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Indien (1): Mein erster spiritueller Moment

Gewissen Menschen im engeren Kreis wird schon aufgefallen sein, dass Wien seit einigen Tagen in meiner Abweseneheit erglaenzt. Denn statt mich an Regen und Kaelte zu erfreuen, kaempfe ich mich auf der Suche nach mir selbst und etwas interessantem zu essen durch die Strassen Rajasthans. Derzeit weile ich in Jaipur, der Hauptstadt des Wuesten-Bundeststaats Indiens. Das Bild insgesamt: Staubige Strassen, ueberall laestige Haendler und jede Menge Tiere – frei laufende Hunde, Katzen, Affen, heilige Kuehe und sogar Wildscheine, die vor unserem Hotel sich nachts in stinkenden Muell betten, gemeinsam mit den Affen.

Aber es gibt freilich mehr als nur das: Gestern etwa waren wir am heiligen Affentempel, der dem hinduistischen Sonnengott gerwidmet ist (den Namwen habe ich vergessen, laesst sich bei Bedarf via Lonely Planet aber schenll nach recherchiren). Am Fuss des Huegels, den es zu erklimmen galt, trafen wir ein freundliches indisches Ehepaar, das gemeinsam mit uns hinauf zum klettern begann, vorbei an den zugedroehnten Hindu-Priestern, die zu unserer Begruessung erst mal ordentlich auf den Boden spuckten.

Oben angekommen, fanden wir einen kleinen Tempel vor. Wir entledigten uns unserer Schuhe, beruehrten zur Begruessung mit unserer rechten Hand den Boden, laeuteten eine Glocke. eine Priesterin, die rund 100 Jahre alt sein duerfte, bat uns naeher zu treten und uns nieder zu setzen. Vom Strassenlaerm der Grossstadt war hier nichts mehr zu hoeren, stattdessen kuehlte eine leichte Brise unsere erhitzten Koerper, das Licht der untergehenden Sonne tauchte die Szene in sanfte Gold-Toene.

Die Priesterin segnete uns, versah uns mit dem heiligen Mal auf der Stirn. Blumen-Girlanden wurden uns umgehaengt. Wir fuehlten uns erleuchtet, verweilten noch einige Zeit, im Schneidersitz sitzend.

Dann wollten wir aufbrechen, und zum Abschied wollte ich der alten Dame noch 20 Rupien da lassen.

„Nein“, sagt die Heilige: „Ich will 100.“

Wir feilschten einige Zeit um den Preis der Erloesung und einigten uns schliesslich auf 50 Rupien, sowie einen Kugelschreiber fuer ihren Lehrling.

Auch Spiritualitaet ist in Indien kaeuflich.

Angriff der Affen-Krieger

Das Beispiel ist nur eines von vielen fuer die verrueckten Abenteuer, die man in Indien erlebt. Am Weg zurueck vom Tempel mussten wir gegen eine Horde Affen kaempfen, die uns ansprangen und kratzten, weil sie Futter von uns erkaempfen wollten. Die Horde war nicht zu unterschaetzen – und ich bin froh, dass ich in eine Tollwut-Impfung investiert habe.

Andererseits gewoehnt man sich auch an so manches. Ein beliebtes Fortbewegungsmittel sind Fahrrad-Rikschas, die Fahrer bezeichnen sie stolz als „Indian helicopter“. Waehrend unserer ersten Fahrt auf einem solch instabilen Gefaehrt durch Delhis verstopgfte Strassen hatten wir noch Todesaengste gehabt – mittlerweile empfinden wir Gehen im Vergleich als viel zu anstrengend. Rikschas – Fahrrad oder motorisiert – sind angenehme Fortbewegungmittel geworden.

Und auch gegen die Bescheisserei haben wir inzwischen recht gute Karten beeinander. Als uns vor dem Taj Mahal in Agra ein paar falsche Fuehrer „in wenigen Minuten“ rein brinen wollten, liessen wir sie links liegen und fanden den zweiten Eingang stattdessen selbst. Auch mit Rikscha-Fahrern handeln wir den Preis aus, bevor wir das Gefaehrt besteigen – damit wird der Geldbeutel deutlich geschont.

Freilich schuetzen solche Taktiken nicht davor, dass man sich – wie vor wenigen Minuten geschehen – auf dem Fahrzeug eines Betrunkenen wieder findet, der das Hotel nicht findet und auf der Suche danach auf einer vierspuriegn Strasse gegen die Fahrtrichtung faehrt.

Oesterreich ist nah

Bollywood-Interessierten kann schliesslich noch der Film „Drona“ ans Herz gelegt werden, den wir uns gestern fuer satte 1,30 EUR im groessten Bollywood-Kino Rajasthans angesehen haben. Da alles auf Hindi war, haben wir nur recht wenig verstanden – es ging mal wierder um einen Helden, der gegen einen boesen Zauberer kaempft. Die Handlungsorte kamen uns verdaechtig bekannt vor – als wir schliesslich waehrend einer wilden Verfolgungsjagd im Hintergrund eine rot-weiss-rote Fahne wehen sahen, tippten wir auf den Handlungsort Salzburg.

Morgen werden wir uns in einen Zug setzen und nach Udaipur weiter fahren. Ab dort geht es weiter nach Mumbai, und dann wieder heimwaerts – wo es mildes Essen, trinkbares Wasser und wundervoll kalten Regen gibt.