Stefan Mey

#IFA: 4K geht allen am A vorbei

4kDie vergangenen drei Tage habe ich auf der IFA in Berlin verbracht, wo ein Haufen neuer Consumer-Produkte vorgestellt worden sind, Das Top-Thema an fast jedem größeren Konern-Stand: 4K. Das ist ein neuer Standard für Fernseher, der eine vier mal so hohe Auflösung wie Full-HD zulässt; außerdem können mehr Bilder pro Sekunde (frames per second/fps) gezeigt werden. Was halten die Konsumenten davon? Die beste Reaktion konnte ich am Stand von Hama beobachten: „Die Auflösung ist vier Mal so hoch wie Full-HD“, sagt dort ein pseudo-begeisterter Verkäufer. „Nicht schlecht, Herr Specht“, antwortet der Berliner Besucher und dreht sich desinteressiert weg.

Ich erinnere mich daran, als ich das erste Mal Full-HD gesehen habe. Das war gemeinsam mit meinem Schwager in einer Mediamarkt-Filiale, vor vielen Jahren; wir saßen minutenlang mit offenen Mündern vor dem Bildschirm. Seitdem ist viel Blut die Donau runter geflossen, die Menschen haben sich die neuen Geräte gekauft und die Hersteller suchen nun nach Wegen, ihnen mehr Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ein Versuch dieser Art war 3D. Vollkommen überteuerte Fernseher sollten damals verkauft werden; aber die Konsumenten sahen nicht ein, warum sie ihren Feierabend mit bekloppt aussehenden dunklen Brillen auf der Nase verbringen sollten. Außerdem fehlte der Content – „Avatar“ war ein Wort, das von den Herstellern gebetsmühlenartig wiederholt wurde. Als ich mal einen Produktmanager darauf ansprach, dass ein einziger Film als Argument nicht ausreiche, meinte er, Avatar sei ja immerhin „als Trilogie geplant“. Okay. Aber auch eine Trilogie fängt noch keine Konsumenten. Und mir ist noch nie ein Avatar-Fanboy über den Weg gelaufen. Offen gesagt ist der Film inhaltlich sogar ausgesprochen schlecht.

Aber zurück zur IFA. Dort gab es ja auch andere Produkte, wie etwa Samsungs Smartwatch. „Wie hat sie Ihnen gefallen?“, fragte mich jemand. „Muss ich sie haben wollen?“, war meine Antwort. Eine Uhr wie die Galaxy Gear bringt Anrufe, Mails und SMS auf mein Handgelenk; ich brauche dafür also nicht mehr in die Hosentasche zu greifen, um das Smartphone zu zücken – aber ist so ein Gerät das Investment wert? Ich meine: Jein.

Denn Produkte sind gut, wenn sie vorhandene Probleme lösen – und das machen Smartwatches zumindest teilweise. Wer viele Emails, Anrufe und SMS kriegt, der wird ständig aus Gesprächen in der realen Welt hinaus gerissen, weil er sich stattdessen auf dem Screen seines Smartphones verliert. Wenn hingegen die Smartwatch vibriert und ich mit einem Blick feststellen kann, dass die Mail doch bloß wieder von einem nigerianischen Prinzen kam, kann ich mich wieder schneller dem Hier und Jetzt widmen. Ähnlich nützlich sind Smartphones, weil ich mit ihnen after-work auf Wunsch rasch etwas nachschauen kann, statt gleich zuhause den PC aufzudrehen und dann vor dem Bildschirm zu versumpern. Und auch Smart-TV und Video-on-demand lösen Probleme und machen die Welt zu einem besseren Ort: Statt zwischen „Dschungelcamp“ und „Germany’s Next Top-Model“ hin und her zu schalten sehe ich mir bewusst Filme, Serien und TED-Talks an, die mich wirklich interessieren.

Aber 3D und 4K lösen keine Probleme. Das ursprünglich mit großem Tamtam angekündigte 3D wird den Menschen inzwischen nachgeworfen, ist in moderne Fernseher integriert – und kommt nur in seltenen Fälen tatsächlich zum Einsatz. 4K ist zur Zeit noch extrem teuer – ab 3000 Euro geht’s los – und bietet wenig Möglichkeiten in Sachen Content: TV-Sender senden nur versuchsweise in 4K, Blu-Rays können die Datenmengen nicht verarbeiten und ein Internet-Stream würde an den mickrigen Bandbreiten scheitern; zwar lassen sich mit 4K-Kameras  eigene Urlaubsvideos drehen, aber diese Kameras sind teuer, sperrig und schwer, und für den Videoschnitt braucht es entsprechende Rechenpower. Auch keine Option. Bleibt schließlich noch die Möglichkeit des „Upscaling“, bei dem HD-Inhalte auf 4K hoch gerechnet werden – das habe ich mir auf der Messe angesehen, aber der vom ersten HD-Erlebnis bekannte Wow-Effekt blieb ehrlich gesagt aus. So gewaltig ist der Unterschied für das menschliche Auge nun auch wieder nicht.

Und, seien wir uns ehrlich: Wenn die Menschen sich schließlich doch so ein Ding kaufen, dann werden sie sich nicht stundenlang Natur-Dokus ansehen, sondern hauptsächlich nach Feierabend Sachen wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder „Wetten, das“ glotzen. Bei diesem Content ist die Auflösung echt wurscht.

Von daher wird 4K erst interessant, wenn sich nicht nur auf Content-, sondern auch auf Preis-Seite die Dinge ändern, es also für den Konsumenten kaum einen Unterschied macht, ob er HD oder 4K kauft. Bis es soweit ist, werden noch ein paar Jahre ins Land ziehen. Und bis dahin geht allen Leuten 4K ziemlich am A vorbei.

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