„Crowdfunding“ ist ein Zauberwort, das seit Monaten die Szene der Jungunternehmer – neudeutsch als „Start-ups“ bezeichnet – beflügelt: Über diese „Schwarmfinanzierung“ holen sich Unternehmer ihre Finanzierung nicht von einer einzigen Quelle – etwa einer Bank -, sondern von vielen Einzelpersonen. Möglich wird dies über das Internet auf Plattformen wie kickstarter.com oder indiegogo.com. Die Hoffnungen sind groß – allerdings muss, wie in jedem Markt, das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage realistisch betrachtet werden.
Betrachten wir die Seite der Geldgeber, so gibt es eine gute Nachricht: Die Welt ist groß. Eine globale Plattform könnte theoretisch Geld von mehreren Milliarden Menschen einholen; vorausgesetzt, diese sind mit dem Internet verbunden, neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen und haben ein paar Dollar auf der hohen Kante. Eine Plattform für den gesamten deutschsprachigen Raum könnte immerhin eine Grundgesamtheit von knapp 100 Millionen Menschen erreichen. Eine Plattform allein für Österreich wiederum würde maximal 8,4 Millionen ansprechen – rechnet man hier die zuvor erwähnten Faktoren wie Technikaffinität, Innovationsfreude und Liquidität mit rein, wird der Kreis potenzieller Geldgeber schon verschwindend klein.
Der geringen Menge an potenziellen Geldgebern in Österreich steht eine Masse an Bittstellern gegenüber: Nicht nur Unternehmer, sondern auch Filmemacher, Musiker und Organisationen, die Brunnen in Afrika bauen wollen. Wer in den Szenen der Start-ups, Social Businesses und Indie-Künstler gut vernetzt ist, der wurde in der jüngsten Vergangenheit via Facebook und Mail regelrecht übermannt mit Anfragen zur finanziellen Projekt-Unterstützung, stets mit einem ähnlich lautenden Wortlaut: „Niemand will mein Projekt unterstützen, deshalb solltest Du es tun“. Das grenzt an Belästigung. Und ist absolut kontraproduktiv.
Als Resultat stehen den etlichen – vor allem US-amerikanischen – Beispielen für erfolgreiche Schwarmfinanzierung viele gescheiterte Projekte gegenüber, die trotz massiven Rührens der Werbetrommel ihr Finanzierungsziel nicht erreicht haben. Das bedeutet freilich nicht, dass Crowdfunding per se schlecht ist; ganz im Gegenteil: Wenn auch nur ein einziges Projekt dadurch finanziert wird, auch nur ein einziger Arbeitsplatz geschaffen wird, dann hat es sich ausgezahlt, die rechtlichen Rahmenbedingungen für dieses Konzept zu schaffen. Nur sollte man nicht in utopische Träumereien versinken: Ein Allheilmittel für Finanzsorgen ist Crowdfunding nicht – sondern lediglich eine sinnvolle Ergänzung zu Banken, Riskikokapial-Gebern, Business Angels und dem guten alten „Bootstrapping“: Die Finanzierung des Geschäfts aus den Ersparnissen des Gründers.
Aus Gründen der Effizienzmaximierung erschien dieser Beitrag auch auf wirtschaftsblatt.at – der Website mit den besten Wirtschaftsnachrichten des Landes.