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Wien | Vienna

Weihnachts-Shopping: Offline doch besser als online?

Der technophile Teil meines Ichs hat ja längst verstanden, dass man Weihnachtsgeschenke am Besten in virtuellen Kaufhallen besorgt. Denn wer online konsumiert, der kann dies gemütlich von zuhause aus tun, muss nicht hinaus in die Kälte, in die Massen, in die echte Welt mit all ihren zahlreichen Nachteilen. Doch leider steht diese rational begründete Zukunfts-Euphorie meinem Laster der Prokrastination gegenüber, was de facto bedeutet: In Wahrheit bin ich jede Jahr zu spät dran, als dass die Geschenke rechtzeitig zum Aufbruch in die allweihnachtliche Fernreise auf meinem Postamt landen. Denn: Wer online bestellt, gibt Macht ab – und zwar nicht an irgendwen, sondern ausgerechnet an Lieferdienste und die Post, die wohl unzuverlässigsten Outsourcing-Partner des uns bekannten Universums.

Also, auch heuer wieder die leidige Last-Minute-Entscheidung: Es muss die Mahü sein.

Diese geographische Region, mitten in Bobostan gelegen, gilt für den Konsumkritiker als die Hölle auf Erden: Hier sagen sich Systemgastronomie, Kleidungsgeschäfte mit den Früchten ertragreicher Kinderarbeit und dubiose Spenden-Keiler täglich Guten Tag und Gute Nacht – wer Moral hat, der meidet die Mariahilfer Straße, erst recht zur Weihnachtszeit. Wer allerdings muss, der muss – und heuer hatte ich einen Plan, um mir die lästige Pflicht des gesellschaftlich und religiös vorgeschriebenen Geschenke-Konsums so angenehm wie möglich zu machen: Auf die eigenen, von Natur gegebenen Ur-Wurzeln besinnen.

Ja. Ich bin ein Männchen. Auf der Jagd. In einer lebensfeindlichen Umgebung.

Und nicht nur, dass dieser Raum lebensfeindlich ist; er ist auch vollkommen transformiert. Mein erster Blick, als ich von der Zieglergasse aus das Schlachtfeld betrete, fällt auf den Thalia: Ein Geschäft, das in erster Linie Papier-Bücher verkauft. Diese Gegenstände, die im 21. Jahrhundert vermehrt an Bedeutung verlieren, finden absurderweise im Dezember einen reißenden Absatz – selbst liest heute kaum noch jemand ein gedrucktes Buch, aber den Nächsten kann man damit ja vielleicht zufrieden stellen. Die Menschen stehen Schlange, um hinein zu kommen.

Ebenso verhält es sich mit dem Riesen-Spielzeugimperium „Müller“, vor dessen Eingang sich die Menschenmassen tummeln. Die „Spielerei“ hingegen, früher als kleines, aber feines Geschäft eine garantierte Anlaufstelle für intellektuell hochwertige Freizeitbeschäftigung im Kreis der Liebsten bekannt, musste inzwischen einem Laden für Computer-Games weichen. Dies ist der Geist der Zeit.

Mein Weg treibt mich weiter in die großen Kaufhäuser. Die hier anzutreffenden Menschenmassen pflegten mich früher abzustoßen – nun weckt das anlassbezogene Getummel aber fast ein wenig Erinnerungen an den Alltag im fernen Indien. Ich sehe Kosmetik, Kleidung, und viele, viele andere blinkende, lustige Dinge; doch ich bin mir meiner Mission bewusst: Ein bestimmtes Wild muss ich erledigen, es dann nach hause in meine Höhle schaffen, von mystischen Naturwundern wie exotischen Düften darf ich mich nicht ablenken lassen.

An der Wasserstelle angekommen, erblicke ich die farbenfrohe Vielfalt des zu erlegenden Wilds und bin vorerst entzückt – erkenne aber auch, dass  andere Raubtiere hier ebenso aktiv sind… man fährt über einander hinweg, weicht geschickt den Rempel-Angriffen aus, beobachtet die Strategien des anderen und kopiert die Verhaltensweise, um im Sozial-Darwinismus in höhere Höhen hinauf klettern zu können. „Wir könnten XY besorgen“, sagt etwa ein Weibchen neben mir. „“XY?!?“, denke ich erstaunt: Diese Idee war mir noch gar nicht gekommen – doch ich verwerfe den Gedanken gleich wieder: XY ist für meine Zwecke nicht geeignet – ich brauche YX, das habe ich mir fest in den Kopf gesetzt. Bleib beim Plan, Stefan, bleib beim Plan. Nur so kannst Du diese Hölle überleben. Eine dickliche Verkäuferin brüllt mit hochrotem Gesicht durch die Massen: „WER HAT MICH NACH XY GEFRAGT?“… keine Antwort: „ICH  HABE XY GEFUNDEN…. WER VON IHNEN HAT MICH GEFRAGT???“

Bleib fokussiert, Stefan. Du willst XY nicht.

Leider findet sich aber das YX, welches ich für unseren Stammesältesten (a.k.a. mein Vater) besorgen wollte, nicht unter den Beutetieren. Ich muss also ein YZ erlegen, nehme für seine Squaw gleich ein XZ mit und für mein eigenes Weibchen ein ZZ – gerade rechtzeitig, bevor eine andere Sexualgemeinschaft zuschlagen kann. Das Weibchen murmelt etwas, worauf das Männchen mit panischem Gesichtsausdruck erwidert, dass der Thalia zu dieser Zeit sicher kein angenehmer Aufenthaltsort sei.

Ich für meinen Teil habe aber meine Beute erlegt und bin glückselig. Nun muss ich nur noch durch das Nadelöhr namens „Kassa“; schon nach einer halben Stunde darf auch ich meinen Beitrag zur Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts leisten.

Rasch fülle ich die Beute in einen Beutel und stürme aus dem Turm des Terrors, um das erlegte Wild heim in meine Höhle zu bringen, wo das Weibchen schon auf mich wartet. In freier Wildbahn spricht mich ein anderes Männchen an; ich schüttele hastig den Kopf und eile davon. „Was wollte er von mir?“, denke ich, während mich meine Füße weiter tragen. Er hatte irgendetwas von „Kerze“, „Kirche“ und „Jesus“ geredet… geht es darum etwa, wenn wir von Weihnachten reden? Nicht, oder? Es geht um Geschenke, die Befriedigung unserer Bedürfnisse und die Steigerung des Umsatzes der großen Handelsketten. Online ebenso wie offline. Alles andere hat im 21. Jahrhundert längst an Bedeutung verloren.

In diesem Sinne wünsche ich den Leserinnen und Lesern schon jetzt ein glückliches Weihnachtsfest. Im Idealfall mit ein paar ruhigen, besinnlichen Stunden. Man sagte mir, an einem Ort namens „Kirche“ könne man so etwas finden. Doch dies ist nur eine Legende, aus längst vergangenen Tagen.

Das iPhone5: Eine Party-Bremse?

Als ich Apples neue Wunder-Werkzeug, das iPhone 5, erstmalig in Betrieb nahm, war es Freitag Abend; und schon kurz darauf waren Freunde zu Besuch – eine optimale Möglichkeit also, die Praxis-Tauglichkeit des Smartphones gleich in freier Wildbahn zu testen.

Wie zu erwarten, sorgte das Design für zahlreiche „Ohhhs“ und „Ahhhs“ – Jeder wollte es mal mit der Hand abwiegen, und man war sich einig: Die 18 Gramm Gewichtsunterschied kann man spüren, es ist um beeindruckende 1,7 Millimeter dünner – faszinierend sei auch die Möglichkeit, eine weitere Reihe an Apps auf dem Bildschirm zu platzieren, und das Scrollen durch das Menü geschehe in einer noch nie dagewesenen Geschwindigkeit.

Doch mit fortschreitender Stunde entwickelte sich das iPhone 5 vom Objekt der Begierde zur Lachnummer.

Dazu sei an dieser Stelle erwähnt, dass in meinem Haushalt auf akustischer Ebene Basisdemokratie herrscht: Damit sich Gäste nicht mehr über meinen schlechten Musikgeschmack beschweren, habe ich eine kleine schwarze Box gekauft – über diese können meine Gäste via Bluetooth von ihren Smartphones aus meine HiFi-Anlage mit eigener Musik bespielen.

Gerne hätte ich selbst zur musikalischen Gestaltung beigetragen – nur scheiterte das Aufrufen eines YouTube-Musikvideos am Vorhandensein der dafür benötigten App. Also: App Store starten, App herunterladen.

Ähnlich ging es mit Google+. Das Netzwerk verwendet mein Freundeskreis auf Events gerne, um Fotos zu teilen. Auch diese App muss ich herunter laden – sowohl bei YouTube als auch bei Google+ muss ich mich aber wundern, weshalb der Download so schrecklich lange dauert… und der Fehler ist rasch gefunden: Via iCloud habe ich dem Handy aufgetragen, auf seine 16 GB kleine Festplatte alle Daten meines 64 GB großen iPod Touch zu laden. Also: Alte Podcasts löschen, und auf die Fortsetzung des Downloads hoffen.

Als Google+ endlich fertig herunter geladen ist, kann die App aber nicht auf die Galerie des Apple-Geräts zugreifen. Das ist schade. Aber dafür gibt es von Apple ja eine eigene Lösung, um via „Fotostream“ Schnappschüsse mit Bekannten zu teilen – als ich am nächsten Tag Freunde per Mail zum Betrachten meiner Bilder einlade, gibt es kaum Reaktionen: Sich wieder neu irgendwo anmelden? Eher nicht.

Am Ende des Abends habe ich also sehr viel Zeit auf der eigenen Party mit dem Löschen von Dateien verbracht, konnte meine Lieblingsmusik nur nach zeitlicher Verzögerung mit den Freunden teilen und muss meine Fotos für mich behalten. Immerhin, so denke ich mir, hat das Treffen in meinen eigenen vier Wänden stattgefunden – sonst hätte ich mich auch noch geärgert, dass in meinem gesamten Bekanntenkreis kein einziges Ladegerät mit dem meinigen kompatibel ist.

Hier kommt der Herbst

Die Tage werden kürzer und außerdem dunkler. Es wird kälter, und wir müssen und wieder mehr anziehen. Vorbei ist die Zeit der Bikinis, der kurzen Röcke, der Shorts und der Sonnenbrillen. Vorbei die Zeit des Sportelns im Freien und des gemütlichen Abhängens an Badeseen oder dem Donaukanal. Vorbei die Zeit, in der man in eine neue Wohnung umziehen kann, ohne dass die Hälfte des Hab und Guts von Regen, Eis, Schnee oder Hagel zerstört wird. Vorbei die Zeit, in der man mal einfach so sich im MQ auf ein Enzi lümmelt, um gleich darauf mit einem anderem Menschen ins Gespräch zu kommen – egal ob Fremde oder Bekannte.

Aber auch vorbei: Die Zeit des ständig rastlosen Suchens nach einem neuen Abenteuer. Der permanente Zwang, die Wohnung zu verlassen, um Sonne aufzusaugen. Das Sommerloch, in dem sich so wenig getan hat, kaum spannende Konferenzen waren und sich ständig ausgerechnet jene Leute im Ausland aufhalten, die man eigentlich gerade braucht. Vorbei die Zeit, in der sich Autos, Vespafahrer und Radfahrer um das Vorrecht im Straßenverkehr balgten – denn den beiden letztgenannten ist es ab nun zu kalt, sie überlassen das Schlachtfeld daher freiwillig den CO2-Schleudern.

Ohne Frage hatte Rilke Recht: „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben“. Doch für alle anderen gilt: Einmotten in die eigenen Wände. Sofa, Tee und Kuscheldecke genießen. Endlich mal die Serien und Filme schauen, für die im Sommer keine Zeit war. Oder ein Buch lesen. Oder – ja, ganz Recht – endlich wieder diesen Blog füllen, der über die vergangenen Wochen viel zu lange ruhen musste.

„Staycation“ ist auch mal nötig

Früher nannte man so etwas „Balkonien“. Aber nachdem urbane Kosmopoliten erstens sehr anglophil sind und zweitens meistens gar keinen Balkon besitzen, setzt sich aktuell ein neues Trend-Wort durch: „Staycation“ – also eine Fusion der beiden Wörter „Stay“ und „Vacation“. Ein Urlaub, bei dem man zuhause bleibt quasi. Oder zumindest in der näheren Umgebung, also im deutschsprachigen Raum. Und für mich war das in diesem Sommer die beste Option.

Erstens – offen gesagt – aus Kostengründen. Wer ein halbes Jahr in Indien war, dann noch jeden Monat einen Wochenendtrip innerhalb Europas durchzieht, anderthalb Wochen in Israel rumhängt und schließlich noch einen Umzug in eine neue Wohnung inklusive Renovierung und Kauf einer neuen Küche finanziert, der muss irgendwann aufs Geld schauen. Und siehe da: Meine Woche Urlaub hat mich in Summe vielleicht einen niedrigen dreistelligen Betrag gekostet – und das, obwohl ich durch vier Länder gefahren bin.

Viel wichtiger ist aber etwas anderes – nämlich die Tatsache, dass ich nach meiner Zeit in Indien zwar weiter viel reiste, aber immer wieder feststellen musste: Nichts auf der Welt kann mit dem Staub Matherans, den Kakerlaken Chennais oder einer Öko-Farm irgendwo bei Coimbatore mithalten. Und: Demzufolge ist es in Indien zwar am schönsten; am zweitschönsten aber ist es zuhause, vor allem in Wien – oder warum sonst sollten so viele Touristen jedes Jahr meine Stadt belagern? Eben.

Dennoch bin ich am ersten Tag meines Urlaubs ins Ausland gefahren, wenn auch nicht allzu weit weg: Meine jüngste Nichte wurde in der Schweiz getauft, und das will man sich als stolzer Onkel nicht entgehen lassen. Am zweiten Tag bin ich dann gleich mit meinen Eltern via Auto von der Schweiz über Lichtenstein nach Deutschland gefahren – drei Länder an einem Tag also – und habe ein paar entspannende Tage an einem bayrischen See verbracht.

Wenn an einem Mittwoch Feiertag ist, gibt es am Dienstag davor logischerweise in einer Stadt wie Wien immer jemand, der eine Party feiert; in diesem Fall eine 50er-Party, für die ich mich vom Großteil meiner Gesichtsbehaarung zugunsten gewaltiger Koteletten trennte. Und, nein: Fotos werden auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht ins Web gestellt. Keine Chance.

Am Mittwoch folgte dann das Ausnüchtern; und am Donnerstag wurden mal ein paar Punkte auf der To-Do-Liste abgearbeitet: UPC-Internet einrichten lassen, längst überfälliges Pickerl bei der Vespa machen lassen, im Saturn eine neue Küche kaufen. So. Und wer das alles erledigt hat, darf sich freilich auch wieder eine Entspannung gönnen.

Somit habe ich mich am Freitag in das Auto des werten Braunbären gesetzt und bin mit ihm nach Retz gefahren, wo wir mit dem Rest des Debattierclubs das Wochenende verbracht haben: Grillen, im Freibad sich unters Ozonloch legen, viel Wein trinken – und obendrein hat der Peqer seiner Freundin auch noch einen Ring unter die Nase gehalten. Und sie hat ja gesagt.

Abschließend habe ich mir mit meiner Liebsten am Sonntag Abend noch die Inline-Skates umgeschnallt und bin mit ihr bei Sonnenuntergang an der Donau entlang gesportelt. Sonnig war es, und warm, und alle Menschen waren gut gelaunt; obendrein hatte ich in den vergangenen Tagen auch wirklich etwas auf die Reihe gebracht und konnte mir selbst auf die Schulter klopfen – ein richtig gutes Gefühl. Stellt sich nur die Frage: Warum fährt man überhaupt noch weg?

Es kommt immer auf den User an

Wien. In Österreich – einem Land, das weltweit die Top-Ränge in Sachen Lohn- und Bildungsniveau einnimmt – kann die morgendliche Fahrt in der U-Bahn recht langweilig sein: Gespräche finden nur selten statt, stattdessen fahren die Menschen nervös mit den Fingern über die Bildschirme ihrer Smartphones.

Smartphones, diese Dinger gehören zu den tollsten Erfindungen des noch jungen Jahrhunderts. Ortsungebunden kann man damit arbeiten, heißt es: Im Web nach Informationen suchen, Emails schreiben, gemeinsam Dokumente bearbeiten, Nachrichten aus aller Welt lesen, Börse-Kurse live mit verfolgen – Cloud Computing, Mobile Collaboration und Enterprise Mobility lauten die Schlagwörter, die ein neues Zeitalter der golden Produktivitäts-Effizienz einläuten sollen.

Ein Blick auf das Display meines Sitznachbarn in der U3: Er spielt „Angry Birds“.

User in der Verantwortung

Es heißt immer, man darf den Erfinder des Messers nicht dafür verantwortlich machen, was die Menschen mit dem Messer anstellen – sie können damit jemanden erdolchen, oder sich auch einfach eine Mahlzeit zubereiten.

Ähnliches gilt wohl auch für moderne Gadgets, und zwar in der gesamten Bandbreite: Auf Smartphones und Tablet-PCs kann produktiv zum Wirtschaftswachstum beigetragen oder wertvolle Zeit durch hirnlose Spiele verplempert werden; und auch im Web gibt es einen unendlichen Fundus des Wissens nebst kriminellen Inhalten jeder Art.

Selbst E-Reader, die an sich keine Ablenkung durch plumpe YouTube-Videos oder hirnlose Spiele bieten, sind eine Falle: Das Äußere des Geräts sieht stets gleich aus – unabhängig davon, ob mein Sitnachbar in der U-Bahn gerade den Literatur-Klassiker „Schuld und Sühne“ oder das Schmuddel-Äquivalent „Schuld und Sünde“ liest.

Doch es gibt auch gute Nachrichten: Manche Tools wurden ursprünglich für einen zweifelhaften Zweck entwickelt, zeigen aber in der Realität ihren wahren Nutzen. Die App „Snapchat“ etwa verschickt MMS, die sich nach kurzer Zeit selbst zerstören. Entwickelt wurde das zwar ursprünglich für das „Sexting“ – also das Versenden von Schmuddel-Fotos via Handy -; wir haben die App allerdings als ein praktisches Tool für Möchtegern-Spione entdeckt, denn neben nackter Haut können auch Unternehmens-Informationen mit dieser Technologie nur kurzfristig verfügbar gemacht werden.

Im Endeffekt kommt es dann wohl auf den User an: Die Technologie steht bereit, um uns produktiver und effizienter arbeiten lassen. Und es liegt an uns, ob wir dieses Angebot annehmen – oder lieber Blödsinn damit anstellen.

Aus Gründen der Effizienz-Maximierung erschien dieser Beitrag auch in der TechZone des WirtschaftsBlatt.

Habemus Universitätsring

Den „Dr.-Karl-Lueger-Ring“ in Wien gibt es bald nicht mehr; stattdessen heißt er künftig ganz neutral und unpolitisch „Universitätsring“. Gebildete Menschen finden das gut. Woher ich das weiß? Weil ich im Lauf meiner akademischen Karriere ausreichend Zeit mit Mitarbeitern der Universität verbracht habe – und diese betonten stets, wie schwer ihnen die eigene Postanschrift das Leben machte. „Dr. Lueger mag vielleicht für seine großartigen Leistungen für die Stadt Wien bekannt sein“, sagte einst ein Professor in einer Publizistik-Vorlesung: „Aber auf internationaler Ebene ist er aber hauptsächlich bekannt als Vorbild Adolf Hitlers und Antisemit.“ Das ist im Schriftverkehr mit anderen Wissenschaftlern und Historikern dann schon ziemlich peinlich. Und eine Änderung wünschte man sich wirklich.

Mit Vorschlägen tat man sich aber stets schwer. Erstens stand die österreichische Parteipolitik immer zwischen der Universität und einer neuen Adresse; zweitens konnten sich die Kollegen untereinander nicht einigen. „Es gab mal den Vorschlag zu einem ‚Siegmund-Freud-Ring‘, aber da waren dann die Feministinnen dagegen, weil er sexistisch war“, sagte mir mal Peter Huemer – und fügte hinzu: „Ich habe mich dann aus der Diskussion heraus gehalten.“ Und damit war er nicht alleine: Irgendwie hatten wir alle schon längst resigniert.

Und nun ist es also doch soweit, und eigentlich sollten wir uns freuen. Tun aber nicht alle. Seniorenvertreter bezeichnen die Entscheidung etwa als „willkürlich“ und „unhistorisch“… wie bitte? Gewartet hat die Stadt auf diese Entscheidung etliche Jahrzehnte, und den Uni-Angestellten dürfte endlich ein Stein vom Herzen fallen. Hinzu kommt freilich wieder mal, dass das Hickhack der Parteipolitik beginnt; politische Gegner sehen ein gefundenes Fressen, der rot-grünen Regierung Dreck an den Kopf zu werfen – Wichtigste Forderung: Man solle gefälligst nicht auf dem armen Lueger rum hacken, sondern sich auch mal andere Straßennamen vornehmen.

Und damit haben sie zumindest teilweise recht.

Denn Wien wimmelt nach wie vor von von braunen Flecken, die man reinwaschen sollte – und eine Kommission der Universität prüft derzeit tatsächlich 4100 Straßennamen auf ihre politische Verträglichkeit. Hilfe dabei kann ich bieten; schließlich habe ich schon vor einiger Zeit die Nachlässigkeit Wiens und anderer österreichischer Städte mit der Aufarbeitung der Vergangenheit im Stadtbild beschrieben.

Wenn die Kommission fündig wird, sollte man dementsprechend tätig werden. Die Umbenennung des Ring-Abschnitts ist aber jedenfalls ein guter Schritt – und weitermachen könnte man gleich bei dem Platz am Ring, der drei Gedenktafeln, dem Hof, der Kirche, dem Brunnen, der Brücke, der zahlreichen Denkmäler und der Eiche, die ebenfalls den Namen des Antisemiten tragen. Es würde unserer internationalen Anerkennung gut tun.