Zum Inhalt springen

Geld | money

Neueste Trends aus Berlin

Sodele. Wie angekündigt kommt hier nun die Vorstellung der vier verrrücktesten Erkenntnisse aus meinem letzten Besuch in der deutschen Bundesjauptstadt:

1. Passanten auf’s Korn nehmen

Schaut Euch mal die beiden Bilder genau an… sieht aus wie eine normale Häuserfront, nicht wahr?

dsc00028

dsc00029

Und, ist Euch was aufgefallen? Genau: Die Häuser sind gar keine echten Häuser, sondern überdimensionale, mehrgeschossige Werbeplakate! Das kennen wir in Wien zwar auch schon von Kirchenfassaden, die bei einer Renovierung teilweise abgebildet werden. Dass aber ganze Straßenbilder gefälscht werden, ist mir neu. So sieht das übrigens von hinten aus:

dsc00032

Also sehr, sehr, sehr viel Stahl… ist ja auch logisch – schließlich soll das „Haus“ ja nicht beim nächsten Sturm umgeweht werden. Wo jetzt der Platzhalter Plakat prangt, wird in Zukunft vielleicht auch mal ein echtes Haus entstehen. Zum drin wohnen und so.

Und hier noch ein wahnsinniger Vattenfall-Mitarbeiter, der auf einer Leiter ein Plakat entlang kraxelt:

dsc00030

Wie ist er da bloß rauf gekommen? Wieder reingelegt: Auch hier handelt es sich lediglich um einen besonders lustigen Werbegag.

2. Jeden Mist zur Gänze ausschlachten

A propos lustig: Wirklich lustig fand ich den Film „Der Schuh des Manitu“ zwar nicht; den Deutschen soll er aber gefallen haben. Zumindest war er kommerziell erfolgreich; und das war dann wohl auch die Hauptmotivation, daraus auch ein Musical zu machen. Plakate dafür hängen in der ganzen Stadt verteilt – brrrrr…. hoffentlich wird das nicht nach Wien exportiert.

dsc00010

3. Guerilla-HighTech-Marketing

In Österreich warten QR-Codes ja noch auf den Durchbruch, und vermutlich wird es niemals dazu kommen. Die schwarz-weißen Punkte-und-Balken-Kombinationen vermitteln Handy-Kameras einen Code, der sie auf eine Website führt – da gibt es dann ein Gewinnspiel oder was anderes, das online besser als offline funktioniert. Im vorliegenden Beispiel wurde eine Straßenlaterne an einer Berliner Kreuzung mit QR-Code-Aufklebern zugeklebt.

dsc00027

4. Farbenblindheit

Obwohl sie cool sind, scheinen die QR-Codes auf lange Sicht farbenblind zu machen. Anders kannn ich mir nicht erklären, warum ein grauer Mistkübel von sich selbst behauptet, orange zu sein.

dsc00015

Seltsam… Und das war’s auch schon wieder für heute von meinem Blog, für den ich derzeit wieder mehr Zeit opfern kann. Stay tuned!

Die nette Dame aus dem Vespa-Fachgeschäft

Eigentlich wollte ich heute endlich etwas über die neuesten abgefahrenen Werbetrends aus Berlin schreiben. Aber dann hat sich doch wieder ein anderes Thema dazwischen gedrängt.

Wie Menschen aus meinem engeren Freundes- und Bekanntenkreis wissen, sind mir diese Woche am Naschmarkt beide Seitenspiegel meiner Vespa abmontiert und gestohlen worden. Finanziell ist das halb so wild, da so ein Spiegel nur rund 20 € kostet, auf Ebay ist er gar um einen niedrigen einstelligen Betrag zu haben – entsprechend ist das Handeln des Diebs  nicht nur unmnoralisch, sondern auch dumm. Er hat sich sein Karma versaut, seine Seele verkauft; und vom finanziellen Ertrag kann er sich nicht mal ein Abendessen leisten.

Ärgerlich war für mich nur die Aussicht, wieder in ein testosterongetränktes Motorradgeschäft zu gehen, um die neuen Spiegel zu kaufen.

Denn auf den meisten Webseiten, die sich um den motorisierten Zweiradsport drehen, geht es um dicke Brummer, meist präsentiert in Kombination mit exzessiver Darstellung sekundärer weiblicher Geschlechtsmerkmale. Vespa-Fans, die einen Hang zu Nostalgie und schmuckem Design haben, urbane Freizeitintellektuelle wie meine Wenigkeit, schreckt so was ab. Ich brauchte was anderes und erinnerte mich wieder an den Laden „Filipo Vespa“ auf der Nussdorfer Straße, den ich mal im Vorbeigehen entdeckt habe – ein Vespa-Fachgeschäft. Verunsichert war ich aber durch die Tatsache, dass der Laden keine schmucke Website hat – würde ich auch hier statt intellektuellen Cosmopoliten auf schmierige Automechaniker stoßen, die an jeder Wand drei PinUp-Kalender hängen haben?

Weit gefehlt: Als ich den Laden heute morgen betrat, fand ich in dem kleinen Raum zuerst Leere. Bis aus dem hinteren Teil des Geschäfts eine ältere Dame mit grauem Haar hervor trat – schätzungsweise ist sie schon in den wilden 50er-Jahren auf Vespe durch die Landschaft gedüst.

„Ich brauche zwei Spiegel“, sage ich, „links und rechts. Sind mir beide gestohlen worden.“ Die Dame versteht, sagt: „Da muss ich mal schauen, was wir noch haben; Montag geht das dann alles wieder schneller.“ Sie verschwindet wieder im hinteren Teil des Ladens, kramt in Kisten: „Ich hab vier linke… wo ist denn der rechte… ach, da…“. Langsamkeit ist hier Programm; und ich finde es irgendwie super. Keine elektronische Lagerverwaltung, kein Heckmeck, keine PinUps – stattdessen lächelt sie stolz, als sie mir die beiden Spiegel hin legt.

Bankomat-Zahlung gibt es keine. Und auch keinen Computer. Dass sie einen rechten Spiegel nachbestellen muss, schreibt sie per Hand auf einen Zettel. Zwei Zettel hat sie schon da liegen mit Dingen, die im Lager fehlen. „Ich könnte das mit Computern machen, aber ich will nicht“, sagt sie: „Früher hätte ich ja ein Fax geschickt, aber das geht auch nimma so gut wie früher.“ Sie entschuldigt sich freundlich für das Durcheinander: „Montag ist der Gerhard wieder da; der macht das normalerweise. Ich mache hauptsächlich die Buchhaltung.“

Ich kenne Gerhard noch nicht, aber ich freue mich auf ihn. In einer Welt, in der der Handel von Ketten und Konzernen dominiert wird, kehre ich gerne zurück in ein Mini-Universum, in dem Freundlichkeit und Menschlichkeit mehr zählen als IT-gesteuerte Effizienz-Maximierung.

Das Geschäft habe ich mit einem Lächeln auf den Lippen verlassen.

Ich verlose eine Sonnencreme

Freilich liegt mir nichts ferner als das Implizieren von Kausalität in Bezug auf diesen Blog und das restliche Universum. Aber kurz nachdem ich mich über die hohen Roaming-Kosten bei Orange aufgeregt hatte, flatterte ein durchaus kreatives Werbegeschenk des Mobilfunkers Hutchinson 3G (bekannt als „Drei“) in meine Offline-Mailbox: Eine Sonnencreme, passend zur Urlaubszeit. Diese bietet laut Beschriftung einen „Roaming-Schutz“ mit „Kosten-Schutz-Faktor 3“.

21072009025

Tatsächlich prescht der Konzern aus HongKong in Sachen Roaming vorbildhaft voran. In Ländern mit eigenem Hutchinson-Netz zahlt man für’s Roaming gar nichts – zu den entsprechenden Ländern gehören Italien und Großbritannien, ansonsten eher unpopuläre Reiseziele wie Irland, Schweden, Dänemark, Australien oder eben HongKong. In der Türkei oder Kroatien blechen die Kunden trotzdem. Für EU-Länder verrechnen die Dreiler 1,49 € pro Megabyte. Das ist zwar billiger als bei der Konkurrenz, aber der Werbespruch „Nur bei 3: Jetzt im Ausland telefonieren und surfen zum Österreichpreis“ (der ebenfalls auf der Packung der Sonnencreme pickt) ist somit leider etwas missverständlich – außerhalb der EU und des Hutchinson-Imperiums blecht man nämlich immer noch. Bin gespannt, ob es zu Klagen wegen irreführender Werbung kommt.

21072009026

Da ich selbst mir bereits eine Sonnencreme für diesen Sommer gekauft habe, verlose ich diese Tube – angesichts des schönen Wetters wird sie wohl so mancher im Urlaub brauchen können. Gewinnen tut, wer mir in den Kommentaren folgende Frage beantworten kann: „Wie viel zahlt man im Ausland bei Orange für den Download eines Bildes mit 500 Kilobyte?“ Eine Lösungshilfe gibt es hier. Ausgeschlossen vom Wettbewerb sind Mitarbeiter dieses Blogs (also ich), ebenso wie der Rechtsweg.

Roaming-Abzocke in Wiener Nachbarschaft

Letztes Wochenende war ich mit zwei guten Freunden – dem lieben Flo und FunkyMike – in Bratislava. Mal raus zu kommen aus dem grauen Wien war eine schöne Erfahrung, hatte aber auch seine Schattenseiten: Die Roaming-Kosten.

Es ist ja derzeit nicht salonfähig, sich über Roaming zu beschweren. Denn immerhin wurden die Kosten für Sprachtelefonie durch eine Vorgabe aus Brüssel gesenkt. Wir müssen dankbar sein, denn laut SMS von Orange kosten mich Gespräche in der Slowakei nun maximal 0,516 € aktiv, passiv 0,228 €.

Schockierend ist aber die darauffolgende SMS bezüglich Datenroaming: Hier kosten laut SMS nämlich 100 kB heiße 1,20 €; will heißen: Für ein MB ist man mal schnell 12 € los. Zugegeben, darüber habe ich schon Bescheid gewusst; denn in einem Artikel, den ich für das WirtschaftsBlatt über Daten-Roaming geschrieben habe war davon die Rede, dass diese Kosten bei Orange „in anderen Partnernetzen ohne Grundgebühr“ so hoch sein können… im Kopf hatte ich dabei aber ein Hutchinson-Netz in HongKong, nicht etwa Bratislava, das näher zu Wien liegt als Graz, und wo Orange ohnehin selbst aktiv ist – dass sich der Konzern selbst Roaming-Kosten verrechent und das an den Endkunden weiter gibt, kann eigentlich nur noch mit dem Wort „unverschämt“ bezeichnet werden.

Der geneigte Leser mag nun fragen: Warum regt sich der Herr Mey denn so auf? Geht es nicht auch mal ohne mobiles Surfen, erst recht im Urlaub? Offen gesagt: Nein. Denn die Industrie hat uns mit der Zeit mehr und mehr zu digitalen Citizens gemacht, die nun mal nicht daran vorbei kommen, regelmäßig zu twittern oder den Facebook-Status zu überarbeiten, von Emails ganz zu schweigen. Und manche Applikationen wie Tripwolf, Wikitude oder gar Google Maps machen im Ausland eigentlich erst wirklich Sinn.

Es wäre freundlich und zuvorkommend, wenn andere Telco-Konzerne dem Beispiel Hutchinsons folgen würden, bei denen in einem anderen Hutchinson-Land grundsätzlich kleine Roaming-Kosten anfallen. Bis dahin müssen wir uns halt mit slowakischem WLAN begnügen. Zum Glück gibt es davon genug.

PS: Meine Google-Community hat inzwischen vier Mitgleider. Hurra, ich bin nicht mehr alleine. Wer mag sonst noch mein Freund sein?

Menschen sind die besseren Avatare

Glühende Verfechter von Videokonferenzen würden solche Systeme wohl am liebsten an jeder Straßenecke implementieren. So erzählt Werner Strasser, Geschäftsführer von PolyCom-Strasser, von einer Lösung, bei der Videokonferenzen zur psychiatrischen Behandlung eingesetzt werden: Der Arzt sitzt in der Klinik, der Kunde zu Hause – verbunden sind sie über eine Datenleitung; ob das Gespräch mit einem Computerbildschirm einem psychisch labilen Menschen die Aussprache unter vier Augen ersetzen kann, soll jeder selbst beurteilen.

Auf offene Arme dürfte aber das Konzept einer niederländischen Bank stoßen, bei der der Kunde nicht mehr direkt mit dem Bankberater spricht, sondern sich in eine Kammer mit Bildschirm setzt. Dort wird er per Video mit einem Experten verbunden. Warum funktioniert das? Vielleicht, weil Gespräche mit Bankberatern derzeit eher eine unangenehme Sache sind – und die Glasfaser-Leitung die nötige Distanz schafft. Videokonferenzen dürften sich also dort durchsetzen, wo sich Privatpersonen ungern hinbegeben. Für öffentliche Ämter besteht viel Potenzial – oder stehen Sie gerne am Finanzamt Schlange? Natürlich dürfen nicht die Fehler der Vergangenheit gemacht werden: Bevor sich elektronische Buchung von Flügen durchsetzte, machten die Anbieter von Last-Minute-Angeboten erste Gehversuche mit Avataren, die die Sympathiewerte der Microsoft Office-Briefklammer hatten und ebenso wenig behilflich waren. Nein, es braucht echte Menschen.

Kassa, bitte!

Die Menschen dürfen nicht aalglatt wie die Avatare sein, sie müssen die Authentizität unserer Ämter beibehalten: Mit abwertenden Blicken, langen Wartezeiten beim Seitenaufbau und Sprüchen wie „Ich mach‘ gleich Mittagspause!“ oder „Dafür bin ich nicht zuständig!“. Wer weiß, vielleicht setzt sich dieser Gedanke auch beim Online-Shopping durch – wäre skurril, wenn ich bei Amazon „Kassa, bitte!“ brüllen muss, bevor ich meine Kreditkarten-Daten hinterlasse.

Aus Gründen der Effizienz-Maximierung ist dieser Beitrag auch im Wirtschaftsblatt erschienen.

Bier statt Aktien

„Du kaufst Dir eine Palett’n, säufst Dich an, machst dabei auch noch einen Gewinn – was gibt’s Geileres?“ – der junge Herr, der diese weisen Worte ausspricht, steht vor unserem Enzi im Museumsquartier, trägt eine dieser EdHardy-Kappen, Baggy-Pants und hat einen großen Rucksack mit sich, gefüllt mit kühlstem Ottakringer. Der Typ ist Unternehmer: Das 16er-Blech kauft er im Supermarkt um Cent-Beträge,lädt es in seinen Rucksack und verkauft es an die MQ-Besucher (längst nicht mehr nur Bobos, sondern inzwischen auch normale Menschen) um 1,50 €. Pro Dose macht er also gut einen Euro Gewinn. Und das Geschäft floriert: „Gestern war ich mit einer Palette da, die war schon um 10 Uhr weg; heute habe ich zwei Paletten, auch die habe ich jetzt verkauft“, sagt er. Es ist knapp 11 Uhr, er nippt an seiner Dose: „Jetzt hab ich Feierabend“.

Diesen Sommer sind die Dosen-Verkäufer verstärkt im MQ unterwegs. Mein Gesprächspartner arbeitet mit einem Freund zusammen, sie teilen sich den Gewinn. Gelernt hat er sein Handwerk von einem älteren Lehrmeister, der das Geschäft angeblich schon seit Jahren betreibt und „hier wohl irgendwo in der Gegend wohnt – das ist praktisch, dann kann er von zuhaus‘ immer kühles Bier nachholen.“ Ob die beiden wohl Konkurrenten sind, die Gefahr von Bandenkriegen besteht? „Das habe ich auch anfangs gedacht, aber der sieht das eigentlich ganz gelassen“, sagt er, schaut mich dann aber warnend an: „Komm aber ja nicht selbst auf die Idee, mir das nachzumachen!“

Was bringt die Zukunft?

Was wir schon lange geahnt haben, wird hier anhand eines Fallbeispiels nachgewiesen: Das Investment in Gerstensaft ist rentabler als riskante Aktien-Deals. Aber was sagt die MQ-Gastronomie eigentlich zu dem Thema? Noch sind die Dosen-Männer kleine Fische, die ihr Geschäft versteckt betreiben – früher oder später dürften aber mehr und mehr Besucher es reizvoller finden, sich für 1,50 € das Bier ans Enzi bringen zu lassen, statt sich für 4 € (!) selbst eins holen zu müssen. Und dann ist die Frage, wie sich die Zukunft entwickelt.

Dann besteht die Gefahr, dass im MQ verstärkt Securities eingesetzt werden, um den illegalen Bier-Handel zu unterbinden – und das geht auf Kosten der Gemütlichkeit. Wer kann sich schon gepflegt entspannen, wenn um ihn herum eine Razzia läuft?

Anderes Szenario: Die etablierte Gastronomie lässt die Dosen-Händler gewähren, es gibt eine friedliche Ko-Existenz. Dann würden schon bald weitere Branchen folgen: Es gäbe Semmel-, Snack- und Souvenir-Händler, die ihre Waren den Gästen anbieten. Das hätte dann was von Urlaub, irgendwo östlich von Istanbul. Es wäre ein Atmosphäre-Bonus, von dem auch die etablierte Gastro wieder profitieren würde.

Was die Zukunft in der Hinsicht bringen wird, werden wir sehen. Das MQ ist jedenfalls immer für einen netten Abend und eine Überraschung gut, während Bier immer Bier bleibt. Und mei Bier is ned deppat.