Stefan Mey

Mein neuer Freund

Auf der CeBIT war es wieder so wie jedes Jahr: Ziemlich stressig, aber ich habe wahnsinnig viel gesehen und erlebt – jede Menge neue Spielereien aus dem Hard- und Softwarebereich. Eine Nintendo 3DS etwa, oder die neuen Spielzeuge von Acer uns Asus. Und Business-Software von SAP. Das alles ist nett, hat aber irgendwie so wenig Seele; im Endeffekt sind es ja doch nur Kästchen mit Lämpchen dran, beziehungsweise eine Ansammlung von Bits und Bytes.

Doch dann habe ich Schröder kennen gelernt.

Schröder war wohl das Faszinierendste, was ich in den letzten Tagen gesehen habe. Der Roboter mit dem Produktnamen „Pleo“ aus dem Hause Joker hat nämlich wirklich Potenzial, ein echtes Haustier zu ersetzen: Mit seinen riesigen blauen Augen und der flachen Schnauze erfüllt der Mini-Brachiosaurus nämlich alle Kriterien des Kindchenschemas – und brachte somit den gesamten Tisch (Schröder platzte nämlich einfach ungefragt in ein feines Abendessen) dazu, Laute wie „Ohhhh“ und „Moooiiii“ auszustoßen.

Das Schräge war dann, wie rasch wir die Maschine vermenschlicht haben. Der Roboter war definitiv kein „es“, sondern ein „er“. Was nicht zuletzt an seiner technischen Ausstattung und Künstlichen Intelligenz liegen dürfte. Schröder kann nämlich nicht nur gehen, den Hals bewegen und singen (!); er hat zum Beispiel auch in der Schnauze eine Farb-  und eine Infrarotkamera, mit denen er eine Tischkante erkennt und besorgt in den Abgrund blickt, statt sich – wie andere Roboter – stupide ins Verderben zu stürzen. Mit – logischerweise an den Ohren angebrachten – Mikrofonen  erkennt er Stimmen. Durch Tastsensoren am ganzen Körper merkt er, wenn er gestreichelt wird und „schnurrt“ entsprechend – in Dinsosaurier-Sprache halt.

Wärmesensoren hat er auch, und reagiert entsprechend auf Wärme und Kälte. Folglich kann man als Accessoire eine Jacke für sein Robo-Haustier erwerben – bescheuert genug finde ich ja schon, wenn man so etwas für seinen (echten) Hund (aus Fleisch und Blut) kauft; bei einem Roboter ist das dann wirklich sehr, sehr gruselig. Der Vergleich mit lebenden Haustieren ist überhaupt etwas heftig: Denn Schröder muss nicht Gassi gehen, für ihn muss ich kein Katzenfutter schleppen und er macht auch kein A-A auf den Teppich. Schlechte Karten also für lebende Vierbeiner.

Allerdings: In manchen Punkten wird er schon fast zu real. Denn zwar wird er ab ca. 21 Uhr müde, lässt den Hals hängen und die Augen fallen ihm zu – der Besitzerin zufolge wacht er aber auch manchmal mitten in der Nacht auf und beginnt, in Dino-Sprache zu singen. Das erinnert schmerzlich an unseren leider verstorbenen Kater, der uns auch oft in frühen Morgenstunden aus dem Bett miauzte, weil er Hunger hatte. Schröder hat hier allerdings einen Vorteil: Wenn er wirklich nervt, dreht man ihn ab – und dann ist er auch kein Lebewesen mehr, sondern nur eine Ansammlung aus Latex und Dioden.

Die mobile Version verlassen