Vor einer halben Ewigkeit habe ich auch im Marketing gearbeitet; und ich weiß, wie schwer es ist, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Gerne greift man vor allem im Bereich der Kundenbindung auf altbewährte Techniken zurück. Ich etwa ließ die Kunden damals Punkte sammeln, die sie bei uns gegen Geschenke (tolle Sachen – von Regenschirmen bis Autobatterien) eintauschen konnten. Das Sammeln von Kundendaten war damals im Konzept noch nicht vorgesehen gewesen – im Gegensatz zu den Ansätzen, die diverse Handelsunternehmen heute haben.
Bei der Bäckerei „Der Mann“ werden die Kunden in dieser Hinsicht schon zu früher Morgenstunde zu intellektuellen Höchstleistungen angespornt. Das letzte Mal erhielt ich dort passend zu meiner Melange-Bestellung eine „Kaffee-Karte“, die ich mit „Kaffee-Punkten“ voll klebe – nach zehn mal kleben kriege ich einen gratis Kaffee. Heute bestellte ich ein Kipferl und wollte den dazu passenden Punkt gleich einkleben, wurde aber zur Vorsicht ermahnt. „Achtung“, sagte die Verkäuferin: „Nur die blauen Kaffee-Punkte gehören in den Kaffee-Pass, die roten Verwöhn-Punkte müssen in den Verwöhnpass“ Bei Verwechslung droht die Gefahr, den ganzen Pass mit einem einzigen mal Kleben zu versauen.
Seitdem trage ich nun beide Pässe mit mir rum, inklusive der dazu gehörenden Punkte. Beim Verwöhnpass braucht man 30 Aufkleber, um sich anschleißend „überraschen zu lassen“. Bei einem Einkauf von 69 Cent erhalte ich einen Punkt, ab 6,99 Euro zwei Punkte. Puh, nicht so einfach – aber das kriege ich schon irgendwie hin. Denn: Wenn ich insgesamt 30 Mal gegen meine Morgenmüdigkeit angekämpft und richtig gepickt habe, kriege ich dafür ein Frühstück. Mit den restlichen 15 Kunden- und Mitgliedskarten in meiner Geldbörse habe ich ähnlich reizvolle Super-Vorteile – da akzeptiert man doch ganz gern, dass man wegen der Karten-Massen in der Hosentasche von hinten so aussieht als habe man ein Furunkel am Allerwertesten.