Stefan Mey

Pune: Gandhis Asche

Abseits von inkompetenten Hotel-Angestellten, schmierigen Bars und Rikscha-Fahrern, die jeden Ausländer mit einer Pauschale über den Tisch ziehen wollen – hat Pune etwas zu bieten? Am Sonntag nach der Konferenzen fahren der Wolf und seine Wolfsfrau wieder heim, meine Wenigkeit hingegen möchte ein wenig den Touristen heraushängen lassen. Also empfiehlt sich ein Blick in die allmächtige Schrift des Lonely Planet; und siehe da: Empfohlen wird ein Palast, der ein kleines Museum zu Ehren Mahatma Gandhis enthalten soll. Gandhi? Gute Idee.

Der Palast ist nicht wirklich ein Palast. Mehr so etwas wie ein großes Haus. Aber sehr schön. Und drum herum gibt es Gärten, in denen man lustwandeln kann; hinter einem Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ spielen ein paar Schulkinder unter Aufsicht ihrer Lehrerin, ein Pärchen hält Händchen.

Das Museum selbst enthält ein paar Artefakte aus dem Leben Gandhis, Gemälde zu seinen Ehren und Erklärungen zum Palast: Hier hat er in Gefangenschaft gelebt und seine Frau ist an diesem Ort gestorben. Ein Teil von Gandhis Asche, dies wird in einem Nebensatz erwähnt, wurde dem Museum gespendet und befindet sich nun im Hinterhof.

Und tatsächlich: Wer bis zum hinteren Teil des Geländes spaziert, am Wachmann vorbei, durch eine unscheinbare Gasse hindurch, der steht vor dem Gründer der Nation: Mahatma Gandhi. Zumindest vor seiner Asche. An dem Ort, an dem seine Überreste im Hinterhof vergraben wurden, steht ein Denkmal aus weißem Marmor. Es ist nicht mal zwei Meter hoch; und eine simple Tafel verkündet, was hier begraben liegt. Es ist totenstill hier, die Sonne scheint. Keine Touristen, kein Hupen, keine Abzocker und keine Straßenköter – nur Gandhi und ich, in trauter Zweisamkeit.

Indien ist ein lautes, grelles, buntes, permanent nach Aufmerksamkeit kreischendes Land. Gerade die Schlichtheit dieser letzten Ruhestätte des Gründers der Nation macht den Ort so berührend.

Die mobile Version verlassen