochen – und gleichzeitig habe ich das Gefühl, viel gelernt und erlebt zu haben, dieses so vielfältige Land doch zumindest ein wenig weiter verstanden zu haben. Das Rezept dafür war wohl eine gelungene Kombination aus Arbeiten und entspannenden Aufenthalten an den touristischen Hotspots: Konferenzen, Messen und Meetings auf der einen Seite – Ausflüge zu Stränden und Hill Stations auf der anderen Seite.

Genauso – das überlege ich mir während der Planung der nächsten Wochen – soll es eigentlich weiter gehen. Ich möchte arbeiten und das Leben der indischen Mittelklasse weiter erforschen, andererseits aber auch etwas vom Land sehen. Und so überlege ich mir für die verbleibende Zeit eine längere Reise: Ich werde nach Chennai fliegen, mich von dort bis Bangalore hoch arbeiten, dann nach Delhi auf eine Comic-Messe fliegen und anschließend noch die Berge erforschen – vorausgesetzt, ich habe dann wirklich Lust auf Kälte. Wenn ich dabei meinen Horizont erweitere, kann mir das nur Recht sein – Pflichtgepäck sind allerdings Laptop und Handy mit mobilem Internet, so dass ich auch im tiefsten Wald Artikel schreiben und nach Österreich verschicken kann.

Was muss ich sonst noch einpacken? Ich werfe einen Blick auf meinen großen Rollkoffer und stelle fest, dass er viel unnötigen Ballast enthält: Nicht nur diverse Bücher und Prospekte, die ich mir zu Recherchezwecken innerhalb der letzten Monate angesammelt habe, sondern auch Dinge, die im Westen auf keiner Geschäftsreise fehlen dürfen. Ein Bart-Trimmer, mit dem ich regelmäßig meinen Vollbart stutze – ein solches Gerät ist überflüssiges Gepäck, zumal es ja Barbiere gibt. Auch auf meinen Kulturbeutel werfe ich einen Blick: Vor ein paar Tagen war eine Kakerlake darin gesessen und hatte es sich auf meiner Zahnbürste bequem gemacht. Inzwischen habe ich eine neue Bürste gekauft; ich stecke sie in einen Tiefkühlbeutel, gemeinsam mit einer Tube Zahnpasta, und schmeiße den Kulturbeutel weg.

Auch meine kurze Hose, die ich ursprünglich auf Grund des warmen Wetters für eine gute Idee gehalten hatte, brauche ich nicht – Shorts sind in Indien einfach unüblich. Und mein Blick fällt auf die zwei Anzüge, die im Westen bei jeder längeren Geschäftsreise eine gute Idee gewesen wären – in Indien aber, so habe ich festgestellt, sind Hemden alleine bei jedem Geschäftstermin ausreichend. Wer will schon bei 40 Grad Außentemperatur mehr Kleidung als nötig tragen? Ich trenne mich von einem Anzug; vom anderen nehme ich wenigstens das Sakko mit – weniger aus ästhetischen Gründen, sondern um mich dann im Norden teilweise vor der Kälte zu schützen. Aus dem gleichen Grund schafft es auch mein schwarzer Rollkragen-Pulli ins Reisegepäck.

So. Den großen Rollkoffer inklusive westlicher Kleidung lasse ich bei Freunden; und diese geben mir freundlicherweise eine kleinere Version mit auf den Weg, in der ich die brauchbare Kleidung, die wichtigsten Unterlagen, meinen Laptop und einen Schlafsack verstaue. Mit weniger als zehn Kilo Gepäck breche ich somit zu einer einmonatigen Reise quer durch Indien auf.