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Das Netz | the net

Der umgedrehte Spieß

Als Journalist und Blogger in Personalunion bin ich es ja gewohnt, Interviews mit spannenden Menschen zu führen. Lustig ist dann, wenn der Spieß umgedreht wird: Ein spannender Mensch hat ein Interview mit mir geführt – über meinen Blog, mein Leben und alle möglichen anderen Dinge.

Nachzulesen ist das wirklich schöne Werk von Nicole Arnitz mit Fotos von Tony Gigov hier:

http://bloegger.at/2011/01/blogger-vor-der-linse-stefan-mey/

Bleibt mir noch, Euch Lesern für Eure Treue und das kontinuierliche Feedback zu danken. Ihr seid super.
Liebe Grüße und bis bald,

Stefan

Wenn die ÖBB diskriminieren, kommt wer anders zum Zug

Ring-Ring.

Freundliche Dame: „ÖBB-Kundenservice. Grüß Gott.“

Ich: „Grüß Gott. Ich habe von Ihnen eine vorläufige Vorteilscard bekommen und würde damit gerne online buchen. Aber dafür muss ich die Kartennummer angeben, und die steht da leider nicht.“

„Ja, die Online-Buchung geht mit der vorläufigen Karte nicht. Das geht nur am Schalter.“

„Aha. Wissen Sie, ich bin krank und kann daher das Haus nicht verlassen. Gibt es wirklich keine Möglichkeit, online die Vorteilscard zu nutzen?“

„Nein, leider.“

„Ich zahle also für einen Service, den ich nicht nutzen kann, weil ich an meine Wohnung gebunden bin.“

„Ja, das geht nur am Schalter.“

„Dann bitte ich um Verständnis, dass ich meine Fahrt nach München lieber direkt bei der Deutschen Bahn buche, wenn die ÖBB mobil eingeschränkte Menschen diskriminiert. Das ist schade – für die ÖBB.“

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Kunden verliert, wer sich nicht an ihre Bedürfnisse anpasst. Mein Ratschlag: Auch gesunde Menschen sollten den Anbieter wechseln, wenn sie diskriminierendes Verhalten bei Unternehmen wittern. Allein schon aus Solidarität.

Mark, Du nervst

Die Meldungen rund um das Social Network „Facebook“ reißen nicht ab. Keine Zeitung oder Zeitschrift, von der Mark Zuckerberg, von der Zeitschrift „Wiener“ als „Milliardär Milchgesicht“ bezeichnet, nicht herunter lächelt. Kaum eine abendliche TV-Diskussionsrunde, in der nicht irgendein Verweis auf das gewaltige soziale Netzwerk gemacht wird.

Ein eigenes Business entstand mit der Berufsbezeichnung der „Social Media Manager“ – Menschen, die sich besonders gut mit Like-Buttons auf Facebook und Hash-Tags auf Twitter auskennen. Andere wiederum lernen sich bei einer Partie Mafia Wars kennen und lieben, wie die Website „All Facebook“ berichtet.

Der Kult um den 26jährigen scheint dementsprechend keine Grenzen zu kennen. Das dürfte unter anderem an seinem gut gefüllten Konto liegen; schließlich hat der Macher einer einzigen Website inzwischen mehr Geld als Steve Jobs – das WirtschaftsBlatt berichtete. Ein Kult, der teils schon absurde Formen annimmt: Wussten Sie etwa, dass ein Comic mit dem Milchgesicht geplant ist? Steht alles hier.

Der vorläufige Höhepunkt des Kults dürfte aber der Facebook-Film „The Social Network“ sein, der am 8. Oktober in die Kinos kommt (Trailer hier); unter Regie von David Fincher, mit einem Soundtrack von Nine Inch Nails-Mastermind Trent Reznor. Ich persönlich erhoffe mir einen Streifen mit der Dramatik und Faszination von „Pirates of Silicon Valley“ (ein TV-Film über die Gründungsgeschichten von Microsoft und Apple); andere handeln den Film bereits als Oscar-Anwärter…

Okay. Haben Sie auch die Schnauze voll vom Hype?

Dann schließen wir diesen Blogeintrag wohl am Besten mit ein paar Parodien auf den Filmtrailer: Über Twitter, YouTube, Ebay und Ping – wobei letztgenanntes, Apples eigenes Social Network, besonders schlecht weg kommt. Nicht weinen, Steve: Du hast zwar weniger Kohle auf dem Konto als Mark – aber dafür würde das mobile Kommentieren von Facebook-Fotos ohne Deine i-Produkte nur halb so viel Spaß machen.


Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Beitrag auch auf dem Blog der TechZone des WirtschaftsBlatt.


Der Blog als Goldgrube

Gleich vorweg: Tut mir leid, falls ich mit dem Titel falsche Hoffnungen geweckt habe. Blogs sind keine Goldgruben, das sollte inzwischen jedem klar sein, der sich auch nur annähernd mit dieser Form der Autoprekarisierung beschäftigt hat. Nicht verwunderlich also, dass ich vergangenen Samstag im Mediencamp auf meine Aussage „Ich werde über die Monetarisierung von Blogs reden – und der Vortrag ist kurz“ schallendes Gelächter erntete.

Anyway: Wir bloggen, weil es Spaß macht. Und weil wir dabei – zum Beispiel auf Barcamps und Blogtails – nette Leute kennen lernen. Und, weil der Blog an sich zwar nur wenig Geld abwirft, aber ein optimales Werbemittel darstellt. Mich kann man ja bekanntlich auch buchen, und das haben auch schon viele tolle Leute gemacht.

Meinen Vortrag stelle ich Euch jedenfalls anschließend hier als Video rein. Und die Folien gibt es hier. Danke für’s Teilnehmen jedenfalls – und für alle, die es verpasst haben: See you next time!

Süchtler oder SM-Profi?

Morgens, halb zehn, am Naschmarkt: Zeit für die Wiener Bobos, sich ihr Frühstückchen in der Bäckerei-Filiale ihres Vertrauens zu besorgen. Alles scheint ruhig: Man wartet geduldig, bestellt Kipferl und Kaffee, eine Dame telefoniert gelassen. Doch dann wird die Idylle von einem Störenfried unterbrochen.

Aus dem Nichts taucht er auf, zückt sein iPhone, hält es der telefonierenden Dame vor die Nase und versucht, Fotos von ihr zu machen. Dabei ruft er wie irre „Wer bist Du? Wer bist Du?“ und tänzelt um sie herum. Die Dame windet sich, dreht sich von ihm weg – irgendwann sucht der Mann das Weite.

„Kannten Sie den Mann?“, frage ich die Dame anschließend. Sie verneint: „War wohl betrunken.“ Eine zufällige Beobachterin schaltet sich ein: „Nein, eher Drogen. Der hatte ganz glasige Augen.“ Ich als Digital Native weiß die Symptome aber besser zu deuten: Glasige Augen? Hyperaktivität? Und die Einbildung, man könne ein i-Produkt als Waffe einsetzen? Das hat weder mit Alkohol, noch mit Drogen zu tun.

Stattdessen tippe ich eher auf einen Social Media-Experten, der die Nacht vermutlich wieder allzu lange auf Facebook und Twitter verbracht hat, und nun – für seine Verhältnisse – früh morgens aufbrach, um eine iPhone-Gesichtserkennung an einer Fremden zu testen.

„Eigentlich schockierend, wie sehr das Web inzwischen unseren Alltag versaut“, denke ich mir, während ich an meiner Melange schlürfe. Der Dame wünsche ich noch einen angenehmen Tag und verabschiede mich mit den überzeugten Worten „Na, wenigstens hab ich jetzt eine Story für meinen Blog“ – und erhalte dafür einen ebenso entgeisterten Blick wie der mutmaßliche Facebook-Süchtler.

Ist Linz noch zu retten.

Auf der Ars Electronica bin ich bekanntermaßen Stammgast – kein österreichsicher Nerd sollte meiner Meinung nach dieses Highlight des digitalen Ultra-Exzesses verpassen; jedes Jahr verlasse ich nach etlichen Stunden voller Roboter und Laser mit einem Brummschädel die hoamatländische Landeshauptstadt Linz. Diesmal war aber alles etwas anders.

Erstens, weil die Location sich geändert hat. War früher noch ganz Linz zu einer gewaltigen Ausstellungsfläche mutiert, hat man sich nun auf das Gelände der ehemaligen Tabakfabrik reduziert. Das hat den Nachteil, dass Kulturtouristen im Rahmen des Kurzbesuchs von Linz selbst recht wenig sehen; dafür aber die Vorteile, dass weniger Kilometer zurück gelegt werden müssen, die Innenräume der Fabrik jedem Wetter stand halten und man nebenbei die verstörende Architektur der 30er Jahre bewundern kann.

Zweite große Änderung: Das Thema. Mit „Repair – sind wir noch zu retten“ (bewusst ohne Satzzeichen, quasi eine Aussage in Fragestellung-Satzform) versucht man, sich selbst vor der modernen Welt zu retten und alles zu reparieren. Ironischerweise wird dadurch die Technik-Kunst-Ausstellung zu einer Warnmeldung vor der Technik: Gleich im ersten Ausstellungsraum hatten wir die Möglichkeit, elektromagnetische Strahlung zu hören – und beschlossen anschließend, uns zukünftig von Bankomaten nicht nur aus finanziellen Gründen fern zu halten.

Ähnlich ging es in anderen Hallen weiter: Wir lauschten einem beruhigenden Klavierkonzert in einer großen Industriehalle, entdeckten Möglichkeiten zum Anbau von Gemüse in Stadtwohnungen und trafen auf ein paar digitale Unternehmer, unter anderem Andi Klinger von Garmz. Vollkommen abseits des Digitalen: Die „Body & Soul-Factory“, bei der Klangschalenmeditation ebenso ihren Platz fand wie die Veranstaltung „Beten für den Planeten“. Okay… und wo sind jetzt die Roboter und Laser, bitteschön?

Dazwischen haben wir sie dann doch gesehen, zum Glück. Bei den Japanern (keine Ars ohne ein Highlight aus Tokio!) hatte ich die Möglichkeit, mit einem Roboter zu sprechen und ihn anschließend zu umarmen. Außerdem gab es muszierende Aschenbecher und einen Automaten, der mir auf Zuruf eine Zigarette in den Mund schießen wollte – zum Glück für meine Gesundheit aber um einen guten Meter verfehlte. Bei einem interaktiven Ausstellungsstück hatte ich die Aufgabe, möglichst viele Supermarkt-Produkte einzuscannen, meine charmante Begleitperson schlug im Rahmen eines virtuellen Boxkampfes auf ein Kissen ein.

Das war cool.

Und irgendwie wünsche ich mir, dass es auf der Ars 2011 dann wieder mehr digitales Zeug gibt, statt Unternehmer, die in Messe-Manier ihre Angebote anpreisen und irgendein Esoterik-Blabla. Ich habe prinzipiell weder gegen das eine, noch gegen das andere etwas einzuwenden – aber nicht in Linz. Da will ich Roboter sehen. Und Laser. Groß, laut und bunt. Bitte. Danke.