Auch wenn ich meine ethnische Herkunft auf diesem Kanal selten hervor hebe, zu manchen Anlässen muss es einfach sein: Ich bin Rheinländer, oder – wie man in meiner Heimat sagen würde – „Isch binnene kölsche Jong!“ Umso mehr leide ich alle Jahre wieder, wenn ich mit erleben muss, wie in hiesigen Breitengraden die heiligen Festtage des Karneval befeiert werden. Nämlich gar nicht. Man könnte ja meinen, ich hätte mich an eine solche Unart nach beinahe 12 Jahre im alpenländischen Exil gewöhnt, doch leider hat das Jahr nun mal 365 Tage – und auch wenn ich jedes Jahr von Neuem enttäuscht werde, so ist spätestens am 11.11. alles wieder vergeben und vergessen, so dass das Schicksal erneut seinen unheilvollen Lauf nehmen kann.
Dieses Jahr hatte ich viel vorgehabt: Ich wollte eine groß angelegte Karnevalsparty starten, sogar inklusive Nubbelverbrennung… Wie, Sie wissen nicht, was ein Nubbel ist? Das ist ein rheinländischer Brauch: Der Nubbel ist eine Puppe, die vor den Kneipen aufgehangen wird und dort während der gesamten Karnevalszeit hängt. Am Ende der Festivitäten wird er aufgebahrt und eine Anklageschrift vorgelesen: „Wer ist Schuld, dass wir unser ganzes Geld versoffen haben? Wer ist Schuld, dass wir fremd gegangen sind?“ – und ein Chor aus Zuschauern ruft dann: „Der Nubbel war’s! Der Nubbel!“. Das ist so effektiv, dass es sogar Eingang in Jens Uwe Meyers Buch „Fest im Sattel – Insider-Strategien zur Jobsicherung“ gefunden hat (nebenbei bemerkt angesichts der Krise ein sehr lesenswertes Buch). Der Autor rät, sich im Betrieb nicht zum Nubbel machen zu lassen; sonst wird man schnell Opfer diverser Telekom-Manager.
Doch ich schweife ab.
Tatsache ist, ich bin Österreich schon sehr entgegen gekommen: Ich habe das Wort „Karneval“ durch „Fasching“ ersetzt und mehrere mögliche Tage zur Auswahl gestellt, gemeinsam mit mir zu feiern; ja, ich hätte sogar Freibier geboten (!!!). Doch am Freitag, dem beliebtesten Ausgeh-Tag des Landes, war Tote Hose wie in Düsseldorf an Aschermittwoch; und auch weitere Versuche schlugen fehl.
Am Ende blieb mir dann nur noch, am Karnevalsdienstag einen letzten, verzweifelten Versuch zu starten. In dem Zuge landete ich im Charly P.’s, Wiens Lieblings-Location für versnobte Möchtegern-Harvard-Trunkenbolde. Die Verkledidungsquote lag bei ca. 10 Prozent; und das beliebteste alter ego war ein Clown – nicht irgendein Clown freilich, sondern der „Joker“ aus dem letzten Batman-Film. Das ließ im Anbrat-Prozess Freiraum für Interpretation: Entweder, man war ein lustiger Mensch, der auf Clowns steht – oder eben der BadBoy-Serienkiller. Überflüssig zu sagen, dass ich recht früh wieder zuhause war.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr. Dann mache ich aber wirklich eine Party. Ganz ehrlich. Inklusive Nubbel.