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Zombies

Startup-Center Chennai: Zombies und Stromausfälle

Wer das Leben eines urbanen Business-Nomaden lebt, der braucht zum Arbeiten lediglich ein Handy, einen Laptop und eine schnelle Internetverbindung – alles andere ist Luxus. Theoretisch ist es also auch möglich, von Hotelzimmern mit WLAN zu arbeiten; aber die Erfahrung hat gezeigt: Deutlich mehr Spaß macht das in CoWorking-Spaces, gemeinsam mit anderen Menschen. Der Jaaga in Bangalore, der Hub in Bombay, das Moonlighting in Delhi… allesamt sind sie inspirierende Orte der Kreativität; gelegen in den Metropolen Indiens – und umso mehr war mein Interesse geweckt, als Jacob Jay, Betreiber des Moonlighting in Delhi, mir das „Startup-Center“ in Chennai empfahl. Selbst eine ansonsten eher vernachlässigte Stadt setzt also auf diese neue Form des Arbeitens. Das darf ich mir freilich nicht entgehen lassen.

Jedes dieser Büros ist an einem besonderen Ort untergebracht: Der Hub Bombay in einer Penthouse-Wohnung im schicken Bandra, das Moonlighting Delhi in einer Villa, und das Jaaga Bangalore besteht ohnehin bloß aus zusammen geschweißten Paletten. Den Vogel abschießen tut aber Chennai – denn der hiesige CoWorking-Space befindet sich in einem Shopping-Center.

Wer also durch die großen Eingangstüren hindurch schreitet, der kommt an Kosmetikläden und Werbung für trendige Restaurants vorbei, per Treppe erreicht der Business-Nomade den ersten Stock – und dort kündigt ein bunter Pfeil den Arbeitsort an. Drinnen ist dann alles weniger bunt, sondern etwas trist: Drei Menschen sitzen an grauen Schreibtischen und tippseln in ihre Laptops; es gibt wenig Interaktion. Langweilig? Zumindest scheint die Motivation ungebrochen: Ein junger Kerl Anfang 20 erzählt mir, dass er gerade an einem Social Network arbeitet, auf der Videos geteilt werden können; nur etwas mehr als einen Monat hat er daran programmiert, kommende Woche soll das Ergebnis der Welt zur Verfügung stehen. Er sagt mir, dass er jeden Abend bis mindestens Mitternacht im Büro sitzt – an einem Tag komme ich bereits um 9 ins Büro und sehe, wie er gerade eine Matratze zusammenrollt, auf der er übernachtet hat. Kurz darauf programmiert er weiter.

Wenn es nicht die Menschen sind, so ist es die Infrastruktur, die die Produktivität hemmt: Um Punkt 4 Uhr nachmittags macht es plötzlich „Klick“, und der Strom ist weg. Ich sehe mich verwirrt und verärgert um – „Was? Ist es schon 4?“, fragt einer der Tamilen, ohne den Blick von seinem MacBook zu nehmen. Auf Nachfrage erläutert er mir, dass die Stadt täglich in unterschiedlichen Stadtteilen kontrolliert den Strom für eine Stunde abschaltet, da das Angebot nicht mehr der Nachfrage entspricht: „Jetzt haben die Armen alle einen Fernseher und es ist nicht mal genug Strom für jene da, die ihn zum Arbeiten brauchen“, beklagt er. Am Stadtrand ist es noch heftiger, wie mir deutsche Diplomaten ein paar Tage später erzählen: Sie hatten kürzlich drei Tage lang keinen Strom.

Aber der Stromausfall hat auch etwas Gutes. Man macht mal Pause vom Web. Manche von uns gehen essen; andere arbeiten auf Akku an ihren Projekten, ohne ständig von neuen Facebook-Kommentaren oder dem Google-Chat abgelenkt zu werden. Und kurz darauf setzen wir unsere Arbeit fort. Ob sie einen Drucker haben, frage ich, denn ich muss ein Ticket nach Pondicherry ausdrucken. Antwort: Nein, gibt es nicht… wozu auch? Schließlich befinden wir uns ja in einem Shopping Center, und wenige Meter weiter gibt es einen Copy Shop. Das ist Outsourcing, quasi Ultra-Nearshoring. In Ordnung.

Das Verlassen des Büros zur Geisterstunde ist gruslig. Wer „Dawn of the Dead“ gesehen hat, möge sich an dieser Stelle eben genau jene Atmosphäre eines dunklen, verlassenen Shopping Centers vorstellen, zusätzlich garniert mit der tamilischen Mystik, exotischen Gesängen auf der Straße und kampierenden Obdachlosen. Vorsichtig setze ich in der Dunkelheit einen Schritt vor den anderen; in der Hoffnung, keinen Menschen beim Gehen zu erwischen – der Vorteil: Durch die dadurch sehr absurde Fortbewegung wirke ich selbst wie ein Untoter und schrecke mein Umfeld wohl entsprechend ab; angebettelt werde ich nicht.

Als ich mich unter dem halb-heruntergelassenen Rolltor hindurch zwänge, fühle ich mich erleichtert und deutlich sicherer. Nun muss ich mich nur noch durch einen Slum vorkämpfen, bis ich an meinem Ziel, also meinem Hotelzimmer, angelangt bin. Und dort, das weiß ich, wartet dann bereits die nächste böse Überraschung auf mich: Tierische Mitbewohner.

Endlich wieder NaNoWriMo!

Jahrelangen regelmäßigen Lesern dieses Blogs wird die obige Headline bekannt vorkommen; schließlich versuche ich alljährlich, mich im Rahmen des „National Novel Writing Month“ zu profilieren. Das Konzept: Über einen Monat hinweg einen Roman schreiben; zu gewinnen gibt es dabei nichts, außer das Gefühl, etwas Tolles vollbracht zu haben. Gescheitert bin ich bisher jedes Mal an unterschiedlichen Dingen: Stressige berufliche Situation, nahender Abschluss eines Studiums etc. Aber diesmal, sage ich mir, habe ich keine Ausrede. Diesmal muss ich’s durchziehen.

Aber seien wir uns ehrlich: Die Chancen stehen mäßig. Heute ist schon der 4. 11., vier Tage meines Monats sind also bereits vergangen – und ich habe noch kein einziges Wort in mein Manuskript geschrieben. Aber wenigstens habe ich diesmal ein Konzept, das ist schon deutlich mehr als meine Errungenschaften der Vorjahre. Und es gibt keine Master-Thesis oder Abschlussprüfung, die mich aufhalten. Und in die Handlung habe ich eingebaut, dass ein Teil des Buchs in Thailand spielt – dort verbringe ich nämlich die zweite Monatshälfte, kann also am Strand vor mich hin schreiben.

Schauen wir mal, was draus wird.

Für Interessierte hier der Link zum Projekt.