Stefan Mey

Riad (3): Richtig feilschen will gelernt sein

Zu jedem arabischen Picknick gehört ein arabischer Kaffee; entsprechend kann man die Kaffeekannen an jeder Ecke eines jeden Souks kaufen. Es herrscht Konkurrenz, und das belebt den Markt.

Als ich eine kaufen möchte, frage ich, wie viel sie denn koste. Die Antwort: 220 Rial. Hm, okay… Und die dazu passende Zuckerdose? 90 Rial, sagt der Verkäufer freundlich. Ich überlege: Im Set ist sicher alles billiger… Was kosten denn beide gemeinsam? Der Händler rechnet: 320 Rial.

Seltsam: Ein umgekehrter Mengenrabatt also, im Set sind die Beiden um 10 Rial teurer als einzeln. Ich versuche zu feilschen: Nicht 320 Rial will ich zahlen, sondern 300. Der Händler kommt mir umgekehrt entgegen und erhöht von 320 auf 330 Rial.

Erbost breche ich auf, ärgere mich über die aus meiner Sicht absurde Feilschweise, suche den gesamten Souk nach einer schöneren Kanne ab – kann mich aber für keinen anderen Kaffeepott erwärmen, da die Wut über die unbeendete Feilsch-Schlacht noch zu groß ist. Energiegeladen kehre ich zu meinem Widersacher zurück – mit dem festen Willen, den Preis im erbitterten Kampf auf 300 zu drücken.

Dort steht er schon, bei der Kanne, wartet auf mich, hält mir einen Taschenrechner entgegen, dessen Display eine frohe Botschaft verkündet: 300. Sogleich erstrahlt mein Gesicht, ich reiche ihm die Hand, das Geschäft ist besiegelt.

Überglücklich verlasse ich das Geschäft mit meinem Einkauf, strahlend über beide Ohren, wenn auch verwundert über die seltsame Strategie meines Gegenübers. Erst zuhause wird mir bewusst, dass der Streitwert bloß vier Euro betragen hat und der Händler den Preis von Anfang an zu hoch angesetzt hatte.

Man sieht: Mir als Europäer fehlen im Vergleich zum Araber doch einige Jahrhunderte Feilschkultur. Doch, wie heißt es so schön: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – und beim nächsten Kaffeepott-Kauf weiß ich dann Bescheid.

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