Ein Mann kämpft gegen die Stadt: Edwin Lipburger hatte vor rund 25 Jahren mit der „Republik Kugelmugel“ seinen eigenen Staat gegründet – eine Kugel, die auf einem Hügel – einem „Mugel“, daher der Name – steht. Er stellt eigene Pässe aus und druckt eigene Briefmarken, etwa die ThomasBernhard-Gedenkbriefmarke. Warum? Weil der berühmte Schriftsteller Österreich ebenfalls als kunstfeindlich angesehen haben soll.
Denn Lipburger hat einen Feind: die Stadt Wien, allen voran Ex-Bürgermeister Zilk, den er zum Staatsfeind Nummer Eins erklärt hat. Zilk soll Lipburger nach Wien gelockt haben, mit dem Versprechen, ihm einen Baugrund, Strom und fließendes Wasser zu geben. Nun steht Lipburgers Kugel im Prater, auf Grünland, ohne Strom, Wasser oder Kanalisation. Folglich sind der selbsternannte Präsident und seine Bürger – ein paar hundert – alle ins Exil gegangen. Ein Staat ohne ein einziges Klo ist nun mal nicht so der Knüller.
Doch Lipburger wehrt sich. Seit 25 Jahren. Er war beim VfGH, beim VwGH und bei einem Haufen anderer Gerichte. Aber der Tenor lautete immer: sorry, geht nicht; denn die Kugel ist rechtlich gesehen kein Gebäude – sie hat ja nicht mal ein Dach im herkömmlichen Sinn – und hat somit kein Recht auf einen Anschluss. Außerdem ist der Prater Grünland, da darf gar nichts gebaut werden. Folglich schreibt seine Hoheit Lipburger nun Briefe an alle möglichen Leute: Häupl, Faymannm, sogar an Bundespräsident Heinz Fischer. In einem der Briefe beschreibt er die Kulturpolitik Wiens als „schlimmer als jene zu Zeiten des Dritten Reichs“. Aber hallo, so tief wollen wir nun auch wieder nicht greifen… oder doch?
Als ich beim ihm auf Staatsbesuch war und am Schreibtisch seines Regierungssitzes saß, gab er sich – trotz aller Abweisungen durch die Gerichte – siegessicher: „Die werden sich noch alle wundern. Das wird fürchterlich für die Stadt Wien, wenn ich endlich mein Recht bekomme!“ Häupl und Fischer sollten gleichermaßen aus dem Amt fliegen, ist der selbsternannte „mächtigste Mann des Landes“ überzeugt. Wie er das erreichen wolle? „Notfalls mit Gewalt,“ sagt der 80jährige. Ängstliche Blicke zwischen meiner Pressefotografin und mir – werden wir zu Geiselopfern eines politischen Komplotts? Doch dann lacht Lipburger: „Geh, i mach ja nur aan Schmäh. Wolln’s aan Spritzer?“
Der Wein mundet, ich nippe vorsichtig – kein Gift. Nach einer Stunde intensiver Gespräche passiere ich den Grenzübergang zwischen Kugelmugel und Wien sicher und unbeschadet.
Seit diesem Ereignis habe ich Angst. Wird Kugelmugel eines Tags den atomaren Erstschlag gegen Wien wagen?
Einer der kleinsten Zwergstaaten der Welt: die Republik Kugelmugel.
Anmerkung: der Artikel über die Republik Kugelmugel erscheint am Freitag im Wirtschaftsblatt Kompakt.