Stefan Mey

„You have to come to India“

So kurz vor Weihnachten steht beim Wirtschaftsblatt noch ein Sonderthema an: „Indien“. Die vergangenen Tage hat dieser Blog somit ein wenig gelitten, da ich viel Zeit damit verbracht habe, mit PR-Damen des indischen Subkontinents über die Zusendung diverser Unterlagen zu verhandeln. Größtes Problem dürfte meine Emailadresse gewesen sein: Buchstabieren Sie mal „s-t-e-f-a-n-dot-m-e-y-AT-w-i-r-t-s-c-h-a-f-t-s-b-l-a-double-t-dot-a-t“, ohne dass die Gesprächspartnerin – in den seltensten Fällen Wirtschaftsflüchtlinge aus Deutschland mit entsprechender Muttersprache – entsprechende Verständnisprobleme hat.

Als die Emails ausblieben, habe ich nach telefoniert; und die Dame war offensichtlich erleichtert: „The Email kept bouncing back all the time,“ sagt sie: „I am glad you called, because I was really desperate“. Warum sie mich denn nicht angerufen habe? Schließlich hatte ich ihr ja zur Sicherheit meine Handynummer gegeben. „In India, we have a saying: If you think of someone he will call,“ entgegnet sie mit fernöstlicher Weisheit. Gut.

Irgendwann habe ich auch Interviews geführt. Ein Gesprächspartner, der stellvertretende Geschäftsführer der Indien-Niederlassung eines global agierenden Immobilien-Konzerns, erzählt mir begeistert, dass eines der größten Slums von Mumbai niedergerissen wird, um Platz für weitere Büroimmobilien zu schaffen. Die Bewohner der Wellblechhütten werden dann in ein „vertikales Slum“, also Hochhäuser, umgesiedelt. Das erzählt er im Plauderton, und es ist irgendwie gruselig.

Als er erfährt, dass ich als Kind in Indien gelebt habe, kommt seine Reaktion wie aus der Pistole geschossen: „You have to come to India and visit me“. Na klar, mache ich. Wenn ich das nächste mal mit dem Tramper -Rucksack auf Selbstfindung bin.

Und genau so wie er haben eigentlich auch alle anderen reagiert, mit denen ich telefoniert habe: auf der einen Seite knallhartes Business, auf der anderen wirklich rührende Herzlichkeit. Per Du ist man sehr schnell; und manche haben mehrmals betont, ich solle doch für das Interview ins Büro nach Delhi kommen – meine Antwort, das wäre von Wien doch etwas weit entfernt, konnten und wollten sie nicht verstehen.

Für mich ist also klar: früher oder später steht mal wieder eine Indien-Reise an… wer ist dabei?

Anmerkung: Das Sonderthema „Indien“ mit Artikeln über abzureißende Slums, Sweatshops, Erneuerbare Energien in Indien, indische Arbeitskultur und Bollywood erscheint am 20.12. als Beilage zum „Wirtschaftsblatt“.

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