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Wikitude

Unterwegs – ohne Stress und Selbstfindung

Reisen war früher eine haarsträubende Angelegenheit: Mit Backpack-Rucksäcken sind wir in überfüllten Zügen durch Indien gezogen, ohne zu wissen, wo wir die nächste Nacht schlafen werden. Wir haben mit Taxifahrern gefeilscht; die haben uns zuerst abgezockt und dann zur falschen Herberge geführt. Diese hatte dann auch noch Kakerlaken. Unser Adrenalinspiegel war stets hoch, und nach Wochen des Reisens waren wir froh, in gewohnter Umgebung wieder Bier und Schnitzel zu haben.

Heute ist das zum Glück alles anders. Während meiner letzten Fernreisen bin ich kaum mit dem Zug gefahren; denn Flüge sind billig und lassen sich leicht per Web – etwa checkfelix.com – buchen. Die Unterkunft wird ebenfalls im Vorhinein gebucht oder zumindest reserviert; diverse Websites bieten neben der Buchungsmöglichkeit auch Bewertungen – so lassen sich Kakerlaken gleich im Voraus vermeiden.

Einen schweren Reiseführer muss ich ebenfalls nicht rum schleppen; denn inzwischen gibt es auch im hintersten balinesischen Dorf WLAN, so dass ich dort per Handy auf dem offenen Gratis-Reiseführer wikitravel.org alles nachlesen kann. Apps wie Wikitude oder Layar erklären mir, wo ich den nächsten Bankomaten, McDonalds oder Starbucks finde – bevor ich die verwende, habe ich mich aber ohnehin über Online-Foren ausführlich über mein Reiseziel informiert, um Abzockerei zu verhindern.

Ergebnis dieses Wandels: Reisen ist einfacher, man wird seltener abgezockt – der Adrenalin-Kick und die Schnitzel-Freude bleiben aber aus. Ganz im Gegenteil: Bei so viel Hilfe ist es fast so, als sei man gar nicht weg gewesen.

(Aus Gründen der Effizienzmaximierung erscheint dieser Kommentar übermorgen auch im WirtschaftsBlatt)

Roaming-Abzocke in Wiener Nachbarschaft

Letztes Wochenende war ich mit zwei guten Freunden – dem lieben Flo und FunkyMike – in Bratislava. Mal raus zu kommen aus dem grauen Wien war eine schöne Erfahrung, hatte aber auch seine Schattenseiten: Die Roaming-Kosten.

Es ist ja derzeit nicht salonfähig, sich über Roaming zu beschweren. Denn immerhin wurden die Kosten für Sprachtelefonie durch eine Vorgabe aus Brüssel gesenkt. Wir müssen dankbar sein, denn laut SMS von Orange kosten mich Gespräche in der Slowakei nun maximal 0,516 € aktiv, passiv 0,228 €.

Schockierend ist aber die darauffolgende SMS bezüglich Datenroaming: Hier kosten laut SMS nämlich 100 kB heiße 1,20 €; will heißen: Für ein MB ist man mal schnell 12 € los. Zugegeben, darüber habe ich schon Bescheid gewusst; denn in einem Artikel, den ich für das WirtschaftsBlatt über Daten-Roaming geschrieben habe war davon die Rede, dass diese Kosten bei Orange „in anderen Partnernetzen ohne Grundgebühr“ so hoch sein können… im Kopf hatte ich dabei aber ein Hutchinson-Netz in HongKong, nicht etwa Bratislava, das näher zu Wien liegt als Graz, und wo Orange ohnehin selbst aktiv ist – dass sich der Konzern selbst Roaming-Kosten verrechent und das an den Endkunden weiter gibt, kann eigentlich nur noch mit dem Wort „unverschämt“ bezeichnet werden.

Der geneigte Leser mag nun fragen: Warum regt sich der Herr Mey denn so auf? Geht es nicht auch mal ohne mobiles Surfen, erst recht im Urlaub? Offen gesagt: Nein. Denn die Industrie hat uns mit der Zeit mehr und mehr zu digitalen Citizens gemacht, die nun mal nicht daran vorbei kommen, regelmäßig zu twittern oder den Facebook-Status zu überarbeiten, von Emails ganz zu schweigen. Und manche Applikationen wie Tripwolf, Wikitude oder gar Google Maps machen im Ausland eigentlich erst wirklich Sinn.

Es wäre freundlich und zuvorkommend, wenn andere Telco-Konzerne dem Beispiel Hutchinsons folgen würden, bei denen in einem anderen Hutchinson-Land grundsätzlich kleine Roaming-Kosten anfallen. Bis dahin müssen wir uns halt mit slowakischem WLAN begnügen. Zum Glück gibt es davon genug.

PS: Meine Google-Community hat inzwischen vier Mitgleider. Hurra, ich bin nicht mehr alleine. Wer mag sonst noch mein Freund sein?