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Windows 8

Windows 8: Das erste Tablet-OS für Raubkopierer

Mit Windows 8 beendet Microsoft die Diskussion, welches Betriebssystem für Tablet-PCs die meisten Apps zur Verfügung stellt. Auf den ersten Blick stinkt Windows 8 hier gegen die beiden bestehenden Systeme von Apple und Google deutlich ab, zumal zumindest im österreichischen Store noch nicht wirklich viel los ist – dann aber wird dem User rasch klar: Wenn ich weder für Skype noch zum Lesen eines Kindle-Books die entsprechenden Apps bekomme, dann installiere ich mir einfach die jeweilige Software, die auch schon auf bestehenden Windows-Versionen lief. Denn das funktioniert einwandfrei, und zeigt: Auf diese Art bringt Microsoft einen Großteil der Desktop-Software auf die digitalen Schiefertafeln. Und da Windows älter ist als iOS und Android zusammen, geht der Punkt im Streit um die breiteste Software-Auswahl an Microsoft.

Einwandfrei funktionieren wie gesagt die Softwares für Skype und Amazons Kindle for Desktop, und auch der Firefox lässt sich problemlos mit dem Touchscreen verwenden. Unspielbar, weil es eine Maus erfordert, war das Echtzeit-Strategiespiel Warcraft 3 mit bloßen Händen. Gespannt bin ich noch, wie sich Midis auf Cubase wohl mit bloßen Händen programmieren lassen.

Der wahre Clou aber ist: Windows 8 wird das erste Tablet-Betriebssystem sein, auf dem sich Raubkopien ebenso einfach herunter laden lassen wie auf dem Desktop-PC. Denn der Client für Bittorrent lässt sich ebenso leicht installieren und bedienen wie andere Software, während bei Apple und Google Software nur über die jeweilige Stores bezogen wird (es sei denn, man crackt das jeweilige Gerät). Windows 8 unterstützt also den Diebstahl geistigen Eigentums. Ob man das gut findet, muss jeder selbst entscheiden.

NACHTRAG: Wie Rolf in einem Kommentar (siehe unten) richtig angemerkt hat, waren die Informationen in diesem Posting etwas unvollständig: Ich beziehe mich auf einen Tablet-PC mit einem so genannten x86-Prozessor, und mit diesem ist es tatsächlich möglich, Software von älteren Windows-Versionen auf Tablets mit Windows 8 zu installieren – vor allem die billigeren Geräte werden aber auf so genannten ARM-Prozessoren laufen, und auf denen ist der Bezug von Software ausschließlich über Microsofts Marketplace möglich, mit allen Vor- und Nachteilen: Die Installation ist dann zwar kinderleicht, aber alte Software kann nicht so leicht migrieren, und vor allem weiß Big Brother immer, was der User so macht. Also ähnlich gruselig wie bei Apple und Google.

So kriegt Windows 8 einen Start-Button

Unter den Kritikern von Windows 8 sorgte in den vergangenen Wochen vor allem die Meldung für Unmut, dass Microsoft sich für das neue Betriebssystem von seinem Start-Button inklusive sich darunter befindende Menü getrennt hat. Wir sollen also nicht mehr auf diese aus dem Jahr 1995 stammende Funktion setzen, sondern uns stattdessen mit dem innovativen Metro-Interface quälen… Schweinerei.

Doch keine Sorge: Rettung ist unterwegs. Auf einem Tablet-PC mit Windows 8 habe ich mir „Stardock Start8“ installiert – das zaubert in die linke untere Ecke von Windows8 einen runden Start-Button, unter dem sich ein Menü befindet – allerdings mit Abstrichen: Zwar ist das Feeling und Aussehen mit jenem von älteren Windows-Versionen vergleichbar, bei genauerem Betrachten handelt es sich aber lediglich um eine andere Darstellung der Metro-Oberfläche (die man ja jetzt nicht mehr so nennen darf).

Oder, anders ausgedrückt: Man sieht dann das, was man wirklich braucht. Ob das die Kritiker wohl zufrieden stellt?

Microsoft – zu innovativ?

Vor ein paar Tagen geisterte wieder mal eine Schreckensmeldung durch die Welt der österreichischen Online-Medien: Microsofts neues Windows 8, so hieß es, werde sich nicht mehr auf den Desktop booten lassen; stattdessen bekomme der User bei jedem Start des PCs immer zuerst den Bildschirm mit den bunten Kacheln zu sehen, der noch vor Kurzem unter dem Namen „Metro“ bekannt war (jetzt nicht mehr, die gleichnamige Handelskette hat angeblich mit namensrechtlichen Konsequenzen gedroht). Abgeschrieben haben die Kollegen allesamt vom US-Blog ZDnet – und zögerten in diesem Kontext nicht, sich bestätigt zu sehen und nochmal ordentlich auf Redmond einzudreschen: Für Microsoft stehe ein weiterer Flop bevor, hieß es einstimmig; das Ganze arbeite vollkommen an den Anforderungen des Users vorbei.

Alles ganz schlimm also? Ja, schon, wenn man keine Augen im Kopf hat – denn auf den heißgeliebten Deskop-Bildschirm kommen die User nach wie vor ganz einfach, indem sie einfach die Windows-Taste drücken oder auf die entsprechende Kachel im Vormals-als-Metro-bekannten Interface klicken. Eine weitere Fingerbewegung also, die nicht weiter dramatisch sein sollte – glaubte ich zumindest bis jetzt.

Aber ZDnet weiß es besser und zitiert zudem noch eine Studie, bei der IT-Verantwortliche befragt wurden, worin sie die Vor- und Nachteile von Windows 8 sehen. Als negativsten Punkt am neuen Betriebssystem wird demzufolge gesehen, dass viel Geld für Schulungen ausgegeben werden muss – denn Windows 8 sei einfach zu anders, zu innovativ, als dass sich Menschen von selbst damit zurecht finden. Bunte Kacheln und ein fehlender Start-Knopf – das ist zu viel für die sanften Gemüter so mancher CTOs.

Was lernen wir daraus? Ganz richtig, liebe Microsoft: Bloß nicht zu innovativ sein. Macht es lieber so wie die Kollegen bei Apple, die seit der Einführung des iPad vor zwei Jahren nichts Erwähnenswertes mehr erfunden haben. Innovation, wer braucht das schon? Eben. Zukunft, Weitsicht und Fortschritt werden generell überbewertet. Oder was?

Große, bunte Kacheln

„Start me up“ – mit diesem Song der Rolling Stones läutete Microsoft im Jahr 1995 eine neue Ära des PC-Lebens ein: Der „Start“-Button für Windows war geboren und wurde beworben, und mit ihm eine zusätzliche Taste auf jeder Computer-Tastatur, die nicht von Apple produziert wurde. Anfangs galten Taste und Start-Menü noch als radikale Innovation – dann gewöhnten sich die User daran, und nun sind sie nicht mehr weg zu denken. Man möchte fast im Stil eines Asterix-Comics sagen: Die gesamte PC-Welt ist von Start-Menü und Start-Button besetzt… Die ganze PC-Welt? Nein.

Denn Microsoft hat es sich anders überlegt. Radikal gesagt: Der Start-Button ist weg. In der September 2011 erschienen Developer Preview des vermutlich im Herbst erscheinenden Windows 8 war zumindest eine abgespeckte Version noch zu sehen; nun – in der Consumer Preview – fehlt er komplett. Start des Start-Menüs gibt es nun die Metro-Oberfläche – eine wilde Ansammlung von großen, bunten Kacheln.

Das mag für Microsofts Pläne Sinn machen. Denn man will nun nicht mehr bloß PC-User ansprechen, sondern auch den Tablet-PC-Markt – derzeit noch von Apples iPad dominiert – erobern. Und da müssen große, bunte Kacheln her – denn sie sind mit dem Zeigefinger weit leichter anwählbar.

Aber: Ist das auch im Sinne des Konsumenten? Ein Video lässt Zweifel aufkommen. In diesem ist ein Pensionist zu sehen, der das erste Mal mit Windows 8 konfrontiert wird. Anfangs ist er noch begeistert vom neuen Design, doch als er zwischen Metro-Oberfläche und Desktop hin und her schalten möchte, ist er sichtlich überfordert. Am Ende der quälend langen Suche fragt er seinen Sohn, wer sich das ausgedacht habe. „Microsoft“, antwortet dieser; worauf die Frage folgt: „Also wollen die, dass ich zu Apple wechsle?“

Sicher: Tablets sind cool. Mobiles Arbeiten auch. Und bunte Farben, Cloud Computing und Social Networks sowieso. Aber Microsoft sollte sich vor Fertigstellung des Produkts einer Sache bewusst sein: Early Adopter sind nur ein kleiner Teil der Bevölkerung; und den Rest der Menschheit wird man mit viel Mühe überzeugen müssen – zur Not halt wieder mit einem Rolling Stones-Song.