Stefan Mey

Facebook schenkt uns mehr Freizeit

Das weltweit größte Social Network, Facebook, ist derzeit unter Druck: Nachdem man einstige Konkurrenten wie MySpace oder die deutschen VZ-Netzwerke in die Bedeutungslosigkeit verbannt hatte, ist mit Google+ vor ein paar Monaten ein unerwarteter Marktbegleiter auf die Bühne getreten. Und dieses Social Network hat die Power eines börsennotierten Internet-Giganten im Rücken, kann somit etwa auf die Entwickler hinter Googles Handy-Betriebssystem Android zurück greifen und integrierte von Anfang an einen Video-Chat im Browser. Und Google+ bot den Usern von Anfang an das, was man bei Facebook vermisste: Übersichtliche Datenschutz-Einstellungen – hier sieht meine Updates nur, wer sie wirklich sehen soll. Ganz klar: Bei Facebook musste man reagieren.

Also hat man die Möglichkeit geschaffen, eigene Listen aus Freunden zu erstellen, mit denen bestimmte Inhalte geteilt werden – also so wie bei Google+. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bestimmten Personen zu „folgen“ – so wie bei Twitter. Und letzte Nacht lief dann auch noch irgendein Chefdesigner Amok, haute gleich drei neue Funktionen auf einmal, vollkommen ohne Ankündigung in die Startseite: Links ist nun sichtbar, was sich in welcher Freundesliste Neues tut. Rechts befindet sich ein Live-Ticker mit Meldungen, wer wann was von wem gemocht hat. Und mittendrin werde ich zusätzlich mit Nachrichten bombardiert – wobei jene markiert sind, die Facebook als wichtig erachtet.

Meistens liegt Facebook mit der besagten Wichtigkeits-Analyse falsch. Die tickernden Nachrichten rechts enthalten Neuigkeiten, die nur bedingt interessant sind: Warum sollte es mich betreffen, wenn Person A ein Foto einer mir unbekannten Person B mag? Die Freundes-Listen einzurichten wäre eine abendfüllende Tätigkeit; und selbst dann werden Updates im ersten Test noch falsch angezeigt. Und warum zum Geier sollte ich jemandem auf Facebook folgen, wenn es dafür auch Twitter gibt?

Verwirrung. Was mache ich jetzt? Klar könnte ich als Alternative zu Google+ wandern, wo alles noch so schön minimalistisch ist – aber da ist leider sonst kaum wer, weshalb sich hier keine abendfüllende Tätigkeit ergibt. Ein Freund gab daher den klugen Rat: Statt in Social Networks rum zu hängen, lieber was Sinnvolles machen. Zum Beispiel bloggen. Was hiermit auch erledigt wäre. Und am Abend gehe ich dann spazieren, statt vor dem PC rum zu hängen. Frische Luft schnappen, das wäre doch mal was.

Facebook checke ich dann vorerst mal nur noch über das Handy – denn die App des Netzwerks wurde bisher stark vernachlässigt, wodurch das Design – wenn auch ungewollt – angenehm minimalistisch. Hoffen wir nur, dass das auch so bleibt; und dass auf der morgigen Facebook-Entwicklerkonferenz F8 nicht irgendwer auf die Idee kommt, auch diesen schlanken Kommunikationskanal mit überflüssigen Features voll zu stopfen.

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