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nicht-Beziehung

Orthodoxe Frühlingsgefühle

Wer orthodox ist, der macht viele Dinge um ein bis zwei Wochen später als die Katholiken. Weihachten feiern etwa. Oder Ostern. Grund genug also, mit dem besten Mädchen von allen auch den Valentinstag eine Woche später als von der Floristen-Lobby vorgegeben zu feiern – auch ein wenig als Wiedergutmachung, da ich ja den eigentlichen Feiertag mit FunkyMike in Köln verbracht habe, statt der Romantik zu frönen.

Und so stellte ich mir jene Frage, mit der wir Männer immer in solchen Situationen kämpfen: Wie mache ich sie glücklich, behalte aber zugleich meine Männlichkeit?

Schwer genug ist das an sich ja eh schon: Wer sich etwa für einen Kinobesuch entscheidet, muss die Lösung irgendwo zwischen den beiden Extrem-Polen „Inglorios Basterds“ und „Wenn Liebe einfach wäre“ finden. Selbiges gilt für DVD-schauen: Die Sissi-Trilogie als krasser Gegensatz zur StarWars-Sextologie… Sie verstehe, was ich meine, gell? Aber meine Situation war noch deutlich pikanter.

Denn das Mädchen – das liebste Mädchen von allen – merkte klar an, dass der orthodoxe Valentinstag

a) keine Standard-Freizeitbeschäftigung sein und

b) nichts mit Sport zu tun haben durfte.

Das allein schließt schon mal einen Großteil der Aktivitäten aus, da Sport in unserer gemeinsamen Freizeitgestaltung einen recht niedrigeren Stellenwert hat. Aber dem nicht  genug; zudem sollte die Aktivität

a) preiswert und

b) niveauvoll sein.

Und das auch noch an einem Sonntag im Winter. Will heißen: Zahleiche Lokale und Geschäfte haben geschlossen, was die Möglichkeiten zusätzlich einschränkt. Und Winter wiederum bedeutet Kälte: Das schließt auch sonst recht romantische Tätigkeiten wie Spazierengehen aus (was man aber auch als Sport hätte interpretieren können – da hätte ich mich also eh in die Nesseln gesetzt). Einen Jet zu chartern und sich den Winter von oben anzusehen wäre ebenfalls keine Option gewesen – erstens aus Kostengründen; zweitens hat die liebste Person der Welt leider Flugangst.

Was also tun?

Unter Zuhilfe verschiedener Internet-Tools (das bekannteste unter ihnen ist Google) stellte ich einen Abend zusammen, der ein akzeptables, wenn auch nicht perfektes Programm enthalten hätte: Zuerst essen gehen (ein Lokal mit exotischen Speisen zu einem günstigen Preis, in dem wir noch nicht gemeinsam gewesen sind und wo man auch keinen Sport treiben muss); anschließend drei Kinofilme zur Auswahl, die sich allesamt innerhalb des Spektrums befanden.

So weit zum Plan. Dieser wurde dann aber wieder über den Haufen geworfen.

Denn das Kino ließen wir dann bleiben. Stattdessen erkannten wir durch basisdemokraktische Kommunikation – das macht man nämlich so in einer Nicht-Beziehung, der perfektesten Form aller Beziehungen -, dass wir beide Lust auf einen Kaffee und eine gepflegte Partie Schach haben…. Wie bitte? Schach? Ja, perfekt: Gratis, aber doch mit wahnsinnig viel Niveau. Außerdem war das unser erstes gemeinsames Schachspiel, also etwas komplett Neues. Und dass Schach von manchen Menschen als Sport betrachtet wird, darüber sehen wir jetzt mal hinweg.

Im Endeffekt also alles gut gelaufen; jegliche männliche Panik vollkommen unangebracht. Und als Dankeschön für den schönen Nachmittag hat mich das tollste Mädchen von allen – nebenbei bemerkt Tochter eines Schach-Großmeisters – sogar gewinnen lassen. Na bitte, geht doch. Was ich daraus gelernt habe: Das nächste Mal wird gleich gemeinsam entschieden. So was nennt man dann Emazipation, glaube ich. Ist besser so.

Seid gut zu Ihnen!

„Klar könnte ich ihr das schenken, aber ich bin doch nicht wahnsinnig“, sagte der neue Freund einer guten Freundin, irgendwann kurz vor Weihnachten. Die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben, denn auf die Frage, was er der neuen Flamme denn zu Weihnachten schenken könne, hatten wir – ihre langjährigen Freunde – wie aus dem Kanonenrohr geschossen geantwortet: Ein Stofftier!

Doch er wusste genau, worauf er sich da einlässt: Stofftiere sind die natürlichen Feinde des Mannes, zumindest glauben wir das gerne. Wenn wir selbst nach Liebe und Zuneigung dürsten, uns diesen wundervollen Wesen nähern wollen, wenden sich die Liebsten  manchmal kaltherzig von uns ab, nur um sich stattdessen an ihren Eisbären, Panda oder Grizzli zu schmiegen… hat denen niemand jemals gesagt, dass Bären böse Raubtiere sind?

Wie jeder moderne Mann meines Alters habe ich freilich keine Freundin, sondern etwas Seltsames, das man wohl am Besten als „Nicht-Beziehung“ bezeichnen kann: Nicht Freundschaft, nicht Beziehung, auch keine andere dieser öden Definitionen, die Menschen für verschiedene Mischformen erfunden haben. Sondern irgend etwas Neues, Innovatives, auf unsere Bedürfnisse Maßgeschneidertes. Die Nicht-Beziehung ist die perfekteste Form der Beziehung, absolut zeitgemäß und unanfechtbar.

Aber es hilft nichts: Auch hier gibt es ihn, den Feind in meinem Bett.

Er hört auf den Namen Fido, hat aber mit dem Zombie aus dem gleichnamigen Film gar nicht zu tun. Stattdessen ist er eine recht seltsame Mischung zwischen Bär und Hund – wir haben ihn „Bärenhund“ getauft. Fido ist vermutlich das letzte Wesen seiner Art; denn Bären hunde sind vom Aussterben bedroht – ich zumindest kenne keinen anderen außer Fido.

Ich beschloss, diesmal alles anders zu machen.

Nicht mehr gegen den Feind anzukämpfen.

Consulter würden klugscheißern mit der Phrase: Kooperation statt Konkurrenz. Ich hingegen weiß, dass der Weg zum Herz dieser Frau, die mir so viel bedeutet, nur über ihren Bärenhund führen kann.

Und das war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Er ist – wie die Wie ner sagen würden – mein Hawara geworden.

Wenn das liebste Mädchen von allen grad im Bad ist, führen wir Männergespräche; manchmal vermittelt er zwischen uns, wenn wir uns wieder mal über Kleinigkeiten streiten. Wenn ich als erster aufwache und das Haus verlasse, verabschiede ich mich von beiden mit einem Bussi auf Wange oder Schnauze. Fast hätte ich ihn auch mal zum Pokern eingeladen, aber dann ist mir aufgefallen, dass das ein Blödsinn ist.

Stofftiere können ja gar nicht Poker spielen.

Denn sie haben ja keine Finger.

Die Moral aus der Geschichte ist jedenfalls klar: Männer, behandelt die Stofftiere Eurer geliebten Frauen gut. Denn ein Kampf gegen Grizzlis, Eisbären und Bärenhunde ist ein Kampf, den Ihr unmöglich gewinnen könnt. Freut Euch stattdessen, einen neuen Freund zu haben. Und außerdem könnt Ihr alles in einer neuen Relation sehen: Durch den flauschigen Genossen sind wir nicht das haarigste Wesen im Bett.

fido