Stefan Mey

Zwei mit geballter Energie

Patiocrash war der Name jener wahnsinnig genialen Band, die ich vorgestern im B72 gesehen habe. Die Musik: angesiedelt in jenem Anfang-90er-Jahre-Grunge und -Punk, den man heute kaum noch wo hört. Die Band: Zwei Jungs – aber sie klingen wie vier. Während der gesamten Konzertdauer war ich im Neunten Himmel (dort, wo die guten Gitarristen hin kommen), wurde von der puren Wucht des Lärms weg geblasen, sozialkritische Texte wurden von Sänger und Gitarrist Much V. ins Mikro gebrüllt, hatten aber in der ganzen Aggression und Wut doch ihre eigene Poesie. Kurz gesagt: geballte Energie. Anders sehen das die Jungs: „Wir waren heute eigentlich ziemlich leise“, sagen Much und Gixi V., der Drummer. Auf der „Bierwoche“, am 7. August in der Arena, werde man noch deutlich mehr aufdrehen.

Das Schöne an Patiocrash ist, dass sie nur zu zweit sind, deshalb weniger Kompromisse eingehen müssen – denn auch bei der Musik verderben zu viele Köche oft den Brei -; dadurch klingt das Ganze so komprimiert. Und verzerrte Staccato-Fetzen sind einfach leichter umsetzbar, wenn man sich nur zu zweit koordinieren muss… Oder haben Sie so was mal bei Arcade Fire gehört? Eben, ich auch nicht.

Dass die Jungs sogar auf einen Bassisten verzichten können, liegt unter anderem daran, dass Much einen Octave-Effekt verwendet; das Gerät legt die Töne um einen Oktave runter und simuliert somit einen Bass. Das wäre an sich nichts Außergewöhnliches (ich selbst ersteiger so ein Gerät gerade auf Ebay), aber Much kann den Effekt auf einzelne Seiten limitieren, also logischerweise auf die A- und E-Seite. Das Gerät selbst hat er im „Klangfarbe“ gekauft; es wird nicht mehr produziert und hat einen entsprechenden Wert. „Ich bin wahrscheinlich der einzige Gitarrist, der das noch verwendet“, sagt Much.

Und was ein echter Rocker ist, der muss auch das Drumset zerstören; das macht Much mit einem geschickten Rückwärtssalto, Gixi springt rechtzeitig beiseite, beide freuen sich. „Mein Rücken ist voller blauer Flecken“, sagt der Gitarrist. Autsch… ich meine: yeah… ROCK!!!

Ich würde mir mehr Musik dieser Art wünschen… bitte weiter machen.

So enden die Konzerte von Patiocrash…

Die mobile Version verlassen