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Delhi

My documentary on coworking in India is finally OUT!

jaagamovieWhen I traveled through India in 2011 and 2012, I spent most of my time in coworking- and coliving-spaces, such as the Hub Bombay (now called „Bombay Connect“), the Jaaga in Bangalore and Moonlighting.in in Delhi. Even before I started writing my book, I filmed what happened in these places and conducted interviews with the founders. I told them that I would edit the material as soon as I would be back in Austria, and that there will be a full-length movie on Coworking in India, urban nomadism and digital life in the 21st century. My sincere apologies: That was a bunch of bullshit.

Unfortunately, I procrastinated a lot when it came to editing the footage. Instead, I wrote a book, developed an app and organised an India-related barcamp. Now, finally, I decided to publish the videos – but not as a full-length movie. Instead, I simply combined the videos with some funky open-source music, uploaded them to youtube and merged them to a playlist. Also, I added some material provided by the coworking-spaces themselves.

The result is almost two hours of video material, which takes the viewer on a journey: From the crowded streets of Mumbai to a coworking space in Bandra, followed by the coliving-space „Jaaga“ in Bangalore, which is composed entirely of pallet racks, to a luxurious house in Delhi, called „Moonlighting.in“. The journey concludes in the mythical city of Varanasi. If I you ever wanted to learn something about working and living abroad, in a world without borders and limits, then these videos will inspire you. Additional information will be provided by the text block s below the videos – and if you’re still hungry for more information: Buy my book.

The advantage of a youtube-paylist is the fact that you can skip the boring parts if you want to do so. And that you can watch the videos anytime, anywhere – as long as you have a working internet connection. And: It’s free.

Just click the video below to start the playlist (or click here to go directly to YouTube) – and then, pack your bags to head for your own adventure!

 

"Reserviert für Damen? Mir doch wurscht."

Regeln, und wie man sie richtig bricht

Anfangs wirkt immer Alles so westlich: An den Bahnsteigen der U-Bahn in Delhi reihen sich die Fahrgäste brav aneinander; und das erinnert stark an die englische Ordnung. Überall stehen auch Schilder, dass man nicht rauchen, fotografieren oder spucken darf. Und Wärter mit Trillerpfeifen marschieren die Gleise entlang, um Männer an ihren Platz zu verweisen, wenn sie an den Einstiegsstellen von Waggons stehen, die eigentlich für Damen reserviert sind – ebendiese Einstiegsstellen sind auch mit rosafarbenen Schilder markiert; Frauen sollen in den U-Bahnen nicht belästigt werden.

Dann fährt der Zug ein. Und Indien bricht aus.

Plötzlich fangen jene Menschen, die sich noch Sekunden zuvor brav in eine Reihe gestellt haben, zu schubsen und zu drängeln an; die Reihen lösen sich auf und verwandeln sich in Wülste aus Menschen, die sich durch die Tür drängeln – „Bitte zuerst aussteigen lassen“, steht an der Tür; aber das ist wurscht. Jeder will als Erster in der Bahn sein, denn dort gibt es ein rares Gut: Die Sitzplätze.

Die Sitzgelegenheiten befinden sich nämlich nur entlang den Flanken der Bahn, weshalb die meisten Fahrgäste stehen müssen. Dass zwar manche Plätze reserviert sind für Damen oder Menschen mit Behinderungen, ist somit hinfällig – im Kampf um die Gesäßmuskelentspannung werden diese Sitzflächen ebenfalls von jungen, agilen Männer okkupiert. Der unwissende Westler versteht das System anfangs nicht, gibt sich dem Fatalismus hin – erkennt aber irgendwann: Jede neu Station ist ein Neuanfang, eine neue Chance. Denn steht jemand von seinem Platz auf, so stürzen sich die anderen Fahrgäste wie die Aasgeier (und, um mich gleich von Vorwürfen frei zu sprechen: Ich selbst nehme mich von diesem Vergleich nicht aus) auf die neu entstandene Sitzfläche.

Delhis U-Bahn, ja, die kann exemplarisch gesehen werden: Für ein Land, das wunderschöne Gesetze und Regeln hat. Die aber kaum jemand befolgt. Weil man halt flexibler ist. Andere Länder, die mögen vielleicht diskutieren, ob ein „Code Law“ (Gesetze, nach denen jeder funktionieren muss) oder ein „Case Law“ (Anlassgesetzgebung) das bessere System ist – in Indien stellt sich die Frage nicht: Wenn sich eine Möglichkeit – wie etwa ein freier Sitzplatz – ergibt, dann wird sie spontan ergriffen; ebenso wie man sich flexibel an Probleme anpasst. Ein bisschen hat das wohl auch mit dem Hinduismus zu tun – aber das ist eine andere Geschichte, die ich später erzählen werde.

"Reserviert für Damen? Mir doch wurscht."
"Reserviert für Damen? Mir doch wurscht."

Wie man ein Journalistenvisum in Indien verlängert

frroWenn Einer eine Reise tut, dann kann er was erleben. Aber vorher muss er vorbereiten; und das bedeutet im Groben: Flug, Unterkunft und Visum besorgen. Gerade Letzteres bereitet manchen urbanen Business-Nomaden Kopfzerbrechen: Was braucht man denn jetzt? Wirklich ehrlich sein und gemäß der Reiseziele beantragen oder doch irgendwie mit einem Touristenvisum durchschummeln? Da ich ein durch und durch ehrlicher Mensch bin, entschied ich mich für Ersteres: Ich beantragte ein Journalistenvisum, das man mir aber nur für Single-Entry, gültig für drei Monate ausstellte. Verlängern könne ich dieses aber in Delhi bei einer speziellen Behörde, teilte mir die indische Botschaft in Wien mit.

Im Vorfeld war dann die Angst geschürt worden: Dass Willkür herrscht, dass in diesem Land ja Jeder korrupt ist, und dass noch niemals ein Journalist eine Verlängerung bekommen habe. Also habe ich mir einen dreifachen Rettungsschirm zugelegt: Zusätzlich zu allen anderen Dokumenten verschiedenster Art besorgte ich mir in Wien noch ein Schreiben meines Chefredakteurs, mit dem er bescheinigte, dass mein Medium die volle Verantwortung für meine Handlung übernimmt und ich in ihrem Auftrag reise; zweitens führte mich mein erster Weg in Delhi in die österreichische Außenhandelsstelle, von der mir ebenfalls ein Schreiben ausgestellt wurde, das um die Verlängerung meines Visums bittet und bescheinigt, dass ich ein guter Kerl bin.

Mit diesen Dokumenten führte mich mein Weg ins MEA (Raum 137, im Shastri Bhawan), wo einem ein weiteres Schreiben ausgestellt wird, mit dem man dann zur Ausländermeldebehörde FRRO geht – klingt bürokratisch, ist aber so. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Dokumenten werden weitere Dokumente gebraucht, darunter eine Bestätigung des aktuellen Vermieters über den Wohnort (auch Hotels können entsprechende Schreiben ausstellen), Kopie von Pass und Visa, Passbilder und eine Meldung im indischen Presseclub – in meinem Fall hat aber auch ein internationaler Presseausweis des Wiener Journalistenclub gereicht.

Die Bearbeitung des Dokuments dauert dann eine gewisse Zeit, in meinem Fall habe ich eine Woche warten müssen. Dafür ist dann mein erhofftes Schreiben bei der Abholung aber auch ganz prominent in einem Kuvert an einer Pinnwand gehangen, und die freundlichen Beamten haben mir gar angeboten, mit ihnen zu Mittag zu essen.

Am nächsten Tag ging es zur Ausländermeldebehörde FRRO. Dort war ich allerdings vollkommen falsch, wie ich feststellen musste. Denn obwohl ein junger Herr frohen Mutes direkt vor dem Amt an ahnungslose Ausländer Formulare verkauft, lassen sich Visa-Verlängerungen seit August 2011 nur noch online erreichen, nämlich unter der Website http://www.immigrationindia.nic.in/ – das entsprechende Formular muss ausgedruckt und bei der Einreichung des Antrags mit gebracht werden. Unklar dabei ist den Beamten teils, wie viele Exemplare des Formulars wirklich gebraucht werden: Nur ein Ausdruck, drei oder gar vier? Die Meinungen der Beamten (die nur wenige Meter von einander entfernt saßen) gingen auseinander. In meinem Fall wurden vier gebraucht, ich hatte aber nur drei Ausdrucke dabei – und musste dann gegen Ende meines Antragstellungsprozesses das Gebäude verlassen, um noch extra eine Kopie zu machen.

Abgesehen von besagten Formularen und dem Schreiben des MEA braucht man auf dem Weg zur FRRO: Wieder die Bestätigung des Vermieters/Hotels, etliche Passbilder, viel Zeit und ein gutes Buch zum Lesen. Denn man wartet – in meinem Fall habe ich einen halben Tag in dem Gebäude der FRRO verbracht. Aber es ist okay, denn man darf sitzen und lernt nette Menschen kennen – vom Hippie über den Journalisten bis zum Top-Manager muss jeder Ausländer zur FRRO, der sein Visum verlängern möchte oder sich registrieren muss, weil er länger als sechs Monate in Indien bleibt.

Der Ablauf sieht dann so aus: Zuerst wartet man außerhalb des Gebäudes, bis man herein gelassen wird. Dann Warten bei der „Reception“. Von dort geht man weiter zum „Document Submission Desk“ und gibt seine Unterlagen ab. Diese werden von zwei Beamten eine Zeit lang geprüft – meistens trinkt mindestens einer von Beiden Tee, während die Ausländer sie wartend anstarren. Wird der eigene Name dann aufgerufen, so ist das wie die Ankunft des Messias – und man darf mit den entsprechenden Dokumenten zu einem weiteren Beamten, der jene Dokumente abtippt, die zuvor digital ausgefüllt und anschließend ausgedruckt worden waren. Die Digitalisierung-Haptisierung-Kette wird fortgesetzt, indem der Beamte anschließend auf einen „Print“-Knopf druckt und der Ausländer zu einem Drucker zu gehen, um seine Meldung und eine Bestätigung der Visum-Verlängerung abzuholen. Im Pass selbst wird ein Stempel hinterlassen, der anschließend durch kraklige Schrift ergänzt wird. Dann geht es schließlich zur Zahlstelle, und abschließend unterschreibt der Abteilungschef noch alles.

Fertig.

Ist das jetzt aufwändig? Stefan-typisch wäre wohl, sich über Bürokratie zu ärgern. Aber ehrlich gesagt: Das will ich an dieser Stelle gar nicht. Denn natürlich muss man verschiedene Stellen durchlaufen. Und natürlich braucht man viele Dokumente. Aber ist das in anderen Ländern anders? Ich denke nicht. Die meisten Menschen, die ich im Lauf des Prozesses kennen gelernt hab, waren extrem höflich. Nur der Typ, der vor dem Ministerium steht und Formulare verkauft, der sollte sich wohl ein anderes Geschäftsfeld suchen – denn irgendwann wird auch der letzte Hippie verstanden haben, dass Indien im Zeitalter des E-Government angekommen ist.

Eine Woche Delhi

Nun bin ich seit gut einer Woche in Delhi, und irgendwie ist es etwas anders als gedacht. Wenn man „Hauptstadt“ hört, dann denkt man ja für gewöhnlich: Das ist die größte, lauteste, dreckigste und stressigste Stadt des Landes. So wie zum Beispiel Wien stressiger ist als Gmunden – sagt mir zumindest der Kollege Bergthaler. Aber Delhi ist dann halt doch irgendwie anders – viel ruhiger nämlich als die anderen Städte wie etwa Mumbai; und irgendwie habe ich entgegen der Statistik den Eindruck, dass die Luft hier besser ist als in Bangalore. Könnte das vielleicht daran liegen, dass alle Autorikschas hier mit Erdgas betrieben werden? Und dass die ausgebaute U-Bahn täglich mehr als zwei Millionen Menschen transportiert? Gut möglich.

Wobei: Die Rede ist in meinem Fall von Süd-Delhi, wo ich in einer schicken Gated Community lebe. Old Delhi, im Norden der Stadt, ist dann wieder so, wie man sich Indien vorstellt: Laut, dreckig, mit viel Gedrängel und so. Dafür gibt es in der Paratha Wali Gali („Paratha-Verkäufer-Straße“) viel Halligalli rund um die besten Paratha des Landes – mit Nüssen, Bananen, Käse und irgendeinem klebrigen Zeug, das ich nicht näher identifizieren konnte… lecker.

Termine? Ja, hatte ich auch. Nett auf ein Bier gehen mit den Jungs von Rebeat, davor noch die Gründer der ersten Gratis-Tageszeitung des Landes interviewen. Und natürlich versuchen, mein Visum zu verlängern – aber das ist eine andere Geschichte. Morgen dann eine Veranstaltung von Amazon, am Freitag ein Treffen mit Nokia – und dazwischen viel Zeitung lesen und mit den Start-Ups plaudern, die so im Moonlighting abhängen – fad ist’s nicht. Und das ist gut so. Bin mal gespannt, was sonst noch so alles kommt.