Sie arbeiten mehr als Vollzeit, bis zu 60 Stunden pro Woche, sind volle Arbeitskräfte, die Pressespiegel erstellen, Recherchen durchführen und Journalistenkontakte verwalten; bezahlt kriegen sie bestenfalls ein Taschengeld. Andere wiederum sitzen jede Woche 40 Stunden in einem Büro ab, drehen Däumchen und sehen keinen Cent Bezahlung, werden meist nicht einmal sozialversichert. „Ist aber eine weitere schöne Zeile im Lebenslauf,“ begründen sie die sinnlose Tätigkeit. Andere haben ein gar prekäreres Motiv: nach dem Studium entfällt die Sozialversicherung über die Eltern; und wer dann arbeitsloser Akademiker ist, fällt durch’s soziale Netz. Die Lösung: rasch einen mies bezahlten Praktikumsplatz annehmen.
Und noch ein drittes Motiv gibt es: die Selbsterfüllung. Denn wer ein Praktikum bei der UNO, dem ORF oder im Weißen Haus gemacht hat, der kann erzählen, er habe da bereits „gearbeitet“ – auch wenn die Realität etwas anders aussah (so sehr es mich auch reizt: einen unterschwelligen Witz über Mr. Clinton und seine Praktikantinnen möchte ich mir an dieser Stelle lieber sparen). Mein Interviewpartner Erik Pauer – er hat sich von Praktikum zu Praktikum gehangelt, nachdem er sein Biologie-Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hatte – formuliert es so: Jungakademiker des 21. Jahrhunderts sehen ihr erworbenes Wissen als Verpflichtung, etwas Großartiges zu leisten. Wir würden gerne gleich nach dem Studium aufbrechen, um einen Konzern zu leiten und gleichzeitig die Welt zu retten. Nur: leider gibt es keine Stellen für die vielen hellen Köpfe und potentiellen Multimillionäre. Das haben unsere Eltern und Großeltern auch schon gewusst: die wurden Metzger, weil Papa Metzger war, zeugten dann Kinder, wurden alt und das war’s dann. Leider hat es irgendwer verpennt, unserer Generation über die mögliche Einfach- und Sorglosigkeit des Lebens zu aufzuklären.
Dass Unternehmen das ausnutzen, versteht sich von selbst. Aber hey, würden Sie etwa für Arbeitskräfte zahlen, wenn sie einen top ausgebildeten Akademiker gratis kriegen? Eben. Als Resultat wirbelt der Jobmarkt total durcheinander: Akademiker kriegen keine Einstiegsjobs, Studenten keine Praktika und überhaupt… eh schon wissen. Gut, dass es daher die von Anna Schopf initiierte Plattform „Generation Praktikum“ gibt: Frau Schopf setzt sich gegen die skurrilen Situationen in der Branche ein und hat sogar eine Petition aufgesetzt, die sie im April im Europäischen Parlament einreichen will. Ihr Ziel: ein Ende der Praktika für Akademiker (die können nämlich schon alles und sollen jetzt gefälligst Geld verdienen) und fairere Bedingungen für Praktikanten allgemein.
Ein erster Schritt. Bitte weiter so.
Anmerkung: Der Artikel über unbezahlte Praktika erscheint morgen, 18. 1. 2008, im Wirtschaftsblatt Kompakt.