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WLAN

WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen - aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl

So werden wir in Zukunft reisen

Bag2Go: Auf dem E-Ink-Label wird der Zielort angezeigt

Bag2Go: Auf dem E-Ink-Label wird der Zielort angezeigt

Eigentlich sind Clowns sehr angenehme Zeitgenossen, und ich umgebe mich gerne mit ihnen. Nur, nach meiner Landung am Flughafen Köln-Bonn vor ein paar Wochen befand ich mich in einer ungewöhnlichen Situation; denn mein Koffer war in Wien zurück geblieben – und als ich das verlorene Gepäckstück reklamieren wollte, saß ich karnevalsbedingt einem Menschen gegenüber, der sich als Clown verkleidet hatte. Zwar war es erheiternd, als dieser kichernd und in kölschem Dialekt scherzend meine Daten aufnahm – sonderlich vertrauenserweckend war es aber nicht.

Geht es nach T-Systems, so sollen mit Hilfe des High-Tech-Koffers „Bag2Go“ solche Situationen in Zukunft vermieden werden. Über GPS teilt er seine Position stets den Servern der Deutschen Telekom mit, von denen der Nutzer die exakte Position seines Gepäckstücks abrufen kann; außerdem verfügt er über ein – von E-Readern wie dem Kindle – bekanntes E-Ink-Diplay, auf dem er seine Destination eigenständig anzeigen kann – das vom Bodenpersonal angebrachte Papier-Label wird somit hinfällig. Zudem kann sich der Koffer selber wiegen. Mittelfristig könnte dadurch, so verriet mir ein Mitarbeiter von T-Systems auf der CeBIT, der Koffer per Paketdienst direkt vom eigenen Wohnzimmer in das Hotelzimmer am Urlaubsort geliefert werden – der Reisende selbst müsste das Gepäckstück dann kein einziges Mal heben.

Alles digital

WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen - aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl

WLAN gibt es auch am hintersten indischen Flughafen – aber nicht an Bord. (c) Marie Hödl

Durch Bag2Go würde eines der letzten Ärgernisse der analogen Reise-Welt fallen: Das Schleppen eines physischen Guts inklusive Schlange-stehen beim Baggage-Drop-Off. Denn die meisten anderen Bereiche sind inzwischen digitalisiert, und so wurde die Effizienz maximiert: Vor der Reise lassen wir uns über Seiten wie Pixmeaway.com ein Reiseziel vorschlagen, informieren wir uns auf digitalen Reiseführern wie wikitravel.org über die Destination, buchen anschließend den Flug online, suchen uns eine Unterkunft über Airbnb, Wimdu, 9flats, hotelscombined.com oder hoteltonight.com und checken kurz vor dem Flug auch online ein – die Bordkarte haben wir dann freilich am Smartphone. Vor Ort helfen uns Google Maps, Wikitude, sowie die Apps von Tripwolf und Lonely Planet bei der Orientierung. Magazine und Bücher lesen wir längst auf iPad und Kindle statt auf Papier.

Doch es gibt eine Phase der Reise, in der wir offline sind: Der Flug. Und auch das soll sich in Zukunft ändern.

Denn während bereits erste Versuche zu Internet über den Wolken von diversen Airlines durchgeführt werden, präsentierte T-Systems auf der CeBIT diverse konkrete Anwendungsszenarien. So soll es Managern möglich sein, auch während des Flugs Emails zu verschicken, Dinge im Web zu recherchieren, auf Firmen-Server zuzugreifen oder gar Videokonferenzen abzuhalten. Wer es verpasst hat, sich über seine Destination zu informieren oder ein Hotel zu buchen, kann dies online in letzter Minute machen. Und jene, die für die Liebsten zuhause kein Mitbringsel gekauft haben, können dies noch rasch am Heimflug erledigen – bezahlt werden kann per Handy-Geldbörse, abgeholt wird die Ware am Schalter des Zielflughafens. Zugegeben: Das ist nicht sonderlich ehrlich oder romantisch – aber eine brauchbare Lösung in letzter Minute.

Betriebsrat ante portas

Viele dieser Lösungen klingen in der Laborsituation gut und werden vermutlich tatsächlich dem Reisenden einige Unannehmlichkeiten abnehmen – ihre Praxistauglichkeit wird sich aber erst im Kontakt mit echten Menschen weisen. So wird etwa das Bezahlen von Waren mit dem Smartphone bereits seit Jahren propagiert, wirklich durchsetzen will es sich aber – zumindest in Europa – noch nicht. Außerdem wird sich die Frage stellen, wie das WLAN im Flugzeug genutzt wird, und zu welchen Kosten – und sind Videokonferenzen auf solch engem Raum eine gute Idee? Schützer von Betriebsgeheimnissen dürften nun ebenso die Stirn runzeln wie jene, die auf einem Langstreckenflug auch gerne mal ein Nickerchen machen, statt sich die Privatgespräche des Sitznachbarn anhören zu müssen.

Der Bag2Go-Koffer, der bereits zu Weihnachten 2012 erhältlich sein soll, wird sich ebenfalls beim Kunden erst noch durchsetzen müssen; auch müssen passende Geschäftsmodelle entwickelt werden. Und wenn der smarte Koffer wirklich flächendeckend eingesetzt werden sollte, wird es wohl einen Aufschrei bei den Betriebsräten diverser Airlines und Flughäfen geben. Denn dann steht ein Jobabbau beim Bodenpersonal auf dem Programm – während sich wiederum die Koffer-transportierenden Botendienste über neue Aufträge freuen können.

Der Personal-Punkt bringt mich schließlich zu einem abschließenden Statement in Bezug auf die Kölner Koffersituation: Keine Sorge, das Gepäckstück tauchte wenige Stunden später in meinem Hotel auf. Ich hatte mich umsonst gesorgt und aus der Geschichte etwas gelernt: Auch Clowns können kompetent sein. Selbst an Karneval.

Unterwegs – ohne Stress und Selbstfindung

Reisen war früher eine haarsträubende Angelegenheit: Mit Backpack-Rucksäcken sind wir in überfüllten Zügen durch Indien gezogen, ohne zu wissen, wo wir die nächste Nacht schlafen werden. Wir haben mit Taxifahrern gefeilscht; die haben uns zuerst abgezockt und dann zur falschen Herberge geführt. Diese hatte dann auch noch Kakerlaken. Unser Adrenalinspiegel war stets hoch, und nach Wochen des Reisens waren wir froh, in gewohnter Umgebung wieder Bier und Schnitzel zu haben.

Heute ist das zum Glück alles anders. Während meiner letzten Fernreisen bin ich kaum mit dem Zug gefahren; denn Flüge sind billig und lassen sich leicht per Web – etwa checkfelix.com – buchen. Die Unterkunft wird ebenfalls im Vorhinein gebucht oder zumindest reserviert; diverse Websites bieten neben der Buchungsmöglichkeit auch Bewertungen – so lassen sich Kakerlaken gleich im Voraus vermeiden.

Einen schweren Reiseführer muss ich ebenfalls nicht rum schleppen; denn inzwischen gibt es auch im hintersten balinesischen Dorf WLAN, so dass ich dort per Handy auf dem offenen Gratis-Reiseführer wikitravel.org alles nachlesen kann. Apps wie Wikitude oder Layar erklären mir, wo ich den nächsten Bankomaten, McDonalds oder Starbucks finde – bevor ich die verwende, habe ich mich aber ohnehin über Online-Foren ausführlich über mein Reiseziel informiert, um Abzockerei zu verhindern.

Ergebnis dieses Wandels: Reisen ist einfacher, man wird seltener abgezockt – der Adrenalin-Kick und die Schnitzel-Freude bleiben aber aus. Ganz im Gegenteil: Bei so viel Hilfe ist es fast so, als sei man gar nicht weg gewesen.

(Aus Gründen der Effizienzmaximierung erscheint dieser Kommentar übermorgen auch im WirtschaftsBlatt)

Roaming-Abzocke in Wiener Nachbarschaft

Letztes Wochenende war ich mit zwei guten Freunden – dem lieben Flo und FunkyMike – in Bratislava. Mal raus zu kommen aus dem grauen Wien war eine schöne Erfahrung, hatte aber auch seine Schattenseiten: Die Roaming-Kosten.

Es ist ja derzeit nicht salonfähig, sich über Roaming zu beschweren. Denn immerhin wurden die Kosten für Sprachtelefonie durch eine Vorgabe aus Brüssel gesenkt. Wir müssen dankbar sein, denn laut SMS von Orange kosten mich Gespräche in der Slowakei nun maximal 0,516 € aktiv, passiv 0,228 €.

Schockierend ist aber die darauffolgende SMS bezüglich Datenroaming: Hier kosten laut SMS nämlich 100 kB heiße 1,20 €; will heißen: Für ein MB ist man mal schnell 12 € los. Zugegeben, darüber habe ich schon Bescheid gewusst; denn in einem Artikel, den ich für das WirtschaftsBlatt über Daten-Roaming geschrieben habe war davon die Rede, dass diese Kosten bei Orange „in anderen Partnernetzen ohne Grundgebühr“ so hoch sein können… im Kopf hatte ich dabei aber ein Hutchinson-Netz in HongKong, nicht etwa Bratislava, das näher zu Wien liegt als Graz, und wo Orange ohnehin selbst aktiv ist – dass sich der Konzern selbst Roaming-Kosten verrechent und das an den Endkunden weiter gibt, kann eigentlich nur noch mit dem Wort „unverschämt“ bezeichnet werden.

Der geneigte Leser mag nun fragen: Warum regt sich der Herr Mey denn so auf? Geht es nicht auch mal ohne mobiles Surfen, erst recht im Urlaub? Offen gesagt: Nein. Denn die Industrie hat uns mit der Zeit mehr und mehr zu digitalen Citizens gemacht, die nun mal nicht daran vorbei kommen, regelmäßig zu twittern oder den Facebook-Status zu überarbeiten, von Emails ganz zu schweigen. Und manche Applikationen wie Tripwolf, Wikitude oder gar Google Maps machen im Ausland eigentlich erst wirklich Sinn.

Es wäre freundlich und zuvorkommend, wenn andere Telco-Konzerne dem Beispiel Hutchinsons folgen würden, bei denen in einem anderen Hutchinson-Land grundsätzlich kleine Roaming-Kosten anfallen. Bis dahin müssen wir uns halt mit slowakischem WLAN begnügen. Zum Glück gibt es davon genug.

PS: Meine Google-Community hat inzwischen vier Mitgleider. Hurra, ich bin nicht mehr alleine. Wer mag sonst noch mein Freund sein?