Was wir von YouTube lernen können
Pro Minute werden 20 Stunden Content auf YouTube hoch geladen. Das ist verdammt viel. Und die Chancen stehen gut, dass sich die Zahl bald auf 24 erhöht; in dem Fall würde innerhalb eines Tages (grob über den Daumen gepeilt) der Content von vier Jahren rauf geladen. Ein regulärer TV-Sender hingegen kann, weil er sein Programm linear ausstrahlt anstatt On-Demand, innerhalb eines Tages nur 24 Stunden ausstrahlen. YouTube dürfte die großen TV-Anstalten dieser Welt in Sachen Quantität also bald eingeholt haben. Grund für die Großen, Bammel zu kriegen? Meine Meinung: Nein, noch nicht.
Denn den YouTube-Content kann man grob in zwei Lager teilen: Eigenproduktionen und geklauter Content. Wirklich beliebt ist bei den Usern dabei eigentlich die zweite Kategorie; also jene Videos, die in den USA schon auf den Entertainment-Kanälen gelaufen sind, hier erst in ein paar Monaten zu sehen sind, und die sich die User halt nun online rein ziehen – weil sie sich das Programm aussuchen können, weil es keine Werbeunterbrechungen gibt und weil es in der Originalsprache gesendet wird.
Die zweite Kategorie hingegen ist nur zur Statistik-Verschönerung da. Zu jenen 20 stunden, die pro Minute hoch geladen werden, gehören nämlich auch Hochzeitsvideos, Studentenparty-Mitschnitte, bekiffte Punks im Park, miauende Katzen, Video-Spam und sonstiger Blödsinn, den ein regulärer Fernsehsender niemals ausstrahlen würde – und den wir auch nicht sehen wollen.
Einige wenige Ausnahmen gibt es aber dennoch. Wer mich kennt, der weiß etwa, dass ich ein bekennender Fan von Chad Vader bin – jene YouTube-Serie, in der Darth Vaders Bruder Chad als Manager in einem Einkaufscenter arbeitet. Und es gibt auch ein paar echt nett gemachte Musik-Videos. Neu entdeckt, auf Hinweis meines Freundes Richard N., habe ich nun „Ray William Johnson“.
Ray ist quasi der Stefan Raab von YouTube. Er gräbt den ganzen Mist aus, den es auf YouTube zu sehen gibt, kommentiert es, schneidet es fetzig zusammen. Das Ergebnis ist zum Schreien komisch. Hier eine Folge seiner Show:
Das Coole an Ray ist, dass er nicht nur die Rosinen raus pickt und sich selbst positioniert, sondern auch immer wieder die User zum Kommentieren, Diskutieren, Mitmachen undsoweiter auffordert. Und die User nehmen das gerna an. Cool.
Vermutlich werden noch einige YouTube-User Rays Beispiel folgen. Für Medien-Unternehmen gibt es auch Rückschlüsse, die man ziehen kann. Nämlich:
1. Content filtern: Ray und auch die Site www.bestofyoutube.com sind so beliebt, weil sie aus der ganzen Wurst von schlechten Videos das beste raus filtern und dies schön aufgearbeitet ihren Sehern präsentieren. Medien könnten ihre Gatekeeper-Rolle also auch in Richtung Social Media wahrnehmen.
2. User beteiligen: Nichts ist geiler als sich selbst im Fernsehen zu sehen. Und mit neuen Technologien ist das leichter denn je. Bitte diese Möglichkeiten auch nutzen!
3. Keine Angst vor der Nische: Zugegeben, der letzte Rat bezieht sich nicht auf Rays Konzept, sondern auf das folgende Video, auf das ich aber durch Ray aufmerksam geworden bin. Dieser Typ vom Channel „things on my head“ unterhält Massen mit einem Nischenkonzept: Er setzt sich Sachen auf den Kopf. Unglaublich kreativ.
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