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Kaffee

Bali (4): Kack-Kaffee und moderne Kunst

Bali hat zwei größere touristische Zentren; und das Gegenstück zum lauten, dreckigen, von Abschaum frequentierten Kuta heißt Ubud. Während sich in Kuta die Proleten die Kante geben, ist Ubud bekannt dafür, hauptsächlich europäische Kulturtouristen anzuziehen. In erster Linie bedeutet das, dass sich Galerien mit moderner balinesischer Malerei aneinander reihen – wer so etwas aber lieber zuhause an einem verregneten Sonntagnachmittag im Mumok genießt, kommt auch anderweitig auf seine Kosten. Zum Beispiel mit Kack-Kaffee.

Das ist kein Scherz: Es gibt hier ein Tier, den Paradoxurus, das die Kaffeebohnen verspeist und anschließend wieder ausscheidet – die Bohnen werden dann aufgesammelt und Kaffee daraus gemahlen. Durch die Vorverarbeitung über Bakterien im Magen des Katzentieres (das aber eher wie ein Frettchen aussieht), bekommt der Kaffee eine gewisse Würze. Wir befanden: Lecker.

Außerdem haben wir uns so manchen Tempel angesehen. Meine intellektuelle Nähe zu Indien und somit auch dem Hinduismus dürfte bekannt sein – und entsprechend fasziniert mich auch der balinesische Hinduismus, der sich vom indischen aber stark unterscheidet, nicht zuletzt durch chinesische Einflüsse. Eine Tour durch die Tempel ist bereichernd, durch mangelnde Beschilderung allerdings nicht allzu lehrreich. Auch das Wissen der lokalen Bevölkerung lässt zu wünschen übrig.

Stefan: „Wann wurde dieser Tempel errichtet?“
Einheimischer: „Nun ja… 1936 wurde er von den Holländern entdeckt… vermutlich also älter als dieses Jahr.“
Es handelte sich um Felsentempel, die schon einige hundert Jahre alt sein dürften. Die Jahreszahl hatte er von einem Foto abgelesen.

Zwecks Fortbildung habe ich mir in einem ubudianischen Buchladen ein Fachbuch gekauft. Schade, dass die Hitze meine Motivation zum Lesen trübt.

Inzwischen sind wir weiter gezogen, an einem gänzlich anderen Ort liege ich auf einem Balkon und lausche dem kühlenden Regen. Aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden wird.

Auf Kaffee-Entzug

Fastenzeit. Eine gute Gelegenheit, auf Dinge zu verzichten, von denen man das restliche Jahr über abhängig ist, die man aber gerne loswerden will. Die meisten Menschen nutzen diese Zeit für eine Diät oder so, was bei mir freilich nicht geht: Würde ich noch mehr abnehmen, so könnte ich die Rolle von Skeletor in einem „He-Man“-Film übernehmen – wobei das recht reizvoll klingt… aber bleiben wir beim Thema!

Ich für meinen Teil habe beschlossen, den Konsum von Kaffee stark einzuschränken. Denn ich leide an jener Berufskrankheit, mit der so mancher Journalist zu kämpfen hat: Pro Tag kippe ich ca. sechs Kaffee in mich rein. Das ist nicht nur ungesund, sondern auch kontraproduktiv; ab einem bestimmten Punkt ist man nämlich nicht mehr wach, sondern nur noch aufgedreht und müde zugleich – ein Zustand, in dem man mehr Zombie als Mensch ist.

Begonnen habe ich schrittweise: Zu Beginn hatte ich mir jeden Tag noch einen Aufwach-Kaffee gegönnt, am Samstag war mein erster kaffeefreier Tag, am Sonntag hatte ich noch einen Nachmittags-Kaffee (der mich dann aber ärgerlicherweise um meinen Schlaf brachte); inzwischen bin ich den zweiten Tag gänzlich kaffeefrei.

Der positive Effekt: Ich bin tatsächlich deutlich konzentrierter; auf eine natürlich Art aufgeweckt, statt mich mit Koffein-Drogen zu pushen. War ich zuvor vor allem nachmittags aktiv gewesen, strotze ich nun bereits am frühen Morgen vor Energie. Dürfte vielleicht auch daran liegen, dass ich abends noch genug Energie zum Sport machen habe, dann erledigt in die Kissen falle und einen gesunden Schlaf genieße.

Der negative Effekt: Als Substitut trinke ich nun die zwanzigfache Menge an Tee. Weshalb ich nun diesen Blog-Eintrag auch beenden muss. Die Natur ruft.

Tschüss.

Die Sache mit dem Wiener „Charme“

Schlechte Laune ist in Wien Programm. Vor allem jetzt, wenn der Sommer sich langsam dem Ende entgegen neigt, die ersten Blätter fallen, es schon verdächtig nach Herbst zu riechen beginnt. Die Wiener hassen sich selbst, ihre Stadt und ihre Mitmenschen – und gerade das macht sie so sympathisch. Deutsche Touristen bezeichnen das gern euphemistisch als „Charme„. Besonders die hiesigen Kellner werden für ihren „Charme“ – also ihre grenzenlose Weltverachtung – geradezu bewundert. Wenn der Ober-Ober im Hawelka 20 Mal an mir vorbei spaziert, ohne mich wahr zu nehmen, dann widerwillig meine Bestellung aufnimmt, mir meine Melange hin knallt und am Ende ohne mit der Wimper zu zucken eine Rechnung im Wert eines Kleinwagens serviert, dann weiß ich: Hier bin ich zuhause.

Heute wieder beobachtet: Ein besonders unfreundliches Exemplar im MQ Daily.

Wir: „Ist der Tisch noch frei?“

Er:  „Sieht so aus, oder?“

Wir (mit Schnorrer-Attitüde, Kopfnicken in Richtung der Überreste der Vorsitzer): „Lässt Du uns den Keks da?“

Er: „Nö.“ (und nimmt uns den Keks weg)

Wir nehmen Platz.

Meine Ex-Studienkollegin (die gerade mit ihrer Jobsituation hadert) bekommt einen halben Nerverzusammenbruch: „Höchste Zeit, den Job zu wechseln“. (Was sie freilich auf sich selbst bezogen hat; alle meine Freunde sind Egozentriker, genau wie ich. Exakt: ICH!).

Eindeutig, das war sein Stichwort: „Wie bitte?“

Wir werden nervös, wollen ja keine Handgreiflichkeiten riskieren, und stammeln: “ Nein nein, nicht auf Dich bezogen, auf uns… äh… Jobwechsel…“. Er zuckt mit den Schulter: „Mir is‘ wurscht, ich hab heute meinen letzten Arbeitstag“. Und grinst zum ersten Mal. Wir fragen, ob es ein Leben nach dem Daily gibt. Ja, gibt es:  „Vier Monate Argentinien.“

Wow.

Ab dem Punkt tolerieren wir seine Unverschämtheit – seinen „Charme“ -, finden sogar liebenswert wie er uns die folgenden drei Stunden wie Dreck behandelt – Ignorieren, Rumgranteln, Rechnung auf den Tisch knallen. Aber der Schmäh rennt, wie er nur in Wien rennen kann. Und am Ende geben wir ihm sogar heiße sieben Euro Trinkgeld. Davon kann er inArgentinien dann eine ganze Woche leben. Er bedankt sich mit einem Dutzend Kekse.

Schön. Vielen Dank. Und Viel Spaß in Argentinien.