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Wenn Unternehmen die Mitarbeiter knebeln

Am Freitag erscheint im Wirtschaftsblatt mein Artikel über Verschwiegenheitsklauseln. Es geht dabei um zwei Fälle: Ein ehemals hoher Verantwortlicher der Post musste sich von seinem Unternehmen „einvernehmlich trennen“, nachdem er Bloomberg in einem Interview Informationen verraten hatte, die er nicht hätte preisgeben dürfen. Ironie: kurz davor hatte er mir noch ein Interview gegeben, indem er den Stellenabbau bei der Post gerechtfertigt hatte: der sei nötig gewesen, um die wirtschaftliche Performance des Unternehmens zu sichern. Ein paar müssen gehen, damit die anderen überleben können. Dann traf’s ihn selbst. Oh je.

Der zweite Fall ist der Mitarbeiter eines Stahlkonzerns, dessen Namen ich zu seinem Schutz nicht nennen möchte. Ich hatte mit ihm ein Interview geführt und wollte es veröffentlichen. Tags drauf rief er mich an und beschwor mich voller Furcht, ich dürfe auf gar keinen Fall das Gesagte verwenden, es gehe „um die Zukunft meines ungeborenen Kindes“. Auch ein Email hat er mir geschrieben. Selbiges würde ich gerne hier in voller Länge veröffentlichen, da es im Wirtschaftsblatt keinen Platz hatte. Das Mail ist meiner Meinung nach ein schönes Beispiel für eine Personalpolitik, dessen Verhältnis zwischen Effizienz und ungezwungener Unternehmenskultur nicht ausgeglichen ist.

„Sehr geehrter Herr Mey!

Ich nehme Bezug auf unser Gespräch XXXXXX in XXXXX am XXXXXX. Ich habe gestern noch mit zuständigen Personen bezüglich der Öffentlichkeitsarbeit gesprochen. Sie haben mir mitgeteilt, dass sämtliche Angaben, die ich gestern gemacht habe, auf gar keinen Fall veröffentlicht werden dürfen. Ich war mir gestern natürlich der Tragweite nicht bewusst. Ich bitte Sie daher inständig meine Angaben für keinerlei Veröffentlichungen heranzuziehen. Die Folgen in diesem Fall wären für mich fatal, sprich ich wäre in diesem Unternehmen nicht mehr lange tätig. Da ich Sie als integren Zeitungsmann einschätze, bitte ich Sie meine Angaben für keinerlei Zwecke heranzuziehen.
Es geht hier um meine berufliche Existenz. Selbstverständlich können Sie Informationen über unser Unternehmen über die herkömmliche Stellen beziehen. 1. Ansprechperson wie schon gestern besprochen wäre XXXXXXXXXX.

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihr Verständnis und bitte Sie um eventuelle Bestätigung, dass Sie keine meiner Aussagen verwenden werden.

Mit freundlichen Grüßen

XXXXXXXX“