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Geld | money

Papier ist tot, lang lebe Papier! (Teil 1)

Gestern hat ein lieber Mensch Geburtstag gefeiert. Und da man lieben Menschen zum Geburtstag ein Geschenk macht, machte ich mir entsprechende Gedanken: Sie steht auf „Winnie the Pooh“ und hasst Technik-Spielzeug. Also, Geistesblitz meinerseits: Den Literaturklassiker, den ich am Wochenende auf dem iPad gelesen hatte, als Buch kaufen. Ich meine: Ein richtiges Buch. Zum Anfassen. Papier und so.

Da es für eine Amazon-Bestellung schon zu spät war, machte ich mich auf zur Mariahilfer Straße. Einkaufen, in echten Geschäften und so. Und wenn ich schon mal dabei war, nahm ich mir auch gleich vor, in einem kleinen Geschäft einzukaufen, statt im großen Thalia. Kleinunternehmer fördern, das war das Programm.

Dann aber der erste Schock: Der nette kleine Buchladen, unten beim MQ, der hat inzwischen zu gesperrt. Stattdessen ist dort nun ein weiterer Laden, der Billig-Sonnenbrillen und sonstigen Ramsch verkauft. Schade, denn dort habe ich mich immer gerne beraten lassen und Bücher gekauft… früher mal.

Also pilgere ich die Straße hinauf Richtung Thalia. Dabei fällt mir auf, wie wenig Buchläden es auf der Mahü gibt… war das schon immer so? Klammottenläden gibt es zuhauf, und Fastfood-Buden à la McDonalds und Starbucks… aber der nette, kleine Buchladen mit dem literaturbegeisterten Germanistik-Studenten im 9. Semester, der einem zu jedem Klassiker seine Meinung kund tun kann? Fehlanzeige.

Auf dem Weg Richtung Thalia komme ich noch an zwei kleinen Läden vorbei und frage nach – aber in deren beschränktem Sortiment findet sich das Buch, das in 25 Sprachen übersetzt wurde und eines der beliebtesten Kinderbücher aller Zeiten ist, leider nicht. Müden Fußes erreiche ich dann also schließlich doch den Thalia und finde dort eine Ausgabe, sogar eine sehr schöne.

Und am Abend freut sie sich dann. Und ihre Freunde auch; und jeder hält das Buch mal in der Hand, blättert darin, lächelt dabei. Und ich freue mich, dass ich doch fündig geworden bin, doch in meinem Hinterkopf ist da eine Stimme, die mir sagt, dass sich die Dinge ändern: Was ist aus den netten kleinen Geschäften geworden? Und aus den Germanistik-Studenten, die dort gearbeitet haben? Und aus den Tagen des herzlichen Stöberns und Sich-Beraten-Lassens?

Haben wir es mit der Online-Euphorie vielleicht ein wenig übertrieben?

Etwas läuft hier falsch

Manchmal braucht es Bilder und direkte Vergleiche, um gigantische Zahlen in Worte zu fassen. Ein guter Freund hat mir heute dankenswerterweise einen Link geschickt, der dieser Aufgabe gerecht wird: Hier wird zusammen gefasst, was allein mit dem Geld gemacht werden könnte, das BP an Wert verloren hat – Reinigungskosten sind hier nicht mal mit gerechnet.

Mit Klick auf das untenstehende Thumbnail kommt Ihr zu der Website:

what-bp-could-buy

Es sind Momente wie dieser, an denen man merkt, dass die CSR-Programme zahlreicher Konzerne (Öl ebenso wie andere Branchen) im Grunde aus der Portokasse gezahlt werden, wenn man sie in Relation zum gesamten Unternehmenswert setzt. Mit dem Geld, das hier vernichtet wurde, hätte man viel machen können, als es noch da war – mehr zumindest als ein paar kosmetische Pseudo-Öko-Projekte. Schade halt, dass CSR zumeist bloß ein anderes Wort für PR ist – und nicht ernsthaft dazu dient, etwas zu verbessern.

„I wanna be a Tech Star“

Wer erinnert sich nicht an den Alternative-Rock-Hit „Rock Star“ der kanadischen Band Nickelback (die es nebenbei bemerkt inzwischen sogar als PEZ gibt)? Der Investment-Banker Terence Kawaja hat sich nun einen entsprechenden Spaß gemacht und das Lied auf „Tech Star“ umgedichtet – und dabei zieht er die gesamten Klischees der Web-Entrepreneure so richtig durch den Kakao:

Keinen Bock, in einem gewöhnlichen Job zu arbeiten – daher gründe ich ein IT-Startup, baue eine iPhone-App, die sich über Werbung finanziert und auf ein T-Shirt zielt. Die Zeit verbringe ich auf Konferenzen zum digitalen Business, die von digitalen Medien abgehandelt werden. Hoffentlich – ja, hoffentlich! – kauft mich ein VC-Geber, bevor es zu heftig wird.

Ohne Zweifel ein lustiges Video (siehe unten); und, liebe Gründer, bitte lasst Euch nicht beirren: Erst heute ist das Wiener Mode-Web-Startup Garmz online gegangen; die haben nach langer Suche nämlich einen VC-Geber gefunden. Die Geschichte dazu erzählen Euch die beiden Gründer gerne – spätestens dann auf der nächsten Konferenz zu digitalem Business.

Aus Gründen der Effizienz-Maximierung erschien dieser Artikel auch auf der TechZone des WirtschaftsBlatt.

Offener Brief an die Ärztekammer

Liebe Ärztinnen und Ärzte,

hoch verehrte Lebensretterinnen und Lebensretter!

Ein bisschen Sorgen mache ich mir schon, muss ich ehrlich zugeben. Vor allem, weil ich vor kurzem so einen seltsamen Fleck auf meinem Bauch erkannt habe. Ja, richtig: Ein Fleck, auf meinem Bauch. Er war plötzlich da, und jetzt geht er nicht mehr weg. Ich weiß nicht genau, was das zu bedeuten hat… Vielleicht Hautkrebs? Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht bin ich einfach nur ein Hypochonder. Vielleicht ist es bloß ein Pickel. Aber andererseits: Wer weiß das schon?

Ach ja, stimmt, ich vergaß: Ihr wisst das.

Aber ehrlich gesagt traue ich mich nicht mehr so wirklich, Euch einen Besuch abzustatten. Nach den Ereignissen der letzten Monate und Wochen; vor allem der Aussagen, die ihr Euch heute erlaubt habt. Dass Ihr zum Beispiel lieber das Land verlasst (wohin eigentlich? Urlaub? Wie schön!) und Euch vor Diskussionen drückt, statt uns eine medizinische Grundversorgung in Österreich zu garantieren. Und, dass Ihr die wenigen unter Euch, die sich noch zu einer Behandlung der prekarisierten Leistungsträger – ja, haha! Das sind wir! – bereit erklären, also… dass ihr sogar gegen diese rechtliche Einwände aufbringen wollt, enttäuscht mich zutiefst.

Zugegeben, meine Erwartungen an das System sind nicht mehr sonderlich hoch.

Ich habe mich daran gewöhnt, dass knapp die Hälfte meines Einkommens für Steuern und Sozialversicherung drauf gehen. Auch daran, dass ich von diesem Geld nichts jemals wieder sehen werde. Wird es das Pensionssystem noch geben, wenn ich alt bin? Vermutlich nicht. Aber zahlen darf ich dafür trotzdem. Werde ich an so genannten „Zivilisationskrankheiten“ leiden? Ja. Warum? Weil ich deutlich mehr arbeite als ein Angestellter mit einem 9-to-5-Job, als Gegenleistung dafür aber auch keinerlei Arbeitslosenversicherung habe.

Aber das betrifft Euch ja nur peripher.

Nur: Warum müsst Ihr uns jetzt auch noch unsere medizinische Grundversorgung weg nehmen? Ist es wirklich nötig, dass rund 410.000 Anspruchberechtigte der SVA – rund fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung! – auf das Niveau eines Entwicklungslands zurück fallen?

Gewiss, man kann alles relativieren: Wir können ja zum Arzt gehen und das Geld vorstrecken; die SVA begleicht einen Bruchteil davon ein paar Wochen (ich rechne eher mit Monaten) später. Eine solche Vorstellung ist realistisch, wenn man einen Industriekonzern führt oder die Technik des Kot-zu-Gold-Verwandelns beherrscht. Ich, offen gesagt, gehöre keiner der beiden Gruppen an; und in meinem Bekanntenkreis – in dem sich viele Unternehmer finden – gibt es ebenfalls nur wenige Industrielle. Ganz im Gegenteil: 60 Prozent der SVA-Versicherten verdienen unter 1000 Euro im Monat, nicht wenige sind prekarisierte, so genannte „Neue Selbständige“.

Und genau von denen, habe ich das richtig verstanden, wollt Ihr nun noch mehr Geld haben? Obwohl sie ohnehin schon mehr zahlen als die arbeitslos-versicherten, 9-to-5-arbeitenden, kündigungsgeschützten Angestellten? Wow. Da kann ich mich wirklich nur noch wiederholen: WOW. Eine Frage, liebe Ärztinnen und Ärzte: Schämt Ihr Euch eigentlich nicht für ein derart unmenschliches Verhalten?

Aber was rege ich mich eigentlich auf? Ich bin 28 Jahre alt, männlich, mache Sport und ernähre mich halbwegs gesund. Ich muss mir ja keine Sorgen machen, dass ich schwanger bin und morgen in den Wehen liegen könnte. Oder, dass ich zwei Kinder erhalten muss. Oder, dass ich morgen einen Herzinfarkt habe. Ich bin ja kerngesund.

Aber andererseits… es wird Zeit, diesen Brief zu beenden. Denn meine Magenschmerzen machen sich bemerkbar. Vielleicht ein Magengeschwür, weil ich mich über Euch so sehr aufgeregt habe? Vielleicht. Aber wer weiß das schon? Ach so, stimmt: Ihr. Vielleicht können wir uns das ja irgendwann mal gemeinsam ansehen. Bei einer Visite. Wenn Ihr Euch endlich geeinigt habt. Und ich langsam wieder begonnen habe, Euch zu vertrauen.

Bis dahin verbleibe ich,

mit freundlichen Grüßen,

Mag. (FH) Stefan H. Mey, MA

Stigmatisierter Leistungsträger

PS (31.5.2010, 13:31 Uhr): Ich habe soeben mit meiner Hausärztin telefoniert, zu der ich seit über zehn Jahren ein sehr gutes, fast schon persönliches Verhältnis habe. Sie sagte mir, dass sie von Euch mit Drohbriefen bombardiert wird, dass rechtliche Schritte drohen, falls sie individuell mit der SVA abrechnen sollte. Wie viel Freiheit genießen Eure Mitglieder eigentlich wirklich? Ist das noch Demokratie?

PS (1. Juni, 12:25 Uhr): Nun fordert Ihr Eure Mitglieder also auch gleich auf, unsere ecards überhaupt nicht mehr zu akzeptieren? Das erinnert mich irgendwie an diesen skurrilen Grenzstreit zwischen Mazedonien und Griechenland, bei dem der eine nicht mal den Reisepass des anderen akzeptiert… Auf welchem Level sind wir hier eigentlich?

PS (1. Juni 13:51): Wir werden uns wehren – etwa in Form einer Online-Petition.

PS (2. Juni, 9:51 Uhr): Freilich weiß ich, dass Ihr nicht die alleinige Schuld an der Misere trägt, das müsst Ihr mir glauben. Vor allem der Kommentar eines jungen Arztes (siehe unten) hat mir die Augen geöffnet: Während der Ausbildungszeit verdient Ihr nur doppelt so viel wie der Großteil der SVA-Versicherten (Ihr Armen!), und als Unternehmer hättet Ihr gerne ein fixes, an die Inflation angepasstes Umsatzplus – zur Kenntnis genommen. Um Euch hier entgegen zu kommen, wollte ich heute an und für sich einen offenen Brief an die SVA schreiben. Aber das haben andere schon deutlich besser gemacht, etwa Hannes Treichl.

PS (4. Juni, 14:56 Uhr): Gestern habe ich eine Droh-sms mit dem Inhalt „Sie sollten aufpassen, wenn Sie zum Arzt gehen“ erhalten. Überhaupt entnehme ich dem bisherigen Echo auf diesen Brief, dass er als ein Angriff auf Euren Berufsstand an sich gesehen wird. Das war aber niemals meine Intention. Mir ging es mit dem Brief darum, die Missstände in unserem System aufzuzeigen und auf die prekäre Situation der „Neuen Selbständigen“ hinzuweisen. Dass wir Euch Ärzte im Ernstfall dringend brauchen, das ist mir klar. Und deshalb wünsche ich mir nichts mehr, als dass ÄK und SVA sich endlich einigen – denn ich möchte ebenso wie alle anderen Betroffenen einfach nur wieder zum Arzt gehen können, ohne mir zusätzlich zu meinen gesundheitlichen Sorgen auch noch ökonomische Sorgen machen zu müssen. Ich bitte Euch darum.

Facebook als Minenfeld

Das sieht doch alles so einfach aus: Die Firma macht sich einen Twitter-Account, einen Blog und eine Facebook-Seite; denn da sind die vielen jungen Leute unterwegs, die seltsamerweise aus den alten Medien abgewandert waren. Schwuppsiduppsi haben wir dann auch ganz flott wieder Kunden, haben sich die Chefs wohl gedacht – und eine Facebook-Seite wird wohl nicht anders handzuhaben sein als eine Plakatwand: Da klatscht man seine Werbetexte drauf und ein paar Produktbilder; und wer dann die meisten Fans hat, der hat gewonnen.

Der Blog muss ebenso wenig gesondert bearbeitet werden, denken sich viele – da reicht es wohl, wenn man mit der Tastenkombination „Strg-C; Strg-V“ verwendet, um die aktuellen PR-Texte auszubreiten; den Unterschied wird wohl keiner bemerken… Und Twitter? Da reicht es etwa nicht, bloß einen Account zu haben? Wie bitte, da muss man auch was rein schreiben? Oh je, das könnte in Arbeit ausarten.

Und dann sind sie aufgewacht. Als der Traum von den Neuen Medien zum Albtraum wurde.

Besser geht es derzeit wohl noch jenen Unternehmen, die das Glück hatten, aus dem Debakel mit Null auszusteigen. Auf YouTube liegen en masse virale Videos rum, deren Views im einstelligen Bereich liegen. Kein Schwein interessiert sich dafür. Und warum bitte sollte ich auf Facebook Fan meines Weischspülers werden? Nichts liegt mir ferner.

Andere wiederum treten so richtig ins Fettnäpfchen (das WirtschaftsBlatt berichtete). Nestlé zum Beispiel. Deren Facebook-Account wird seit Wochen torpediert mit Anschuldigungen, Nestlé würde den Regenwald zerstören und damit den herzigen Orang-Utans den Lebensraum weg nehmen. Greenpeace unterstützt den Protest mit viralen Videos.

Okay, halb so wild. Das ist ja nur das Web, nicht wahr? Wen kümmert es schon, wenn ein paar Menschen aus dem gemeinen Volk rabiat werden? Ist ja nur virtuell.

Falsch gedacht.

Denn als User-Kommentare gelöscht und Videos von YouTube entfernt wurden (mit der Begründung der Markenrechtsverletzung) ging das der Web-Community unter dem Stichwort „freie Meinungsäußerung“ sehr nahe. Entsprechend kam es zu Reaktionen in der Blogosphäre. Und dummerweise ist mit dem Begriff der „freien Meinungsäußerung“ ein anderer Ausdruck verwandt: „Pressefreiheit“ – und dieser liegt uns Journalisten sehr am Herzen.

Der GAU tritt ein, wenn eine solche Geschichte dann in die „echte“ Medienwelt überschwappt – wenn sie plötzlich auf Papier gedruckt erscheint und Journalisten anrufen, um sich zu erkundigen, was denn nun passiere. Dann ist der Image-Schaden nicht mehr auszubessern. Und in den letrzten Tagen hörte ich von so manchem, er würde sich ab jetzt kein Kitkat mehr kaufen.

Was kann in solchen Situationen getan werden? Eigentlich nicht mehr viel, außer Schadensbegrenzung. Und aus den Fehlern lernen, also: In Zukunft die Kanäle ernst nehmen, anständig verwalten. Dafür wäre es auch angebracht, neue Mitarbeiter einzustellen. Junge, talentierte Mitarbeiter. Digital Natives also, die Erfahrungen in den Netzwerken haben. Und bloggen, statt Pressetexte hin und her zu kopieren. Menschen, die fit genug sind, mit der Community auf Augenhöhe kommunizieren zu können. Solche Menschen gibt es am Arbeitsmarkt genug, man kann sie sich aussuchen.

Und letztenendes wäre da noch eins: Ratsam ist, eventuell die eigene Strategie in Sachen Indonesien, Urwald und Orang-Utans zu überdenken. Denn Gutes zu tun ist eventuell die Bedingung dafür, für gut befunden zu werden. Das sei hier mal nur so am Rand erwähnt.

Interview mit Chris Hughes

Komme gerade von einem Inerview mit Chris Hughes, dem Mitbegründer von FaceBook. Er weilt nur kurzfristig in Wien, aber alle Medien belagern ihn; dementsprechend wird es in den kommenden Tagen eine Flut an Interviews im österreichischen Print-Dschungel geben. Ich selbst möchte so lange nicht warten, stelle dementsprechend das mp3 des Interviews in voller Länge hier zur Verfügung. Eine gekürzte, auf das Westentliche reduzierte Version erscheint dann am Dienstag im WirtschaftsBlatt, der besten Wirtschaftszeitung des Landes.

Kleiner Überblick: Wir haben kurz über den FaceBook-Film gesprochen, dann über den Erfolg der Seite, mögliche Monetarisierung, Werbechancen für Unternehmen, Facebook-Sucht und Trends für das Web 2.0 Außerdem hat er sich gefreut zu erfahren, dass ich ein Fan von FaceBook bin.

Für den Mitschnitt bitte hier klicken.

Viel Spaß 🙂